Geheimnisse des Zweiten Weltkriegs (German Edition)
nach dem Krieg im Verhör berichtete, war es der Vermittlung Hermann Görings zu verdanken, dass er Hitlers Zahnarzt wurde: »November oder Dezember 1933 wurde ich angerufen, und man sagte mir, dass ich in die Reichskanzlei kommen sollte. Hitler hätte Zahnschmerzen. Es wurde ein Wagen geschickt, ich nahm meine Instrumentenkoffer und fuhr hin. Ich diagnostizierte richtig, die Schmerzen hörten auf, und ich wurde der große Mann.« Blaschke schilderte Hitler als mustergültigen Patienten, der sämtliche Hinweise genau befolgte, die ihm der Arzt gab. Der Grund dafür waren Hitlers ausgesprochen schlechte Zähne. Als Blaschke zum ersten Mal gerufen wurde, fand er bei Hitler »einen schmerzenden und vier gelockerte Zähne« vor. Die Zahnlücken waren mit fest verankerten Brücken aus Gold und Porzellan versorgt worden, da Hitler eine herausnehmbare Teilprothese ablehnte. Für den Volksredner wäre es unvorstellbar gewesen, dass ihm bei öffentlichen Auftritten oder gar einer Rede vor Tausenden von Anhängern ein Teil seiner Zähne herausfällt.
Prominentenzahnarzt Hugo Blaschke behandelte Hitler seit
Ende 1933 und wurde zum »großen Mann«.
Aus: Anton Joachimsthaler, Hitlers Ende, Herbig 1995, S. 372
Blaschke hat gesehen, was geschah, aber geschwiegen. Er war ein Mitläufer, andererseits war er ganz offensichtlich auch ein berechnender Opportunist, der, um in seinem Berufsspektrum die höchsten Positionen zu erreichen, mit Leuten paktiert hat, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit veranlasst und begangen haben. Dank geschickter Verteidigung gelang es in seinem Berufungsverfahren, seine schweren Verstrickungen in ein verbrecherisches Regime zu verharmlosen.
Menvese Deprem-Hennen über Blaschkes Karriere
Für Blaschke begann nun ein steiler Aufstieg in Hitlers Reich. Bald schon behandelte der Spezialist für Zahnerhaltung nahezu die gesamte Riege der Nazi-Prominenz. Neben Propagandaminister Joseph Goebbels, Reichsführer- SS Heinrich Himmler, Parteikanzleichef Martin Bormann und Rüstungsminister Albert Speer gehörte auch Hitlers heimliche Geliebte Eva Braun zu seinen Patienten. Hitler, der mit Blaschkes Behandlung ausgesprochen zufrieden war, ließ ihm den Titel »Dr. med. dent.« verleihen und ernannte ihn später zum Professor.
1935 trat Blaschke in die SS ein und machte auch hier schnell Karriere. Vermutlich auf Vermittlung Himmlers wurde er zum obersten Zahnarzt beim Reichsarzt- SS ernannt, um einen zahnärztlichen Dienst für die gesamte SS und Polizei aufzubauen. Während des Kriegs wurde er schließlich zum Generalmajor der Waffen- SS befördert. Aufgrund seiner Position als persönlicher Zahnarzt Hitlers gehörte Blaschke zu den Personen, die kurz vor Kriegsende mit einer der letzten Maschinen aus dem belagerten Berlin fliehen konnten. Seine verwaiste Praxis auf dem Kurfürstendamm wurde wenige Tage später von dem jüdischen Zahnarzt Fedor Bruck übernommen. Bruck, der sich jahrelang im Berliner Untergrund versteckt hatte und so den Deportationen entkommen konnte, fand in der verlassenen Praxis zahlreiche Unterlagen, die Blaschke bei seiner Flucht zurückgelassen hatte.
Über 60 Jahre blieben diese Unterlagen von Hitlers Zahnarzt verschollen, denn Fedor Bruck hatte seinen Fund nie öffentlich gemacht. Erst 1999 entdeckte die junge Zahnärztin Menvese Deprem-Hennen die Dokumente in Brucks Nachlass und wertete die Praxisbucheinträge und Patientendaten im Rahmen einer Doktorarbeit aus: »Aus Blaschkes Unterlagen wird deutlich, dass sich Hitler sehr schlecht ernährt hat und unter Parodontose litt. 1944 kam eine Vereiterung im Oberkiefer hinzu, sodass ihm ein Backenzahn entfernt werden musste. Außerdem war Hitler so schmerzempfindlich, dass er sich den Luxus leistete, seinen Leibzahnarzt für eine Wurzelbehandlung achtmal in die Reichskanzlei zu befehlen, damit er den Eingriff nicht zu sehr spürte. Normalerweise wird so etwas in ein bis zwei Sitzungen erledigt. Man kann also annehmen, dass Hitler, wie viele Menschen, Angst vor dem Zahnarzt hatte.«
Das ist das, warum wir eigentlich hier sitzen.
Blaschkes Antwort auf die Frage des US-Anklägers Robert Kempner bei den Nürnberger Prozessen, ob Zahnärzte den vergasten Juden die Zähne herausgebrochen hatten
Doch die Unterlagen enthüllen noch mehr. Als zuständiger Zahnarzt im SS -Hauptamt hatte Blaschke das Zahngold von den in den Konzentrationslagern ermordeten Juden erhalten. Wie aus einem Schreiben des SS -Wirtschaftsverwaltungshauptamts
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