Gehetzte Uhrmacher
nächsten Straßenlaterne auseinander.
Es handelte sich um die Fotokopie einer Seite aus einem Schnellhefter oder Buch.
Snyder beugte sich vor. »Das ist ein Blatt aus dem Aktenverzeichnis des Eins Drei Eins«, flüsterte er.
Sie überflog die Zeilen. In der Mitte fand sich folgender Eintrag:
Aktennummer:
3453496, Sarkowski, Frank
Anlass:
Mord
Geschickt an:
158. Revier
Angefordert von:
Ausgangsdatum:
28. November
Eingangsdatum:
Sachs runzelte die Stirn. »Der Streifenbeamte, mit dem ich zusammenarbeite, hat gesagt, der Verbleib der Akte sei nirgendwo vermerkt worden.«
»Er muss wohl nur im Computer nachgesehen haben. Das habe ich auch versucht. Es gab vermutlich einen Eintrag, der später gelöscht wurde. Aber zur Sicherheit wird alles auch noch handschriftlich verzeichnet.«
»Wieso sollte die Akte an das Eins Fünf Acht geschickt worden sein?«
»Ich weiß es nicht. Es gibt dafür keinen ersichtlichen Grund.«
»Wie sind Sie an diese Kopie gelangt?«
»Ein Freund hat mir geholfen. Einer meiner früheren Kollegen. Ein anständiger Kerl. Er hat bereits vergessen, dass ich gefragt habe.«
»Und wo könnte die Akte im Eins Fünf Acht gelandet sein? Im Aktenraum?«
Snyder zuckte die Achseln. »Keine Ahnung.«
»Ich werde mich darum kümmern.«
Er schlug die Hände zusammen. »Verdammt kalt.« Dann schaute er sich um. Sachs ebenfalls. Hielt dort an der Kreuzung soeben ein schwarzer Wagen an?
Snyder blieb stehen und wies auf eine heruntergekommene Ladenfront. Flannagan’s Pool and Billiards. Est. 1954 . »Da will ich hin.«
»Nochmals herzlichen Dank«, sagte Amelia.
Snyder sah in den Laden und dann auf die Uhr. »Es gibt nicht mehr allzu viele dieser alten Schuppen rund um den Times Square«, sagte er. »Ich hab früher auf der Deuce gearbeitet. Das ist die...«
»Zweiundvierzigste Straße. Das war auch mal mein Bezirk.« Sie wandte sich noch einmal zur Achten Avenue um. Das schwarze Auto war weg.
Er blickte in die Billardhalle und sprach leise weiter. »Am besten kann ich mich an die Sommer erinnern. An manche der Augusttage. Es war dermaßen heiß, dass sogar die Straßenbanden und Taschendiebe zu Hause geblieben sind. Ich sehe immer noch die Restaurants und Bars und Kinos vor mir. Vor einigen von denen hingen Schilder, anscheinend aus den Vierzigern oder Fünfzigern, auf denen stand, die Räume seien klimatisiert. Komisch, dass jemand mit einer Klimaanlage wirbt, um Kunden anzulocken. Ganz anders als heute, was?... Die Zeiten ändern sich.« Snyder zog die Tür auf und betrat den verräucherten Laden. »Und wie sie sich ändern.«
... Neunzehn
Ihr neuer Wagen war ein Buick LeSabre. »Wo haben Sie den denn her?«, fragte Vincent, als er neben Duncan auf dem Beifahrersitz Platz nahm. Das Auto stand mit laufendem Motor am Straßenrand vor der Kirche.
»Von der Lower East Side.« Duncan sah ihn an.
»Hat Sie auch niemand dabei beobachtet?«
»Der Eigentümer. Ganz kurz. Aber er wird nichts davon erzählen.« Er klopfte auf seine Tasche, in der die Pistole steckte. Dann nickte er in Richtung der Straßenecke, hinter der er am Vormittag den Studenten ermordet hatte. »Ist die Polizei aufgetaucht?«
»Nein. Zumindest habe ich keine gesehen.«
»Gut. Die Müllabfuhr hat den Container wahrscheinlich geleert, und die Leiche befindet sich inzwischen auf einem Lastkahn und fährt aufs offene Meer hinaus.«
Schlitz ihm die Augen auf ...
»Was war in dem Parkhaus los?«, fragte Vincent.
Duncan verzog das Gesicht. »Ich bin nicht an den Explorer herangekommen. Es waren gar nicht mal so viele Cops dort, aber dafür irgendein Obdachloser. Er hat jede Menge Lärm gemacht. Dann habe ich Schreie gehört, und die Beamten kamen angerannt. Ich musste verschwinden.«
Sie fuhren los. Vincent hatte nicht die geringste Ahnung, wohin sie wollten. Der Buick war alt und roch nach Zigarettenrauch. Wie sollte Vincent ihn nennen? Der Lack war dunkelblau, aber »Blaumobil« war nicht witzig. Der clevere Vincent fühlte sich derzeit nicht sonderlich geistreich und schwieg einige Minuten. »Was ist Ihr Leibgericht?«, fragte er dann.
»Mein...?«
»Essen. Was essen Sie gern?«
Duncan kniff ein wenig die Augen zusammen. Das machte er oft, wenn er ernsthaft über eine Frage nachdachte und sich sorgfältig
eine Antwort zurechtlegte. Diesmal aber war er überfragt. Er lachte leise auf. »Weißt du, ich esse nicht besonders viel.«
»Aber Sie müssen doch irgendein Lieblingsessen haben.«
»Darüber habe ich noch nie
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