Geheimnisse des Zweiten Weltkriegs (German Edition)
kaum mehr atmen, war totenblass, und die Adern an seinen Schläfen waren dick geschwollen. Ich glaubte, dass er im Sterben sei, und ergriff seine Hand und leistete einen heiligen Eid, dass ich […] immer zu ihm halten würde, ganz gleich, was er vorhatte.«. Hitler selbst soll dem Minister damals gesagt haben: »Ich dachte, ich bekomme einen Herzanfall. Versprechen Sie mir, nie wieder meine Entscheidungen infrage zu stellen.«
Ungeeignetheit des neuen Bunkers für ihn […], trotz Entlüftungsanlage zu wenig Sauerstoff.
Notiz Morells über Hitlers Wohnbunker im Hauptquartier Wolfsschanze
Die Lage des »Führer«-Hauptquartiers Wolfsschanze in den masurischen Sümpfen erwies sich als äußerst ungünstig. Wachen mussten wegen der Mückenplage oft Moskitonetze tragen.
BPK, Berlin (Bayerische Staatsbibliothek/Archiv Heinrich Hoffmann)
Tatsächlich machte Hitler zu dieser Zeit eine schwere gesundheitliche Krise durch. Er hatte sich im Führerhauptquartier durch mangelnde Hygiene oder infizierte Lebensmittel eine bakterielle Ruhrerkrankung zugezogen und litt unter Darmkrämpfen, Übelkeit, Erbrechen, Gliederschmerzen und Schüttelfrost. Trotzdem brach er am 6. August 1941 zu einem Truppenbesuch in die Ukraine auf. Als er am Abend wieder in seinem Hauptquartier eintraf, ging es ihm gesundheitlich sehr schlecht. Am nächsten Morgen war Hitler krank. Er erschien weder zum Frühstück noch zur sogenannten »Lage«, der Besprechung mit seinen Generalen. Diese Nachricht wurde im Hauptquartier als Sensation aufgenommen. So etwas hatte es überhaupt noch nie gegeben. Um halb zwei Uhr mittags spitzte sich die Situation dann im Kartenzimmer zu, als es Hitler im Sitzen plötzlich schwindlig wurde. Jetzt wurde Hitlers Ordonnanz Hans Junge gerufen, der » sofort zum F.« kommen sollte. Kurz darauf begab sich Hitler in seinen Bunker und schilderte seinem Leibarzt Morell: »Es ist mir sehr schlecht, wie es mir noch nie war. Es ist mir plötzlich drüben [im Kartenzimmer] schwindlig geworden. Ich weiß nicht, was das ist. Hier neben der Schläfe [links] ist das ein so eigenartiges Gefühl. Während des Fluges zog es dauernd dorthin.«
»Es ist mir sehr schlecht«: Hitlers Truppenbesuch in der Ukraine am 6. August 1941 verschärfte die schweren gesundheitlichen Probleme des Diktators.
BPK, Berlin (Bayerische Staatsbibliothek/Archiv Heinrich Hoffmann)
Morell untersuchte Hitler und kam zu der Diagnose: »Gesichtsspasmen mit Blutüberfüllung nach diversen Einwirkungen«. Als Therapie verordnete er »kalte Aufschläge auf Schläfengegend und linke Kopfhälfte und warme Wadenpackungen«, und er spritzte Hitler einige Stärkungsmittel aus seinem Standardprogramm. Tatsächlich war sich Morell aber nicht ganz sicher, was seinem Patienten wirklich fehlte. Hitlers Luftwaffenadjutant Nicolaus von Below will Andeutungen des Leibarztes entnommen haben, dass Hitler einen leichten Schlaganfall erlitten hatte. Der Diktator selbst hatte gegenüber Morell erklärt, dass ihm die Verstimmungen mit dem Oberkommando des Heeres ( OKH ) auf den »Magen geschlagen« waren und er sich in letzter Zeit »sehr erregt, maßlos aufgeregt habe und sich seit der Zeit wenig wohlfühlte«.
Führungskrise
In der Tat bestanden im Sommer 1941 zwischen Hitler und dem OKH beträchtliche Differenzen darüber, welche Strategie im Krieg gegen die Sowjetunion verfolgt werden sollte. Hitler war der Ansicht, dass der deutsche Vormarsch hauptsächlich auf den Flügeln im Süden und Norden zu erfolgen hatte. Das Oberkommando hingegen favorisierte weiterhin die Heeresgruppe Mitte, in deren direkter Stoßrichtung die Hauptstadt Moskau lag. Historiker und Zeitgenossen haben nach dem Krieg aus diesen Streitigkeiten eine Führungskrise bei Hitler abgeleitet. Man vermutete, dass Hitler aufgrund seiner angegriffenen Gesundheit nicht mehr genügend Durchsetzungsvermögen besaß und den Forderungen des OKH keinen Widerstand mehr entgegensetzen konnte. Der durch die Streitigkeiten eingetretene Zeitverlust soll kriegsentscheidend gewesen sein. Und Hitlers Reichsmarschall Hermann Göring behauptete später: »Ich bin auch heute der Ansicht, dass ohne diese Verwässerung von Hitlers ursprünglichem genialem Plan der Ostfeldzug spätestens im Frühjahr entschieden gewesen wäre.«
Hatte Hitlers schlechter Gesundheitszustand im Sommer 1941 militärische Fehlentscheidungen zur Folge? Deutsche Infanteristen in der Ukraine, September 1941.
Ullstein Bild, Berlin (Arthur Grimm)
Doch in
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