Geheimnisse des Zweiten Weltkriegs (German Edition)
geworden, dass er das Marschtempo der griechischen Partisanen nicht mithalten konnte. Er marschierte in einer anderen Gruppe; als er ihnen lästig wurde, erstachen ihn die Kreter und verscharrten den Leichnam im Gelände. So wurde auch diese Operation zur tödlichen Mission – wenn auch nur für einen einfachen Soldaten, für den sich die Entführer nicht weiter interessierten. Und tödlich endete die Operation auch für 176 Kreter, deren Dörfer von den Deutschen heimgesucht wurden und die Opfer von Vergeltungsmaßnahmen wurden.
Ich muss sagen, dass nach der brutalen Gefangennahme im Allgemeinen korrektes Verhalten war.
General Heinrich Kreipe
Für General Heinrich Kreipe endete das Abenteuer glimpflich. Von Marsa Matruh wurde er nach Kairo geflogen. Britische Zeitungen brachten Fotos des deutschen Generals, der am Flughafen Kairo einer britischen Maschine entstieg, und berichteten von seiner Entführung. Publizistisch also war das Unternehmen ein Erfolg. Die britischen Verhöroffiziere, die Kreipe nun befragten, verloren bald das Interesse an ihm. Er hatte sich auf Kreta nichts zuschulden kommen lassen. Militärische Geheimnisse konnte er nicht offenbaren, die Verhörspezialisten stuften ihn als uninteressant ein. Kreipe wurde im Juni 1944 für einige Monate in ein Lager für gefangene Generale in Trent Park bei London gebracht. Das Lager war vom britischen Geheimdienst »verwanzt«, alle Insassen wurden abgehört. Doch auch bei Gesprächen im Kreis seiner Offizierskameraden war von Kreipe kaum etwas Interessantes zu erfahren. Die Beute, die Leigh-Fermor und Moss erfolgreich heimgebracht hatten, erwies sich als weniger wertvoll als erhofft.
»Operation Anthropoid«
Für verwegene SOE -Aktionen während des Zweiten Weltkriegs gäbe es neben der Kreipe-Entführung noch etliche Beispiele. Denn jenseits der großen Schlachten wurde ein Schattenkrieg geführt, der von den Agenten enormen Mut erforderte und bisweilen Opfer kostete, ohne den Kriegsausgang entscheidend zu beeinflussen. Herausragende Aktionen zielten vielfach darauf ab, propagandistisch nutzbare Erfolge zu verbuchen. Die Entführung des deutschen Generals Kreipe gehört zu den in Deutschland weniger bekannten Kapiteln, doch es gab SOE -Aktionen, die eine größere Aufmerksamkeit auf sich zogen – wie etwa die »Operation Anthropoid«.
»Als Quelle uninteressant«: Heinrich Kreipe und seine Entführer nach der Ankunft in Kairo.
Ullstein Bild, Berlin (TopFoto)
Im Oktober 1941 wollte die SOE im Kernland des besetzten Europa, in der von den Deutschen besetzten Tschechoslowakei, zuschlagen. Ihr Ziel war einer der prominentesten NS -Vertreter: Hitlers Statthalter in Prag, SS -Obergruppenführer Reinhard Heydrich. Mit 38 Jahren hatte es Heydrich weit gebracht. Der allmächtige Chef zunächst der Sicherheitspolizei (Sipo) und des Sicherheitsdienstes ( SD ), somit der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) und schließlich des Reichssicherheitshauptamtes ( RSHA ), der Beauftragte für die »Endlösung der Judenfrage«, der »Mann mit dem eisernen Herzen«, wie ihn Hitler bewundernd nannte, hatte auch als stellvertretender Reichsprotektor von Böhmen und Mähren, zu dem er im September 1941 ernannt worden war, »Erfolge« vorzuweisen. Im Land herrschte Friedhofsruhe. Der antideutsche Widerstand war zwar nicht gebrochen, aber offenkundig stark geschwächt. Heydrich hatte die eroberte »Tschechei«, die Waffenschmiede des Reichs, mit Zuckerbrot und Peitsche, mit Standgerichten, Erschießungen, aber auch sozialen Zugeständnissen »befriedet«, wie er glaubte. Das erste wichtige Ziel war erreicht: Die tschechische Rüstungsproduktion lieferte weiter Waffen für Hitlers Krieg.
»Bühnenauftritt mit Pauken und Trompeten«: Reinhard Heydrich bei seinem Amtsantritt als stellvertretender Reichsprotektor in Prag, 27. September 1941.
Picture Alliance, Frankfurt (dpa-Bildarchiv)
Sie wissen, dass ich bei aller Geduld nicht zögern werde, unerhört hart zuzuschlagen, wenn ich das Gefühl und den Eindruck haben sollte, dass man das Reich immer noch für schwach hält und loyales Entgegenkommen meinerseits für Schwäche ansieht.
Reinhard Heydrich am Tag vor dem Attentat, 26. Mai 1942, vor Journalisten in Prag
Vom ersten Tag an stand Heydrichs Name auch im Protektorat für Terror. Kurz nach seiner Amtsübernahme verkündeten rote Plakate die Namen der Hingerichteten, mehr als 400 in den ersten Wochen. Heydrichs Erscheinen in Prag vergleicht der Schriftsteller Pavel
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