Geheimprojekt Styx
Waffe.“
„Nein, verdammt! Wir werden sie erledigen und dann bringen wir dich hier raus!“
Die Hand, die Mangope an der Schulter packte, drückte mit einer Kraft zu, wie man sie einem Sterbenden nicht zutrauen mochte. Gorro sah ihn fest an und er wusste, dass das Leben aus ihm wich, mit jedem Herzschlag kam er dem Tod näher. „Das war keine Idee.“
Mangope wünschte sich, an einem anderen Ort zu sein. Sofort, achttausend Kilometer weiter im Westen. Aber nicht hier. Er hatte Gorro in der kurzen Zeit, die sie sich kannten, liebgewonnen, er war ein Mann, der viele Merkmale mit Mangope teilte und ebenso eine bewegte Geschichte hinter sich hatte.
Ihn hier zu verlieren, fraß schon jetzt ein riesiges Loch in Mangopes Seele. Doch der ehemalige Soldat in ihm siegte schließlich. Er drückte Gorro das Sturmgewehr in die Hand.
„Möge Gott dich leiten.“ Er zog seine Pistole und lief dann, ungezielt über die Schulter schießend, in Richtung Flugzeug, wo Tinto bereits in Deckung gegangen war.
Gorro öffnete mit blutverschmierter Hand die Fahrertür des Geländewagens, quälte sich ins Innere, richtete die AK-47 auf die Windschutzscheibe und startete dann den Motor. Er prügelte den ersten Gang hinein und raste dann los, direkt auf die zwei anderen Geländewagen am anderen Ende des Flugplatzes zu.
Er wusste, es war sein Ende, er würde hier auf dem Rollfeld des Flugplatzes, tausende Kilometer von seiner Heimat Spanien entfernt, sein Leben aushauchen. Doch Santiago Gorro sah dem Tod mit einem grimmigen Lächeln entgegen. Schon oft war er dem Tod von der Schippe gesprungen, hatte durch Glück und puren Zufall überlebt.
In dem Wissen, in wenigen Sekunden zu sterben, verspürte er eine unglaubliche Klarheit. Fragen, auf die er schon seit Jahren Antworten suchte, erklärten sich praktisch von alleine.
Habe ich alles richtig gemacht, fragte sich Gorro, oder hätte ich einige Dinge anders machen sollen?
Die Tablettensucht, sie war ein Fehler. Ich hätte mir viel früher eine Beschäftigung, vielmehr eine Ablenkung suchen sollen. Doch das spielt jetzt auch keine Rolle mehr.
Als einige Kugeln die Windschutzscheibe zerrissen und Gorro von zwei weiteren Geschossen in der Brust getroffen wurde, verlor er fast das Bewusstsein und driftete langsam von der Welt der Lebenden in die Welt der Toten.
Jedenfalls habe ich auf meine letzten Tage noch etwas Sinnvolles getan, dachte er und erinnerte sich fast mit einem Lächeln an seine Zeit als Priester, wo er Entwicklungshilfe geleistet hatte. Es waren die schönsten Jahre seines Lebens gewesen.
Und nun ende ich als der Mann, der ich bin. Ein Kämpfer. Und Kämpfer müssen kämpfend untergehen.
Gorro wurde ein letztes Mal in seinem Leben hellwach, trat das Gaspedal bis zum Boden durch, schaltete einen Gang höher und raste auf den vorderen Geländewagen zu. Unmittelbar vor dem Aufprall verlor er das Bewusstsein – und dieses Mal war es endgültig.
Das Ablenkungsmanöver Gorros hatte nach Plan funktioniert, Mangope war zurück in den Hangar zur Pilatus gestürzt und hatte sofort den Motor der Maschine gestartet. Sie rollten etwa zur gleichen Zeit auf das Rollfeld hinaus, als der Geländewagen mit Gorro in den vorderen Geländewagen krachte.
Mangope gab maximalen Schub auf die Triebwerke und ließ die Geländewagen hinter sich. Neben ihm saß Tinto auf dem Sitz des Copiloten und sah ihren neuen Freund mit einer Mischung aus Bedauern und Trostspenden an. Sie wusste, dass Gorro und Mangope sich angefreundet hatten, dass sie auf einer Wellenlinie gewesen waren. Sein Tod ging Mangope nah, das war ein Fakt und Tinto fragte sich, wie sie nun verfahren sollte, da sie selbst eher kühl war - oder es zumindest vorgab zu sein.
Sie flogen rund zehn Minuten schweigend, bis Mangope schließlich das Wort ergriff. Seine Stimme klang dabei wie ein Reibeisen und war mehr als eiskalt.
„Ich weiß, wer uns verraten hat.“
„Woher willst du wissen, dass es Verrat und nicht doch Zufall war?“
„Sie kannten meinen Namen, wussten, wo sie uns wann finden, und schlussendlich habe ich nur einem meiner Kontakte gesagt, dass ich diesen Flugplatz wählen würde. Der Rest ist simples Ausschlussverfahren.“
Tinto nickte bloß, ehe sie fragte: „Was wirst du jetzt tun? Van der Vaal werden wir so wohl nicht mehr zu fassen kriegen.“
Mangope nickte grimmig. „Ganz einfach, Suz. Wir machen es direkter.“
„Heißt?“
„Wenn van der Vaal tot ist, geht von ihm keine Gefahr mehr
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