Gehetzte Uhrmacher
und zog sich Handschuhe an.
... Dreißig
Sarah Stanton saß an ihrem Schreibtisch und hörte wieder einmal ein kreischendes Geräusch aus dem Lautsprecher über ihrem Kopf.
In ihrem Büro kursierte die scherzhafte Behauptung, die Firma habe die Lautsprecher mit einer Art Filter versehen, der jegliche
Durchsage vollkommen unverständlich mache. Sarah wandte sich wieder dem Computer zu und fragte laut: »Was sagen die? Ich kann kein Wort verstehen.«
»Das ist irgendeine Ankündigung«, rief einer ihrer Kollegen.
Ach was.
»Die hören ja gar nicht mehr auf. Was soll das? Ist das eine Brandschutzübung?«
»Keine Ahnung.«
Einen Augenblick später ertönte die Sirene des Feueralarms.
Offenbar ja.
Seit dem elften September ging der Alarm ungefähr einmal im Monat los. Die ersten paar Male hatte Sarah mitgespielt und war wie alle anderen nach unten gelaufen. Aber heute waren es draußen minus fünf Grad, und sie hatte viel zu viel Arbeit zu erledigen. Falls es sich wirklich um ein Feuer handelte und die Ausgänge blockiert sein sollten, konnte sie einfach aus dem Fenster springen. Sie befand sich hier nur im ersten Stock.
Sie konzentrierte sich wieder auf den Monitor.
Aber dann hörte Sarah Stimmen vom anderen Ende des Ganges, der zu ihrem Büro führte. Sie klangen dringlich. Und noch etwas – das Klirren von Metall. Die Ausrüstung von Feuerwehrleuten?, fragte sie sich.
Womöglich war doch etwas passiert.
Hinter ihr näherten sich schwere Schritte. Sie drehte sich um und sah Polizisten in dunkler Kleidung, die Waffen schussbereit. Polizei? O Gott, ging es etwa um einen Terroranschlag? Ihr nächster Gedanke war, dass sie unbedingt zu ihrem Sohn wollte.
»Das Gebäude wird evakuiert«, verkündete ein Beamter.
»Wegen Terroristen?«, rief jemand. »Hat es einen neuen Anschlag gegeben?«
»Nein.« Mehr erklärte er nicht. »Gehen Sie bitte ruhig und geordnet nach draußen. Nehmen Sie Ihre Mäntel mit. Alles andere lassen Sie da.«
Sarah atmete auf. Sie brauchte sich keinen Sorgen um ihren Sohn zu machen.
»Wir suchen nach Feuerlöschern«, rief ein anderer Polizist. »Gibt es hier welche? Fassen Sie sie nicht an. Sagen Sie uns einfach nur Bescheid. Ich wiederhole, fassen Sie sie nicht an!«
Also brennt es tatsächlich, dachte sie und zog sich den Mantel an.
Dann fand sie es plötzlich irgendwie merkwürdig, dass die Feuerwehr bei einem Brand auf die Feuerlöscher der Firma zurückgreifen wollte. Haben die denn keine eigenen? Und wieso sind sie so besorgt, dass wir einen benutzen könnten? Man braucht dafür doch keine besondere Ausbildung.
Ich wiederhole, fassen Sie sie nicht an!...
Der Polizist schaute in eines der anderen Büros.
»Ach, Officer? Suchen Sie einen Feuerlöscher?«, fragte sie. »Ich hab hier einen.«
Und sie hob den schweren roten Zylinder vom Boden hoch.
»Nein!«, schrie der Mann und sprang auf sie zu.
Sachs zuckte zusammen, als in ihrem Kopfhörer auf einmal eine laute Stimme erschallte.
»Brand- und Eindämmungsteam, erster Stock, Büro in der Südostecke. Kommen. Firma Lanam. Schnell! Los, los, los!«
Ein Dutzend Feuerwehrleute und Beamte des Räumkommandos schulterten ihre Ausrüstung und liefen zur Hintertür.
»Status?«, rief Haumann in sein Mikrofon.
Aber sie hörten nur die laut heulende Feuersirene und mehrere hektische Stimmen.
»Hat es eine Detonation gegeben?«, fragte der ESU-Leiter angespannt.
»Ich sehe keinen Rauch«, sagte Pulaski.
Dennis Baker starrte kopfschüttelnd zur ersten Etage hinauf.
»Falls es Alkohol ist, gibt es erst dann Rauch, wenn anderes Material Feuer fängt«, sagte einer der Brandmeister. »Oder Haare und Haut«, fügte er gelassen hinzu.
Sachs suchte weiterhin die Fenster ab und ballte die Fäuste. Starb die Frau in diesem Moment unter Höllenqualen? Hatte es außerdem Polizisten oder Feuerwehrmänner erwischt?
»Komm schon«, flüsterte Baker.
Dann dröhnte eine Stimme aus dem Funkgerät: »Wir haben den Brandsatz... Wir... Ja, wir haben ihn. Er ist nicht hochgegangen.«
Sachs schloss die Augen.
»Gott sei Dank«, sagte Baker.
Die Menschen strömten nun aus dem Gebäude, sorgsam beobachtet von ESU- und Streifenbeamten, die nach Duncan Ausschau hielten und das Phantombild mit den Gesichtern der Angestellten verglichen.
Ein Polizist führte eine Frau zu Sachs, Baker und Pulaski, gerade als Sellitto sich zu ihnen gesellte.
Sarah Stanton, das potenzielle Opfer, erklärte, sie habe heute Nachmittag einen Feuerlöscher
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