Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geheimnisse des Zweiten Weltkriegs (German Edition)

Geheimnisse des Zweiten Weltkriegs (German Edition)

Titel: Geheimnisse des Zweiten Weltkriegs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Knopp
Vom Netzwerk:
deutsche Waffenschmiede, eine Art Ruhrgebietsersatz.
    Aus solch mehr oder weniger trüben Quellen schöpfte der OSS Anfang Februar 1945 die Erkenntnis: »Es gilt als allgemein akzeptiert, dass in den bayerischen und österreichischen Alpen eine Verteidigungsfestung entstanden ist. Die Nazis bereiten ohne Zweifel in der Bergfestung einen erbitterten Kampf vor.« Zehn SS - und 15 Divisionen mit Gebirgstruppen und anderen Eliteeinheiten stünden bereit, deren Versorgung sei auf zwei Jahre gesichert, hieß es.
    Die amerikanische Heerführung konnte sich nur auf OSS -Berichte stützen. Die jeweiligen US -Armeegruppen verfügten über eigene Nachrichtendienste. Doch was die Offiziere lieferten, erfüllte weniger die Funktion einer zweiten, unabhängigen Quelle, sondern war vielmehr Ausdruck der internen Konkurrenz in der amerikanischen Geheimdienststruktur. Die G2 genannten Heeresnachrichtendienste der U. S. Army waren anfangs bestrebt, die OSS -Meldungen zu relativieren. »Unbestätigt« war das einschränkende Etikett, das den Geheimdiensterkenntnissen angeheftet wurde – den eigenen und erst recht den fremden. Stets hieß es vorsichtig: Die Luftaufklärung könne keine Fotos über entsprechende Bautätigkeiten liefern.
    Die Stützpunkte sind durch unterirdische Eisenbahnen miteinander verbunden. Sie haben für mehrere Monate ausreichende Vorräte, beste Munition und fast die gesamten deutschen Giftgasbestände eingelagert.
    Meldung des Schweizer Militärattachés vom 16. Februar 1945
    Doch je dramatischer die Meldungen aus den Schweizer US -Quellen klangen, umso mehr gaben die militärischen Nachrichtendienstprofis ihre Zurückhaltung auf. In einem Bericht der Abteilung G2 der 12. Armee an SHAEF vom 11. März 1945 war die Rede von einer Änderung der deutschen Strategie in der Alpenregion. Man vermutete, dass sich die Deutschen auf einen Partisanenkrieg in den Alpen vorbereiteten, wo ein neues »deutsches Bollwerk« entstehen sollte.
    Für das Intelligence Corps G2 der 7. Armee war die massive Bedrohung in den Alpen am 25. März bereits Gewissheit: 80 deutschen Eliteeinheiten von SS und Gebirgstruppen mit je 1000 bis 4000 Mann hätten sich in ausgebauten Stellungen eingerichtet, die in einer Lagekarte genau verzeichnet waren. Insgesamt ergebe sich eine Gesamttruppenstärke von 300000 kampferprobten und gut ausgebildeten Männern. Aus den tschechischen Škoda-Werken seien neue Geschütze geliefert worden, in unterirdischen Fabriken entstünden komplette Messerschmitt-Flugzeuge.
    So führte der Dualismus der Nachrichtendienste – hier OSS , da G2 – zu einem Wettlauf sich ständig dramatisierender Meldungen. Keine Seite wollte sich dem Vorwurf aussetzen, man habe eine drohende Gefahr übersehen. Lieferte die eine Seite drastische Schilderungen einer Alpenfestung, verwies die andere auf das Fehlen von Beweisen. Kurz darauf präsentierte man eigene Quellen, die die eben noch relativierte Gefahr real erscheinen ließen, woraufhin der jeweils andere Nachrichtendienst von »nicht bestätigten Meldungen« sprach und den Vermutungscharakter betonte.
    Auf diese Weise schaukelte sich das Bedrohungsszenario im Frühjahr 1945 hoch. Das stellte der deutsche Unteroffizier Christian Hallig, der sich im April 1945 den US -Truppen gestellt hatte, bei einer Befragung durch einen US -Offizier fest, als er mit den amerikanischen Befürchtungen konfrontiert wurde: »Das Zentrum der Festung Alpen – Berchtesgaden, Hitlers Berghof, der ganze befestigte Obersalzberg mit SS -Kasernen, unterirdische Bunker, Munition und Lebensmittel, riesige Lager mit Waren, Munition, Waffen. Dorthin wird sich Hitler mit den Nazi-Größen zurückgezogen haben zum letzten Kampf. Mit starken SS -Verbänden, Wehrmacht, Volkssturm …« – so zählte es der verhörende Offizier auf und glaubte nicht, als sein Gegenüber versuchte, die Ängste zu zerstreuen.
    Besondere Bedeutung maßen die US -Militärs einer deutschen Partisanenorganisation bei, die erst im Sommer 1944 ins Leben gerufen wurde: dem »Werwolf«. Unfreiwilliger Namensgeber war Hermann Löns. Der Heidedichter hatte in seinem Buch Wehrwolf geschildert, wie sich eine Schar einfacher Bauern während des Dreißigjährigen Krieges gegen die Übermacht feindlicher Soldaten verteidigt hatte. Löns’ Roman war ein Bestseller im »Dritten Reich«, Pflichtlektüre für Flakhelfer und Hitlerjugend.

    »Deutscher Volksaufstand«: US-Militärs befürchteten im besetzten Gebiet auch einen Freischärlerkampf.

Weitere Kostenlose Bücher