Geheimnisse des Zweiten Weltkriegs (German Edition)
zu einem längeren Spaziergang, von dem er nie zurückkam. Er war verschollen. Zwei Jahre später wurde seine Leiche in einem Wald in der Nähe seines Wohnorts Erlenbach am Main gefunden.
Das Wrack von U 513 erinnert als Seemannsgrab und Mahnmal vor der Küste Brasiliens an einen mörderischen Krieg. Sein Entdecker, Vilfredo Schürmann, resümiert: »Ich bin froh, Teil dieser Geschichte zu sein, bei der Deutsche und Brasilianer gemeinsam darangingen, ein Rätsel des Zweiten Weltkrieges zu lösen.« Obwohl das Boot in 133 Metern Tiefe liegt, überlegen Vilfredo Schürmann und die brasilianischen Experten, Taucher auf den Meeresgrund zu schicken, um das Wrack noch genauer zu untersuchen. Eine Bergung ist nicht geplant.
»Erheblicher Aderlass«: Bis zuletzt hatte die U-Boot-Waffe hohe Verluste. Schiffbrüchige eines deutschen U-Boots im Atlantik, März 1945.
Getty Images, München (Keystone Hulton Archive)
Ullstein Bild, Berlin (TopFoto)
Mythos »Alpenfestung«
E in Bericht der Nachrichtenabteilung löste am 11. März 1945 im Obersten Hauptquartier der alliierten Streitkräfte in Europa ( Supreme Headquarters Allied Expeditionary Force – SHAEF ) große Besorgnis aus: »Verteidigt von der Natur und den wirksamsten der zuletzt erfundenen Geheimwaffen, werden die Mächte, die Deutschland bisher geleitet haben, überdauern und seine Auferstehung vorbereiten; ein besonders ausgewähltes Korps junger Männer wird im Kleinkrieg ausgebildet werden, sodass eine ganze Untergrundarmee eingesetzt werden kann, Deutschland von den Besatzungstruppen zu befreien.«
Es besteht aller Grund anzunehmen, dass das ausgedehnte Gebirgsgelände im Begriff steht, in eine Riesenfestung umgeformt zu werden, wo die fanatischen Nazis hoffen, aushalten zu können, bis das kriegsmüde Europa auf diese oder eine andere Art zu Verhandlungen bereit wäre.
»The Sphere«,britische Wochenzeitung, Februar 1945
Die drohende Gefahr einer neuen Verteidigungslinie, versorgt mit Waffen und Munition aus bombensicheren Werken, mit Lebensmitteln und Ausrüstung, bezogen aus riesigen unterirdischen Lagern, geisterte seit Längerem durch die Meldungen der Militärs. Die Furcht vor einer weiteren Front, die zur Keimzelle eines neuen Widerstandszentrums zu werden drohte, hatte verschiedene Namen: »Hitler’s Alpine Redoubt«, »National Redoubt« oder »Inner Fortress of the Alps«. Es waren Übersetzungsvariationen eines Begriffs, der seit einigen Monaten auch die deutsche Führung beschäftigte: die »Alpenfestung«.
Dabei dokumentierte das Abstraktum die erzwungene neue Bescheidenheit der Nazi-Führung: Einst konnten Hitlers Paladine damit prahlen, einen ganzen Kontinent zu beherrschen. Das Hakenkreuz flatterte zum Jahreswechsel 1942/43 fast über ganz Europa.
Entering Germany: Eine US-Infanterie-Einheit passiert bei Prüm in der Eifel den Westwall, Februar 1945. Noch ist Berlin das Ziel der alliierten Truppen.
Ullstein Bild, Berlin (Granger Collection)
Zwei Jahre später schwadronierte die deutsche Propaganda trotzig von der »Kernfeste Deutschland«. Der Atlantikwall war längst gefallen, und die Rote Armee marschierte unaufhaltsam Richtung Berlin – und doch beschwor die Nazi-Führung ein unbezwingbares Bollwerk, das die Angriffe der feindlichen Armeen an den Grenzen des »Dritten Reichs« stoppen würde. Eines der vielen unerfüllten Versprechen der verbrecherischen Clique um Hitler, die dabei war, nach dem totalen Krieg Deutschland in die totale Niederlage und den Untergang zu treiben.
Die Schaffung einer Alpen-Festung stellt wohl eine einzigartige Möglichkeit dar, um bei geschickter und rascher Auswertung überhaupt noch in ein diplomatisches Gespräch zu kommen.
Gauleiter Franz Hofer über das politische Ziel der »Alpenfestung«
Nur wenige Wochen später standen die westlichen Alliierten am Rhein, und die Rote Armee hatte Berlin eingeschlossen. Deutsche Einheiten im Süden mussten sich in die bayerischen und österreichischen Alpen zurückziehen. Da sprach Hitler am 18. April 1945 im Berliner Führerbunker von der »Alpenfestung« als seiner letzten Rückzugsmöglichkeit. Tatsächlich glaubten fanatische Nazis noch immer, sie würden hier dem übermächtigen Gegner trotzen, ja sogar den »Endsieg« vorbereiten können.
Die »Alpenfestung« – deutscher Wunschtraum oder amerikanischer Albtraum? Nazi-Hybris oder alliierte Hysterie? War es »Hitler’s Hideaway«, wie die New York Times vermutete, oder stimmte die Einschätzung des
Weitere Kostenlose Bücher