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Geheimprojekt Styx

Geheimprojekt Styx

Titel: Geheimprojekt Styx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Bunte
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Abend, als Nadia Sanchez schließlich ihr MacBook zuklappte und aus dem Fenster von Hendricks' Büro auf den nun wieder leeren Platz vor dem Haupthaus des Weingutes blickte. Sie hatte fast den ganzen Tag lang durchgearbeitet, hatte Fracht in Container verladen lassen, die Umstellung der Einsatzzentrale nach Katar beaufsichtigt und schließlich mit angesehen, wie ein Großteil ihrer persönlichen Habe in einem 40-Fuß-Container verstaut wurde – Hendricks' Hab und Gut füllte zwei Container, wobei einer größtenteils durch merkwürdige Holz- und Stahlkisten gefüllt wurde, deren Inhalt niemand zu kennen schien. Hendricks hatte lediglich einmal erwähnt, dass es sich bei dem Inhalt der Kisten um Souvenirs aus Ländern handelte, die er bisher besucht hatte – Sanchez hatte allerdings nicht weiter nachgefragt.
    Nun verschränkte sie die Arme vor der Brust und starrte nachdenklich aus dem Fenster und fragte sich, wo sie in einem halben Jahr wohl sein würde. Ginge es nach ihr, so würde man das Hauptquartier der Firma, die Sanchez, nach Rücksprache mit Hendricks, bereits in Rook Global Enterprises umbenannt hatte, auf den Bahamas errichten, wo sich ja sowieso schon das Quartier der Mittel- und Südamerika-Abteilung befand.
    Ob ich in Nassau noch willkommen bin, fragte sich Sanchez, ich muss dringend mit meinen Eltern sprechen. Mehr als dringend.
    Sie schloss die Augen und fuhr sich mit den Händen durch die langen, schwarzen Haare, ehe sie den Kopf leicht hängen ließ. Es prallten gerade persönliche Interessen auf die der Firma. Da Hendricks in London war und deshalb nur bedingt in der Lage, die Firma zu leiten, war dies Sanchez' Aufgabe – selbst wenn sich die einzelnen Abteilungen relativ selbstständig verwalteten.
    Sanchez wusste nicht, ob das Bedürfnis, rasch mit ihren Eltern zu sprechen, durch Howells Tod ausgelöst worden war oder durch die anstehende Hochzeit. Doch was auch immer der Grund war, sie sah sich außerstande, das Gespräch länger hinauszuzögern.
    Du hast seit Jahren nicht mehr mit den beiden gesprochen, dachte Sanchez bitter, Mike hatte immerhin seinen Vater, selbst wenn es für ihn als Waisen auch nie einfach war. Das erklärt auch, weshalb er in seiner Jugend so maßlos war.
    Sie ging rückwärts, bis sie die Tischkante spürte, und setzte sich halb auf diese. Was mache ich jetzt, fragte Sanchez sich und rang mit sich. Dann schließlich, nach mehreren Minuten des Hin und Her, des Überlegens und Abwägens, kam sie zu dem Ergebnis, sofort einen Flieger nach Nassau zu nehmen.
    Nach einem Blick auf die sündhaft teure Armbanduhr entschloss sie sich dazu, Hendricks in London anzurufen. Ganz gleich, ob ihr Freund in einer Verhandlung war, schlief oder mitten in einem Feuergefecht steckte – wobei Sanchez letzteres eher ausschloss.
    Das iPhone schon in der Hand, schluckte sie, als sie über das Feuergefecht auf der Autobahn nachdachte. Fast zwei Wochen später hatte sie erkannt, dass sie den Widersacher aus einer Notwendigkeit heraus erschossen hatte. Und Hendricks hatte es am Ende mit „Er oder ich“ auf den Punkt gebracht. Sie hatte sich selbst das Leben gerettet und vermutlich Boratto und Hendricks gleich mit. Und aus dieser Perspektive heraus betrachtet, wirkte das Geschehene gar nicht mehr ganz so traumatisch.
    Sanchez spürte zwar, dass ein kleiner Teil von ihr abgestorben war, denn bisher hatten diese Art Geschehnisse immer nur weit weg von ihr stattgefunden, doch in irgend einer Form verstörte sie dies nicht so wie sie erst gedacht und erwartet hatte.
    Es war nicht so, wie bei Boratto, der, als er auf seinem Rachefeldzug in Rio de Janeiro die Drogendealer zu Dutzenden getötet hatte, schon eine diabolische Freude verspürt hatte, aber sie war zufrieden, mehrere Leben gerettet zu haben – ihr eigenes mit eingeschlossen.
    Nun kannst du auch sagen, Nad, dass dir die Kugeln um die Ohren geflogen sind, dachte sie und fragte sich, ob dies gut oder schlecht sei.
    Die Antwort darauf kannte sie nicht und würde sie wohl auch nie erfahren.
    Dann wählte sie die Nummer Hendricks' und wartete auf das Freizeichen.
    Nach einmaligem Klingeln wurde abgenommen.
    „Nad“, meinte er und in seinem Tonfall war eine gewisse Müdigkeit zu hören.
    „Hey, Mike...“, begann Sanchez langsam und rutschte von der Tischkante herunter. Sie begann hin und her zu gehen, wobei ihre Absätze auf dem Boden klackten. „Ich muss nach Nassau. Es eilt und kann nicht aufgeschoben werden.“
    Die Pause, die folgte, war

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