Geheimnisse des Himmels
glauben, dass es euch gut geht, ich wollte euch finden, mehr als alles andere. Aber es gab andere Menschen, die meine Unterstützung brauchten. Der Drachenclan war ebenfalls Teil meines Lebens. Ich hatte mich egoistisch verhalten, selbstgerecht. Ich wusste, dass es Zeit war zurückzukehren. Ich durfte nicht zulassen, dass mein Elend den Drachenclan vereinnahmte.“
Wieder machte er eine kleine Pause.
„Leider enttäuschte meine Rückkehr, denn ich war kaum mehr ein Schatten meiner selbst. Ich zog mich völlig zurück; lehnte den Kotakt zur Außenwelt ab.“
Den Rest sprach Mr Karacord nicht aus, doch Dank Fyes Erklärungen konnte Kaithlyn sich den letzten Teil der Geschichte ausmalen. Sie hatte Verständnis für ihren Großvater. Mehr noch. Sie konnte seine Gefühle nachvollziehen. Sie vermisste ihre Eltern mit solch heftiger Sehnsucht, obwohl sie diese nicht hatte kennenlernen dürfen. Wie wäre es erst, wenn sie eine Bindung zu ihnen aufgebaut hätte?
„Die Hayworths waren nie eine besonders große Familie. Im Vergleich zu den anderen Familien hatten sie nur wenige Mitglieder. Nach deinem Vater bist du die letzte Geborene Hayworth der Gegenwart. Die einzige Erbin, die Anspruch auf die Familienwerte erheben könnte. Es war für alle ein Segen als du geboren wurdest. Ich erinnere mich noch gut an das Leuchten in den Augen deiner Mutter; ihr Glück war auch meines.“
Mr Karacord lächelte beherzt.
„Wusstest du, dass meine Frau Katharina hieß? Deine Mutter mochte diesen Namen wirklich sehr. Sie hat dich nach ihr benannt, nun ja…fast.“
„Das tut mir leid“, bekundete Kaithlyn ehrlich.
„Katharina hatte ein gutes Leben und ist friedlich von uns gegangen. Sie hätte dich sicher gerne kennengelernt. Wenn sie dich jetzt sehen könnte…“
Abwesend drehte er den goldenen Ring an seinem Ringfinger.
„Was geschah mit den anderen Hayworths. Leben sie noch immer hier?“, fragte sie hoffnungsvoll. Ihr Großvater sah ihr direkt ins Gesicht. Die kleinen Fältchen um seine Lider und Mund traten deutlich hervor als er andächtig weiter sprach.
„Lianda und Abel, die Eltern deines Vaters kamen bei einem Unfall eines Luftschiffes ums Leben. Es war tragisch. Eine traurige Zeit für uns alle. Es war wie ein Fluch, ganz so als hätten deine Eltern das Glück mit sich genommen.“
Kaithlyn wurde schwer ums Herz. Sie spürte den Verlust all dieser Menschen in der Luft schweben, als sei er greifbar, doch es waren nicht ihre Gefühle, sondern die ihres Großvaters, die den Namen, deren, denen sie nie begegnet war Leben einhauchte. Bilder verschwommener Gesichter, die wie Farben zerliefen blitzen in ihrem Gedächtnis auf, einige flüchtige Erinnerungen, geschaffen aus den Worten Lyon Karacords. Die Gedanken verflochten sich zu einem Band aus Melancholie und Einsamkeit, eine kalte Welle, die ihr einen Schauer über die Haut jagte und sich ihr die Nackenhaare aufstellen ließ. Sie begann eine Strähne ihres honigblonden Haares über die Fingerkuppen ihrer rechten Hand zu drehen - das tat sie immer, wenn sie nachdenklich wurde - und ihr Blick verlor sich in dem goldenen Schimmer, den die verblassenden Lichtstrahlen darauf hinterließen. Sie sah ihrer Mutter ähnlich? Und ihre Mutter ähnelte…
„Wer ist Harlow Hayworth?“, fragte sie abrupt. Mr Karacord sah sie überrascht an.
„Ich habe ein Porträt von ihr gesehen“, erklärte Kaithlyn.
„In der Villa von Mrs Koirbet. Sie sah aus wie…sie hatte Ähnlichkeit mit mir. Ich dachte zuerst sie hätte Ähnlichkeit mit meiner Mutter, aber – “
„Ihre Augen erinnern dich an deinen Vater?“, half ihr Großvater aus.
„Ich weiß, das muss seltsam klingen."
Kaithlyns Stimme zitterte leicht.
„Nein. Das tut es nicht. Ich hätte dir als Nächstes von Harlow erzählt. Sie war die jüngere Schwester deines Vaters.“
„Aber du sagtest, ich sei nach meinem Vater die Einzige, die…oh“, machte Kaithlyn und ein Keuchen entfuhr ihrer Kehle. Die restlichen Worte blieben ihr im Halse stecken.
„Sie ist…tot?“
Eine ganze Familie. Einfach so ausgelöscht. Wie ein Fluch…ein Fluch der auch auf mir liegt.
Mr Karacord sah ihr den Schrecken an. Er langte mit seinem Arm über den Schreibtisch hinweg, obwohl er sie nicht erreichen konnte. Er hielt inne und zog den Arm langsam wider zurück. Peinlich betroffen senkte Kaithlyn den Kopf. Es wurde so still, das sie einen Regentropfen hätte fallen hören können. Rose hatte immer gesagt, dass eine gute Konversation
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