Geheimnisse des Zweiten Weltkriegs (German Edition)
paramilitärischen Kräften durchgeführt werden zur Erreichung von militärischen, politischen, ökonomischen oder psychologischen Zielvorgaben in feindlichen, verteidigten oder politisch sensiblen Gebieten«. So erzielte die US -Armee bei der Terrorbekämpfung 2011 einen Erfolg, der beispielhaft für diese neue Art des Kampfes ist: Es gelang durch Geheimdienstarbeit, den Topterroristen Osama bin Laden ausfindig zu machen. Spezialkämpfer der U . S . Navy Seals wurden dann auf seinem Anwesen abgesetzt und töteten ihn. Für die Amerikaner war dies nicht nur ein militärischer, sondern vor allem auch ein propagandistischer Erfolg.
Heutige Spezialeinheiten haben systematisch Taktiken erarbeitet, die auf den Erkenntnissen vergangener Konflikte basieren. Der Blick auf die Geschichte und auf erfolgreiche und weniger geglückte Aktionen hinter den feindlichen Linien erlaubt es, wichtige Lehren für zukünftige Einsätze zu entwickeln. General William McRaven, heute Befehlshaber des United States Special Operations Command ( US -Oberkommando für Spezialoperationen), stellte bereits 1995 in seinem Standardwerk Spec Ops einige Bewertungsmaßstäbe zusammen, die für die Durchführung von solchen Einsätzen entscheidend sind. McRaven nennt sechs Prinzipien, die für das Gelingen von Spezialoperationen wesentlich sind:
– Simplicity : Der Plan muss einfach sein.
– Security : Der Plan muss geheim bleiben.
– Repetition : Der Einsatz muss mehrfach geübt und durchgespielt werden.
– Surprise : Der Gegner muss überrascht werden.
– Speed : Die eigene Aktion muss schnell durchgeführt werden.
– Purpose : Die eigenen Kämpfer müssen von ihrer Sache überzeugt sein.
Wenn all dies gewährleistet sei, könne es gelingen, in den ersten Minuten eines Einsatzes eine »relative Überlegenheit« der eigenen Kräfte zu gewährleisten – diese Zeitspanne müsse genutzt werden, um die Sache rasch zu einem erfolgreichen Ausgang zu bringen.
Gefechtsausbildung einer Fallschirmjägereinheit der Wehrmacht. Die Luftlandetruppe wurde ebenfalls für Spezialeinsätze geschult.
Süddeutsche Zeitung Photo, München (Scherl)
In den historischen Analysen der heutigen Praktiker taucht immer wieder die Befreiung Mussolinis am Gran Sasso auf. So schreibt McRaven: »Der Plan war gut angelegt und gut durchgeführt.« Doch verdient dieser Einsatz dieses Lob tatsächlich? Oder basiert das Urteil des US -Experten eher auf der Tatsache, dass er sich, wie er selbst bekennt, auf die Darstellung Skorzenys stützt? Denn eines bleibt festzustellen: Es gibt wesentliche Faktoren, die zum Gelingen der Aktion beitrugen und die bis heute weitgehend unbeachtet blieben, weil die italienische Sicht der Dinge zumeist ausgeblendet wurde. Italienische Journalisten und Forscher – unter anderem Sergio Lepri, bis 1990 Leiter der italienischen Presseagentur ANSA – haben sich mit dem Thema intensiv befasst und bereichern unser Wissen über die »Operation Eiche« mit glaubwürdigen und erhellenden Beiträgen, weil sie das Geschehen in den Kontext der Machtverhältnisse, die Anfang September 1943 in Italien herrschten, einbetten. Ihre Betrachtungen gehen weit über die in Deutschland geführte Diskussion hinaus – denn die wird immer noch von der Frage beherrscht, ob Skorzeny die Lorbeeren, die ihm das Regime flocht, wirklich verdient hat. Meist kommen die Kommentatoren zu dem Ergebnis, dass sich Skorzeny und die SS zu Unrecht in den Vordergrund spielten und dass die Leistung der eigentlich federführenden Fallschirmjägertruppe missachtet wurde. Doch dies ist eigentlich unerheblich, wenn man ergründen will, warum die Aktion auf dem Gran Sasso zu einem propagandistischen Erfolg für das »Dritte Reich« geriet – und warum der Einsatz noch heute als mustergültig betrachtet wird.
»Anfang vom Ende«: Nach der Landung der Alliierten auf Sizilien waren die Tage der Herrschaft Mussolinis gezählt.
Ullstein Bild, Berlin (Keystone)
Unsichere Bundesgenossen
Unverzichtbar ist ein Blick auf die Vorgeschichte: Am 10. Juli 1943 landeten alliierte Truppen in Sizilien und konnten dort rasch Fuß fassen. Am 19. Juli wurde Rom zum ersten Mal von alliierten Flugzeugen bombardiert, am 22. Juli marschierten die Amerikaner in Palermo ein. Die italienische Führung erkannte, dass der Krieg an der Seite Deutschlands in eine neue Phase eintrat – und sie probte den Aufstand gegen den Mann, unter dessen Ägide Italien zum Kriegsschauplatz wurde. Am 24. Juli setzte der
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