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Gehetzte Uhrmacher

Titel: Gehetzte Uhrmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Deaver
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dir?«
    »Ganz gut, glaube ich. Mein Gesicht tut weh.«
    »Ich möchte wetten, die Jungs haben dir das Klebeband ziemlich schnell heruntergerissen.«
    »Ja, stimmt.«
    »Danke. Du hast durch deine Warnung Leben gerettet. Du hast mein Leben gerettet.« Das Mädchen sah Sachs auf merkwürdige Weise an und senkte dann den Blick. Amelia gab ihr das Harry-Potter-Buch, das sie im Schlafzimmer gefunden hatte, und fragte das Kind, ob es etwas über den Mann namens Gerald Duncan wisse.
    »Der war gruselig. Total schräg. Er hat dich angesehen, als wärst du ein Stein, ein Auto oder ein Tisch, nicht eine Person.«
    »Hast du eine Ahnung, wo er sein könnte?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich hab nur gehört, dass Mom sagte, er würde sich irgendwas in Brooklyn mieten. Ich weiß nicht, wo genau. Er hat nicht darüber gesprochen. Aber er will später hier vorbeikommen und sein Geld abholen.«
    Sachs nahm Pulaski beiseite und bat ihn, alle ein- und ausgehenden Gespräche zu überprüfen, die Charlotte und Bud mit ihren Mobiltelefonen und dem Apparat im Hotelzimmer geführt hatten.
    »Was ist mit dem Telefon in der Lobby? Dem Münzfernsprecher, meine ich. Und den Telefonzellen im näheren Umkreis?«
    Sie hob eine Augenbraue. »Gute Idee.«
    Der Neuling machte sich an die Arbeit. Sachs holte eine Limonade und gab sie der Tochter. Sie öffnete die Dose und trank die Hälfte sofort aus. Dabei musterte sie Amelia auf seltsame Weise. Dann lachte sie auf.
    »Was ist denn?«, fragte Sachs.
    »Sie erinnern sich wirklich nicht mehr an mich, oder? Wir haben uns schon mal getroffen.«
    »Na klar, am Dienstag, in der Nähe der Gasse.«
    »Nein, nein. Vor ziemlich langer Zeit.«
    Sachs sah sie verwundert an. Ihr fiel ein, dass das Mädchen ihr tatsächlich irgendwie bekannt vorgekommen war, als sie es dort in dem Wagen gesehen hatte. Und nun war dieses Gefühl sogar noch
stärker. Aber sie konnte sich beim besten Willen nicht erinnern. »Tut mir leid, ich weiß es nicht mehr.«
    »Sie haben mir mal das Leben gerettet. Ich war noch klein.«
    »Das dürfte schon lange her sein...« Amelia Sachs stutzte, wandte den Kopf und sah sich Charlotte genauer an. »O mein Gott«, keuchte sie.

... Vierzig

    Lincoln Rhyme schüttelte den Kopf, als Sachs ihm in dem schäbigen Hotelzimmer erzählte, was sie soeben erfahren hatte: Sie waren Charlotte vor einigen Jahren schon einmal begegnet, als diese unter dem falschen Namen Carol Ganz nach New York gekommen war. Sie und ihre Tochter, die Pammy hieß, hatten zu den Opfern in dem Fall gezählt, bei dem Sachs und Rhyme zum ersten Mal zusammengearbeitet hatten – und an den Rhyme erst gestern gedacht hatte: der Killer, der von menschlichen Knochen besessen gewesen war, ein so schlauer und skrupelloser Täter wie der Uhrmacher.
    Um ihn zu verfolgen, hatte Rhyme damals Sachs angeheuert, damit sie ihm an den Tatorten Augen, Ohren und Beine ersetzen würde. Gemeinsam war es ihnen gelungen, die Frau und ihre Tochter zu retten – nur um festzustellen, dass Carol in Wahrheit Charlotte Willoughby hieß und einer rechten Miliz angehörte, der die Regierung und ihr Engagement im Ausland ein Dorn im Auge waren. Nach der Rettung und Zusammenführung der beiden hatte die Frau es geschafft, im Hauptgebäude der Vereinten Nationen in Manhattan eine Bombe zu legen. Die Explosion tötete sechs Menschen.
    Rhyme und Sachs hatten den Fall übernommen, aber Charlotte und das Mädchen verschwanden im Untergrund, vermutlich im Mittelwesten oder Westen, und irgendwann verlor sich ihre Spur.
    Seitdem hatte Rhyme gelegentlich beim FBI, der Polizei und im VICAP nach Berichten über Milizen oder andere rechtsgerichtete Organisationen gesucht, war aber nie auf Charlotte oder Pammy gestoßen. Über all die Jahre hinweg hatte Sachs sich Sorgen um das kleine Mädchen gemacht und sich nachts, wenn sie neben Rhyme im Bett lag, bisweilen laut gefragt, wie es Pammy wohl gehen mochte und ob es zu spät wäre, sie zu retten. Sachs, die sich immer Kinder gewünscht hatte, war bestürzt bei dem Gedanken, welches
Leben das Mädchen aufgrund seiner Mutter wahrscheinlich führen musste – stets versteckt, praktisch ohne gleichaltrige Freunde, nie auf einer normalen Schule -, und das alles im Namen irgendeiner Sache, die ihre hasserfüllte Mutter blindwütig verfolgte.
    Und dann war Charlotte – mit ihrem neuen Ehemann Bud Allerton – nach New York zurückgekehrt, um erneut einen Terroranschlag zu begehen, und hatte dabei ein weiteres Mal den Weg

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