Geheimnisse des Himmels
Lücken nicht mit Schweigen füllte, vor allem keines, das Kaithlyn zu Boden drückte als habe sie ein übermütiger Hund überwältigt. Wieder ein Name weniger in ihrem Stammbaum.
„Sie hatte einen Mann und einen Sohn.“
Hatte. Kaithlyn schmeckte Galle auf der Zunge, so übel war ihr inzwischen. Ihre Familiengeschichte entpuppte sich als Endlosschleife einer Trauerzeremonie. Ja, hier bist du in Sicherheit, weil alle anderen, die dich in Versuchung führen könnten, das Anwesen zu verlassen bereits tot sind. Wie hatte Relia dieses Wissen mit sich herumtragen können, ohne darüber zu sprechen? Kaithlyn konnte kaum Zorn auf sie empfinden. Das wäre eine nette kleine Unterhaltung geworden. Ach, Kaithlyn, schönes Wetter heute, nicht? Übrigens, nur, falls du dich in deinen vierzehn Jahren einmal wundern solltest, warum uns niemand besucht, geschweigeden schreibt, alle die mir einmal etwas bedeutet haben sehen sich die Radieschen von unten an. Wie makaber. Jetzt verstand sie, wie eine Lüge einen anderen Menschen jemals vor Schmerz bewahren konnte…
„Ich möchte es wissen.“
Mehr brauchte sie nicht zu sagen.
„Anthony Green war nicht der Einzige der eine Familie zerrissen hat. Jemand brach in das Anwesen der Hayworths ein, als der Brand damals das Dorf Litha in Schutt und Asche legte. In dieser Nacht entführte jemand Harlows Sohn und verwundete ihren Mann dabei tödlich. Sie versuchte vergebens, dem Entführer zu folgen. Als das Feuer übermächtig wurde, rannte sie zurück ins Gebäude, um ihren Mann dort heraus zu holen, doch die Flammen verschlangen sie beide. So haben es Augenzeugen berichtet. Fye Crossdales Bruder war einer von ihnen. Seine Aussage klingt mir noch heute in den Ohren.“
„Das ist schrecklich“, keuchte Kaithlyn zutiefst betroffen.
„Dieser Angriff liegt lange zurück. Der Junge müsste jetzt in deinem Alter sein. “
Kaithlyn rieb unruhig ihre Hände aneinander. Fassungslos darüber, dass ihr Großvater immer mehr Details ausplauderte, ohne zu merken, wie sehr seine Worte ihr zusetzten; in ihren Ohren viel zu sachlich klangen. Heilte die Zeit wirklich alle Wunden?
„Ich wünschte ich…“
Kaithlyn wusste nicht, wie sie den Satz zu Ende bringen sollte.
„Wieso habe ich all das nie erfahren?“, murmelte sie in sich hinein. Relia.
Mr Karacord lächelte nostalgisch.
„Relia war schon immer sehr klug gewesen. Sie wusste, wie sie dich vor diesen Dingen behüten konnte. Sie verdient meinen Respekt dafür. Auch, wenn sie einen Teil dazu beitrug, dass wir uns nie kennenlernten.“
Kaithlyn biss sich auf die Unterlippe. Ihre Tante hatte ihr ganzes Leben bestimmt. Sie hätte so viele Menschen, Freunde ihrer Eltern und ihren Großvater viel früher kennenlernen können. Sie wäre in dem Dorf aufgewachsen, in dem ihre Eltern gelebt hatten. Und all die Menschen, die bereits tot waren, hätte sie auch diese gekannt? Wie wäre das Leben hier wohl verlaufen? Hatten ihre Eltern wirklich diese Absicht gehegt als sie Kaithlyn Relia überließen? Vielleicht hatten sie auch keine Absichten. Sie waren auf der Flucht. Und sie hatten sich von allen Menschen, die sie kannten für Relia entschieden. Zählte diese Tatsache denn nicht? Kaithlyn kämpfte mit den Zweifeln. Sie gab sich die größte Mühe rational zu denken, zu verstehen. Verständnis . Es gab so viel mehr…lodernder Zorn. Die Wut in ihrem Bauch kochte wie das Wasser in einem Teekessel. Ein Teil von ihr hasste Relia für ihre Absichten. Ein Teil der sich Sekunde um Sekunde an all ihren negativen Gefühlen nährte.
„Die Nachricht, die Fye Crossdale mir überbrachte, war ein wahrer Segen. Ich bin mir nicht schlüssig, ob du es weißt, aber ich habe die Insel Nameca seit geraumer Zeit im Auge behalten.“
„Wie lange war es geplant, dass ich hier herkomme?“, fragte Kaithlyn tonlos. Wenn sie an den ersten Augenblick zurückdachte, als Relia sie zur Abreise drängte, war es ihr eher wie eine spontane Aktion vorgekommen.
„Nicht mehr als ein paar Wochen, bis ich Musa Koirbet kontaktierte.“
„Was für ein Zufall, das sie auch in Custocorward lebt“, sagte Kaithlyn sarkastisch, den ihr gefiel die Vorstellung ausspioniert worden zu sein überhaupt nicht. Das Gespräch mit ihrem Großvater wurde mehr und mehr zur Qual.
„Mrs Koirbet hielt es nicht für ratsam, dich aus deinem Leben einfach so herauszureißen. Ich glaube es hätte nie einen geeigneten Zeitpunkt gegeben. Aber das Schicksal hatte seinen eigenen Plan, nicht
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