Geheimrezept zum Glücklichsein
gestiefelten Beine breit auseinandergestellt, betrachtete die Balken und Träger. Im Gegensatz zu Nathan sah er nicht das Endprodukt vor sich. Er bevorzugte dieses Stadium, in dem noch Möglichkeiten offenstanden. »Es sieht gut aus« , entschied er. »Du hingegen siehst entsetzlich aus.«
»Es ist immer so angenehm, dich in der Nähe zu haben, Craig . « Nathan blickte hinab auf sein Klemmbrett und gab einen detaillierten Bericht der ausgeführten und der geplanten Arbeiten.
»Du scheinst alles unter Kontrolle zu haben, wie üblich.«
»Ja.«
Craig sah die Schatten unter Nathans Augen, die Linien der Anspannung um seinen Mund. Craigs Ansicht nach gab es nur eines, das einen starken Mann zerschlagen aussehen lassen konnte. Und das war eine Frau.
»Der Bauinspektor müsste heute kommen.«
»Dann hoffen wir das Beste.«
Einer der Bauarbeiter hatte ein tragbares Radio voll aufgedreht. Nathan dachte an Jackie, die stets Musik aus den Küchenlautsprechern dröhnen ließ. »Irgendwelche Probleme zu Hause?«
»Geschäftlich? Nein. Aber ich wollte dich dasselbe fragen.«
»Ich war nicht da. Hast du das vergessen? Wie steht es mit dem Sydney-Projekt?«
»In etwa sechs Wochen kann es beginnen. Hattest du eine Meinungsverschiedenheit mit Jackie?«
»Wieso?«
»Weil du so aussiehst, als hättest du keine Nacht vernünftig geschlafen, seit du hier bist. Möchtest du darüber reden?«
»Es gibt nichts zu reden.«
Craig zog eine Braue hoch. »Wie du meinst, Boss.«
Nathan fluchte und rieb sich die Stirn. »Entschuldige.«
»Schon gut . « Eine Weile beobachtete Craig schweigend die Männer bei der Arbeit. »Ich könnte einen Kaffee und einen Teller Eier gebrauchen. Da ich ein Spesenkonto habe, bezahle ich.«
»Du bist wirklich ein Kumpel« , entgegnete Nathan und begleitete Craig zum Lieferwagen.
Zehn Minuten später saßen die beiden Freunde in einer schmierigen kleinen Imbissbude, in der die Gerichte auf einer Schiefertafel standen und die Kellnerinnen kurze Uniformen in grellem Pink trugen. Ein kahlköpfiger Mann döste am Tresen vor sich hin.
»Du hast schon immer die stilvollsten Lokale ausfindig gemacht« , brummte Nathan, als sie sich in eine Nische setzten. Doch er dachte unwillkürlich daran, wie sehr es Jackie gefallen hätte.
Eine Kanne Kaffee wurde auf den Tisch gestellt, ohne bestellt worden zu sein. Craig schenkte selbst ein und beobachtete den aufsteigenden Dampf. »Du kannst deine schicken französischen Restaurants für dich behalten. Niemand kocht Kaffee wie in einem Imbiss.«
Jackie schon, dachte Nathan und stellte fest, dass er den Geschmack verloren hatte.
Craig grinste die schlampige Blondine an, die mit einem Bestellblock an ihren Tisch trat. »Den blauen Spezialteller, bitte. Ich möchte zwei.«
»Zwei blaue Teller« , murmelte sie, während sie schrieb.
»Auf einem Teller, Darling« , fügte Craig hinzu.
Sie blickte von ihrem Block auf und musterte ihn. »Sie haben wohl einiges aufzufüllen.«
»Genau. Bringen Sie meinem Freund das Gleiche.«
Sie wandte sich an Nathan und entschied augenblicklich, dass es heute ihr Glückstag war. Zwei tolle Männer an einem Tisch, obwohl der Dunkelhaarige aussah, als hätte er eine harte Nacht hinter sich. Sie lächelte ihn an, zeigte dabei schiefe Vorderzähne. »Wie möchten Sie denn die Eier, Süßer?«
»Beidseitig« , antwortete Craig und lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf sich. »Und wringen Sie nicht das ganze Fett aus den Pommes.«
Schmunzelnd ging sie davon und rief mit schriller Stimme in die Küche: »Zwei doppelte Blaue. Und dreh die Eier um.«
Zum ersten Mal seit Wochen verspürte Nathan den Drang zu lächeln. »Was ist der blaue Teller?«
»Zwei Eier, Schinken, Pommes frites, Brötchen und Kaffee vom Fass . « Craig streckte die Beine aus und legte die Füße auf den Platz neben Nathan. »Also, hast du sie angerufen?«
Es hatte keinen Sinn vorzugeben, dass er nicht darüber reden wollte. Wäre das der Fall gewesen, dann hätte Nathan genauso gut auf der Baustelle bleiben und einen abgestandenen Kaffee trinken können. Er war mitgekommen zu diesem deftigen Frühstück, weil er darauf bauen konnte, dass Craig ehrlich zu ihm war, ob die Wahrheit nun angenehm war oder nicht. »Nein, ich habe sie nicht angerufen.«
»Also hattet ihr einen Streit?«
»Ich glaube nicht, dass man es Streit nennen könnte . « Stirnrunzelnd erinnerte Nathan sich an die Scherben auf dem Fußboden. »Doch, man könnte es wohl so
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