Gehetzt
Haaresbreite. Der Sergeant blickte sich blitzschnell um, hob die Waffe und gab zwei Schüsse ab. Der Deutsche sackte zusammen.
Barnes sprang zu Boden, lief hinter dem Tank herum und kletterte nach einem raschen Blick auf Colburn in den Turm.
Der Kanadier, der nur mal eben für ein paar Stunden vorbeischauen wollte, hatte nun ein Loch in der Schläfe.
Barnes rutschte auf den Sitz des Kanoniers, sprang aber sofort wieder fluchend hoch, weil die Kanone nicht geladen war. Mit Schwung schob er eine neue Granate ins Rohr, vergewisserte sich, daß der Verschluß einrastete, setzte sich wieder auf seinen Platz und schwenkte den Turm. Mit der Schulterschlaufe hob er den Lauf der Kanone um ein paar Zentimeter.
Hinter dem Drahtverhau tauchte der erste Panzer auf und kroch wie ein riesiger häßlicher Käfer vorwärts – ein Anblick, den Barnes während des Feldzuges schon so oft erlebt hatte.
Er riß den Abzug durch. Bert erbebte unter dem Rückstoß.
Die Granate schlug genau ins Ziel, der deutsche Panzer blieb brennend liegen. Bert hatte seinen ersten Gegner geknackt.
Barnes stieg in den Turm und betrachtete die Sprengbox.
Ringsum war es plötzlich totenstill. Ohne Zögern packte der Sergeant den Griff und drückte ihn nach unten.
Nichts geschah. Barnes hatte vergessen, den Schalter zu betätigen. Er steckte den Kopf aus dem Turm und schaute sich um. Außer dem brennenden Panzer war nichts von den Deutschen zu sehen. Ohne lange zu überlegen, packte der Sergeant die Sprengbox und die Drahtrolle, stieg auf das Chassis herab, schloß das Turmluk, sprang zu Boden und begann den Draht abzuwickeln, der durch den Schießschlitz im Turm verschwand. Barnes spähte um die Ecke, in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Nichts rührte sich.
Schnell eilte er außen an der Seitenwand des Hangars entlang, vorbei an den toten Soldaten, vorbei an dem Transporter, auf dessen Ladefläche ein Schweißgerät immer noch Funken versprühte, und wickelte wie ein Roboter die Drahtrolle aus.
Wie weit würde sie reichen?
In seinem schmerzvernebelten, erschöpften Zustand schien es Barnes wie ein Omen, daß er vergessen hatte, den Schalter zu drehen. Vielleicht könnte er überleben, wenn er nur nicht aufgab. Er erreichte die Hangarrückwand. Der Streifen zwischen dem Gebäude und der Anhöhe lag verlassen vor ihm.
Der Sergeant überquerte den Streifen und stieg am Hang empor, von dem aus er mit Jacques auf das Flugfeld heruntergeschaut hatte, ehe sie es bis zu der Stelle umgingen, von der aus Barnes den Hangareingang durch das Fernglas beobachten konnte. Der Sergeant hatte fast die Hügelkuppe erreicht, als in dem Erdstreifen hinter dem Hangar Mannschaftswagen bremsten. Er warf sich flach zu Boden, neben den Sprengapparat und die fast abgespulte Drahtrolle, und blieb mit zur Seite gewendetem Gesicht regungslos liegen.
Soldaten quollen aus den Lastwagen hervor und bildeten zwei Abteilungen, die auf das Kommando eines Offiziers hin an beiden Seiten des Hangars vorrückten. Barnes sprang auf, hastete das kurze Stück bis zur Kuppe empor und ließ sich in einen riesigen Bombentrichter in der Nähe der Häuser gleiten.
Er warf einen Blick auf seine Uhr – auf Colburns Uhr –, schaute dann noch einmal zum grauen Himmel empor, den er vielleicht nie mehr sehen würde, drehte den Schalter und drückte auf den Hebel der Sprengbox.
Um 3.58 Uhr flog die Welt in die Luft.
Die erste Explosion erzeugte eine Druckwelle, die aus Richtung Lemont über das ganze Armeelager hinwegfegte. Ihr folgte gleich darauf die zweite, als in dem Feuersturm der ersten die gesamte Munition des riesigen Depots in einer Kettenreaktion in die Luft flog. Die beiden Druckwellen rasten mit zerstörerischer Gewalt über das Lager hinweg, drückten die schweren Metallplatten der Panzer wie Papier zusammen und prallten mit voller Wucht gegen die Mauern des Bauernhofes, in dem der deutsche Gefechtsstand untergebracht war.
Als Meyer, aus einer Stirnwunde heftig blutend, ins Büro von Storch taumelte, fand er den General tot am Boden, eine Hand nach dem Telefon ausgestreckt, das halb verschüttet in einem Schutthaufen lag. Ein heruntergestürzter Deckenbalken hatte dem Kommandeur den Schädel zertrümmert. Meyer kniete nieder und nahm den Hörer auf. Das Feldtelefon funktionierte noch. Er verlangte Keller. Der Oberst wußte genau, was er jetzt zu tun hatte. Er mußte die Einheit vor dem Desaster bewahren, mit dem er insgeheim seit Überquerung der Maas bei Sedan auf
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