Gehetzte Uhrmacher
gemeinsam durchführen würden.
Lon Sellitto war schon weg, und Sachs packte in Lucy Richters Wohnung die letzten Beweise ein. Sie schaute zu Kathryn Dance und bedankte sich.
»Ich hoffe, es hilft Ihnen weiter.«
»Darum geht es bei der Spurensicherung. Es sind nur ein paar Fasern, aber sie könnten für einen Schuldspruch reichen. Wir werden sehen.« Ihr schien etwas einzufallen. »Ich fahre zurück zu Rhyme. Hören Sie, ich weiß nicht, ob Sie möchten, aber könnten Sie sich vielleicht ein wenig in der Nachbarschaft umhören? Sie haben mit Sicherheit ein gutes Händchen für Zeugen.«
»Aber gern.«
Sachs gab ihr einige Phantombilder des Uhrmachers und machte sich auf den Weg.
Dance wandte sich an Lucy Richter. »Geht es Ihnen gut?«
»Alles bestens«, erwiderte die Soldatin mit stoischem Lächeln, ging in die Küche und stellte den Wasserkessel auf den Herd. »Möchten Sie einen Tee? Oder Kaffee?«
»Nein, ich werde mich draußen mal nach eventuellen Augenzeugen umschauen.«
Lucy starrte zu Boden, was für jeden Kinesik-Experten ein deutliches Signal darstellte. Dance blieb stumm.
»Sie haben erwähnt, dass Sie aus Kalifornien kommen«, sagte die Soldatin. »Fliegen Sie bald zurück?«
»Wahrscheinlich morgen.«
»Ich hab nur gedacht... ob Sie unter Umständen Zeit für einen Kaffee oder so hätten?« Lucy spielte mit einem Untersetzer herum. Darauf standen die Worte: 4. Infanteriedivision. Standhaft und treu.
»Sicher. Das kriegen wir schon irgendwie hin.« Dance zog eine Visitenkarte aus der Handtasche, vermerkte auf der Rückseite den Namen ihres Hotels und kringelte auf der Vorderseite die Nummer ihres Mobiltelefons ein.
Lucy nahm sie.
»Rufen Sie mich an«, sagte Dance.
»Werde ich.«
»Alles in Ordnung?«
»Na klar. Kein Problem.«
Dance gab der Frau die Hand und verließ die Wohnung. Dabei rief sie sich eine wichtige Regel der kinesischen Analyse ins Gedächtnis: Manchmal ist es nicht nötig, jeder einzelnen Unwahrheit auf den Grund zu gehen.
... Fünfundzwanzig
Amelia Sachs betrat mit einem kleinen Karton voller Beweismittel Rhymes Labor.
»Was haben wir?«, fragte er.
Sachs zählte noch einmal auf, was sie am Tatort festgestellt hatte, und fügte dann der Tabelle einige Einzelheiten hinzu.
Gemäß der Faserdatenbank des NYPD stammten die Partikel, die Sachs an Lucys Uniform gefunden hatte, tatsächlich von einem Lammfellkragen, wie sie an ledernen Pilotenjacken – Bomberjacken – üblich waren. Die Uhr war von Sachs bereits vor Ort auf Nitrate getestet worden. Sie enthielt auch diesmal keinen Sprengsatz und entsprach den anderen drei Exemplaren. An ihr fanden sich keinerlei Spuren außer einem frischen Fleck, der – wie sie herausfanden – von Holzgeist herrührte, einem Antiseptikum und Reinigungsalkohol. Genau wie bei der Floristin hatte der Uhrmacher auch hier kein weiteres Gedicht hinterlassen, sei es aus Zeitmangel oder warum auch immer.
Rhyme war damit einverstanden, eine Pressemitteilung über die Uhren zu veröffentlichen, sagte jedoch voraus, dass sie damit nur eines erreichen würden: In Zukunft würde der Killer die Uhr erst dann aufstellen, wenn er sicher sein konnte, dass das Opfer ihm ausgeliefert war.
Die Spuren, die Sachs auf dem wahrscheinlichen Fluchtweg des Täters gesichert hatte, ergaben keine weiteren Erkenntnisse.
»Sonst war da nichts«, erklärte sie.
»Nichts?« Rhyme schüttelte den Kopf.
Locards Prinzip...
Ron Pulaski traf ein, zog sich den Mantel aus und hängte ihn auf. Rhyme merkte, dass Sachs sofort zu dem Neuling schaute.
Der »andere Fall« …
»Haben Sie etwas über die mögliche Verbindung nach Maryland herausfinden können?«, fragte Sachs.
»Die Bundesbehörden ermitteln in und um Baltimore derzeit in
drei möglichen Korruptionsfällen«, entgegnete Pulaski. »Bei einem davon besteht eine Beziehung zum Großraum New York, allerdings nur zum Hafen von Jersey. Und es geht nicht um Drogen, sondern um Schmiergelder und gefälschte Frachtpapiere. Ich warte noch auf einen Rückruf der Polizei von Baltimore wegen eventueller Ermittlungen auf Staatsebene. Weder Creeley noch Sarkowski haben in Maryland irgendwelche Immobilien besessen, und soweit ich feststellen konnte, hat auch keiner der beiden dort jemals geschäftlich zu tun gehabt. Creeley hatte immerhin einen Kunden in Pennsylvania, den er regelmäßig aufgesucht hat, aber Sarkowski ist überhaupt nicht gereist. Ach, und die Kundenliste von Jordan Kessler liegt uns immer noch
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