Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geheimnisvolles Vermächtnis (German Edition)

Geheimnisvolles Vermächtnis (German Edition)

Titel: Geheimnisvolles Vermächtnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Hooper
Vom Netzwerk:
hörtesie so schnell nicht wieder auf. »Du hast gesagt, selbst wenn wir keine Schuhe mehr haben und verhungern, gehen wir da nicht wieder hin. Du hast es gesagt!«
    »Und genau so habe ich es auch gemeint«, beruhigte Grace ihre Schwester und streichelte ihr das Haar. »Ich habe es dir schon mal versprochen und verspreche es noch einmal: Wir werden weder in ein Arbeitshaus noch in das Ausbildungsheim zurückgehen. Niemals.« Sie blickte ihre Schwester forschend an. »Aber was war denn gar so schlimm für dich an dem Heim?«
    »Womöglich kommt dann der Mann wieder zu mir!«
    Grace wurde leichenblass. »Was meinst du damit?«
    »Der böse Mann. Oh!« Sie schaute Grace mit einem Ausdruck puren Entsetzens an. »Ich habe versprechen müssen, dass ich es nicht erzähle. Er hat gesagt, er würde mich sonst umbringen.«
    Grace schwieg eine Weile, um ihrer Gefühle wieder Herr zu werden, dann sagte sie: »Wir sind ja jetzt weit weg von dort und werden da auch nie wieder hingehen. Also kann er ja gar nicht wissen, dass du es mir erzählst.«
    Ein Schaudern schüttelte Lily. Sie schluchzte erneut.
    »Erzähl mir, woran du dich erinnerst«, forderte Grace sie sanft auf.
    »Er ist in der Nacht gekommen. Du warst nicht da   … eines von den kleineren Kindern hatte nach dirgerufen, und du warst gerade in einem anderen Zimmer, und da dachte ich erst, als er in mein Bett geklettert ist, dass du es wärst.«
    »Und dann   … «
    »Dann hat er was gemacht   … « Lily wandte beschämt den Blick ab. »Er hat was Unschickliches mit mir gemacht.«
    »Und hat er irgendwas zu dir gesagt?«
    »Fast gar nichts und bloß ganz leise, so was geknurrt hat er. Dass ich jetzt bald eine Frau würde, und da sollte ich ruhig gleich herausfinden, was mich erwartet.«
    Grace nickte traurig. Bei ihr war es genauso gewesen. »Hast du sein Gesicht gesehen?«
    Lily schüttelte den Kopf. »Du hattest doch die Kerze mitgenommen, und es gab kein Mondlicht in der Nacht. Außerdem hab ich solche Angst gehabt, dass ich die ganze Zeit die Augen fest zugemacht habe – bis er wieder aus dem Bett stieg. Dann hab ich geschaut und ihn von hinten gesehen, und als er die Decke weggeschoben hat, da   … « Sie schauderte erneut. »   … da habe ich gesehen, dass er nur eine Hand hatte. Wo die andere hätte sein sollen, war bloß ein Stumpf.«
    Grace nickte und schluckte den bitteren Geschmack hinunter, der ihr die Kehle hochgestiegen war.
    »Er hat mir gesagt, dass er alle Mädchen einmal besucht. Er hat gesagt, er sei ein sehr bedeutenderMann, und dies sei sein besonderes, geheimes Geschenk an die Mädchen.« Auf einmal ging ihr auf, was sie da gerade gesagt hatte. Sie holte erschrocken Atem und fragte: »Ist er zu dir auch gekommen, Grace?«
    Grace schaffte es, ihre Fassung zu bewahren und ruhig zu antworten: »Ja.«
    »Hat er zu dir dasselbe gesagt?«
    Grace nickte.
    »Und   … und dasselbe gemacht?«
    »Ja, genau dasselbe. Aber deswegen   … « Sie zögerte einen Moment, kam dann aber zu dem Schluss, dass Lily diese Dinge ruhig wissen sollte.
    »Ja?« Lily schaute gebannt, da sie ahnte, dass nun etwas noch Schlimmeres kommen musste.
    »Das war das Baby, Lily. Wenn ein Mann und eine Frau so etwas tun, dann kann es dazu führen, dass die Frau ein Baby bekommt. Und mir ist das passiert.«
    »Und wird mir das jetzt auch passieren?«
    Grace lächelte schwach. »Nein, Schwesterherz. Wenn es dazu gekommen wäre, dann schon viel früher. Jetzt kann nichts mehr passieren, dir nicht und mir nicht.«
    »Und wenn er uns nun findet?«
    »Er weiß ja gar nicht, wo wir sind – oder wer wir sind, weil es doch mitten in der Nacht war, als er zu uns kam. Ich glaube nicht, dass er auch nur ein bisschen mehr von uns gesehen hat als wir von ihm.«
    »Und außerdem hat er ja noch die anderen Mädchen in dem Heim, wenn   … wenn er wieder   … «
    Grace seufzte. »Ja. Ich fürchte. Aber wenn wir je einem Mann mit nur einer Hand begegnen, dann werden wir ihn daran erkennen.«
    »Und dann?«, fragte Lily. »Was dann?«
    Dann würde sie ihn umbringen, dachte Grace ungerührt.
    Die Mädchen kamen zu dem Schluss, dass der wohl beste Weg, ein wenig Geld hinzuzuverdienen, wäre, wenn Lily vor einem der Geschäfte wartete und anbot, den feinen Damen ihre Einkaufspäckchen zu tragen. So ging Lily früh am nächsten Morgen, nachdem sie Grace zum Markt begleitet hatte, zur Burlington Arcade in Piccadilly, wo es die schicksten und opulentesten Kaufhäuser gab und folglich auch die

Weitere Kostenlose Bücher