Geheimnisvolle Beruehrung
mit seinen tiefblauen Augen an. »Nein, aber ich habe mich verpflichtet, am Nachmittag nur wissenschaftliche Abhandlungen zu schreiben. Nun zufrieden?«
»Ja«, sagte sie. Es tat ihr überhaupt nicht leid, dass sie ihm wegen seiner Gesundheit auf die Nerven ging.
Nach diesem Gespräch fand Sahara, es sei an der Zeit, noch einmal nach San Francisco zurückzukehren. Sie wollte vorsichtig sein, doch sie hatte sich ihre Freiheit verdient, und kein Kopfgeldjäger, kein Entführer sollte sie ihr je wieder nehmen. Außerdem wollte sie bei dieser Gelegenheit testen, ob ihre Fähigkeit in Bezug auf Sprachen sich weiterentwickelt oder verringert hatte.
Sie rieb den Adler am Armband und sprang bei Mercy in den Wagen, als diese nach einer Routinekontrolle vorbeischaute.
»Versteh mich nicht falsch, ich mag deine Gesellschaft«, sagte Mercy, als sie das Gelände verließen, »aber warum bist du nicht bei Vaughn mitgefahren? Der war doch gerade erst hier.«
Sahara atmete tief durch und stopfte sich die Haare unter die Strickmütze. »Er hat einen deutlichen Beschützerinstinkt mir gegenüber entwickelt.« Auf keinen Fall würde der Gefährte ihrer Cousine sie in der Stadt allein herumlaufen lassen. Aber das musste sie tun, musste sich beweisen, dass sie es konnte.
Im Gegensatz zu Vaughn hob Mercy nur eine Augenbraue, als Sahara darum bat, an der Fisherman’s Wharf abgesetzt zu werden, machte aber keinerlei Anstalten, sie aufzuhalten. »Mein Befehl lautet nur, dir einen sicheren Hafen zu bieten, nicht dich einzusperren. Und wenn die Pistole, die an deinem Knöchel blitzt, das ist, wofür ich sie halte, brauchst du keinen Babysitter. Die Nummer hier solltest du trotzdem einspeichern.« Sie gab ihr eine Visitenkarte. »Ruf an, wenn du in Schwierigkeiten bist, dann kommt sofort ein Gefährte und haut dich raus – unser Hauptquartier ist ganz in der Nähe.« Sie lächelte. »Nur für den Fall, dass dir nicht danach ist, dich vom gruseligsten Mann des Planeten teleportieren zu lassen.«
Eine Stunde später lächelte Sahara immer noch in sich hinein, als sie daran dachte, wie der gruselige Mann sie diese Nacht an sich gedrückt hatte. In dem Augenblick fiel ihr eine Menschenansammlung vor einem großen Monitor am Pier 39 auf, die anders als bei Sportübertragungen sonst üblich, totenstill war.
Ein Blick genügte, um zu wissen, was der Grund war.
Das nächtliche Hongkong brannte, dicker Rauch lag über der glitzernden Metropole mit ihren beinahe vier Millionen Einwohnern, von denen die meisten Mediale und eine kleine Anzahl Menschen waren.
Da die Wolkenkratzer so nahe beieinanderstanden und die Flammen anscheinend nicht durch die feuersicheren Materialien, die in den meisten Großstädten Verwendung fanden, aufzuhalten waren, würden Hunderttausende zu Tode kommen. Entsetzt schlug Sahara die Hand vor den Mund, als ein schwarzer Stern mit einem weißen M in der Mitte am Bildschirmrand auftauchte.
»… ob das große Echo Absicht war«, schrie gerade ein medialer Reporter in die Kamera, um die Sirenen der herannahenden Rettungsfahrzeuge und das Wüten der Flammen zu übertönen.
Auf der anderen Seite des Bildschirms leuchtete ein silberner Stern auf.
»Der Silberstern ist das Emblem von Ratsherrn Kaleb Krychek. Mit ihrem neuen Symbol scheinen die Makellosen Medialen denjenigen direkt herauszufordern, der ihre letzten Angriffe eingedämmt hat. Unsere Kontaktleute bei der Feuerwehr bestätigen, dass sie noch nie etwas Ähnliches wie diesen Brand gesehen haben. Normale Bekämpfungsmethoden haben keinerlei Effekt, und die Höhe der Flammen macht es selbst TK -Medialen unmöglich, einzugreifen, solange sie keine Unterstützung von Ratsherrn Krychek bekommen. Er ist der Einzige, der dieses Inferno bändigen oder gar beenden könnte.«
Saharas Herz setzte aus.
Die einzige Frage, die sie Kaleb nicht hatte stellen können, stand feuerrot vor ihren Augen. Die Furcht vor dem, was er getan haben könnte, war ebenso stark wie die Angst um ihn, denn zweifellos würde er bald in der brennenden Stadt eintreffen, wenn er nicht schon längst dort war. Sie konnte den Gedanken nicht ertragen, dass er so gnadenlos sein konnte und dass sie zu spät gekommen war. Ihre Brust zog sich so schmerzhaft zusammen, dass sie beinahe in die Knie gegangen wäre … doch sie konnte die Worte nicht ignorieren, die er selbst gesagt hatte und die ihr nun in den Ohren klangen.
»Ich habe kein Mitgefühl. Es tut mir nicht leid um diejenigen, die sterben werden.
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