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Gehetzte Uhrmacher

Titel: Gehetzte Uhrmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Deaver
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waren die Täter . Wir haben die Laster selbst überfallen.«
    »Soll das heißen, ihr habt heute Abend...« Die Worte bleiben ihr im Hals stecken.
    »O Amie, nicht nur heute Abend. Schon seit einem Jahr. Seit einem ganzen verfluchten Jahr. Wir hatten in den Lagerhäusern Mittelsmänner, die uns die Lieferungen angekündigt haben. Dann haben wir die Lastwagen rausgewinkt und... Na ja, du weißt schon. Die Einzelheiten erspare ich dir.« Er reibt sich das verstörte Gesicht. »Wir haben es gerade erst erfahren – gegen uns wurde Haftbefehl erlassen. Jemand hat uns verraten. Die haben uns kalt erwischt. O Mann, sind wir geliefert.«
    Sie denkt an die Nächte zurück, die er unterwegs gewesen ist, um gegen die Räuber zu ermitteln. Mindestens einmal pro Woche.
    »Ich bin da irgendwie reingeraten. Ich hatte keine Wahl...«
    Sie braucht nicht darauf zu reagieren, braucht nicht zu sagen: Ja, ja, ja, mein Gott, wir haben immer eine Wahl. Amelia Sachs flüchtet sich nie in Ausreden, und die Vorwände anderer stoßen bei ihr auf taube Ohren. Er weiß das natürlich, denn es ist Teil ihrer Liebe.
    Es war Teil ihrer Liebe.
    Und er hört auf, es zu versuchen. »Ich hab’s versaut, Amie. Ich hab’s versaut. Ich bin nur hergekommen, um es dir zu erzählen.«
    »Wirst du dich stellen?«
    »Ja, vermutlich. Ich weiß nicht, was ich machen werde. Scheiße.«

    Sie ist wie betäubt. Ihr fällt nichts ein, das sie sagen könnte, kein einziges Wort. Sie denkt an die gemeinsame Zeit – die Stunden auf dem Schießstand, in den Cocktailbars am Broadway oder hier in ihrer Wohnung, vor dem alten Kamin.
    »Die werden mein Leben unter dem Mikroskop auseinandernehmen, Amie. Ich werde schwören, dass du sauber bist und nichts damit zu tun hast. Aber man wird dir jede Menge Fragen stellen.«
    Sie will ihn fragen, warum er es getan hat. Welchen Grund er, um alles in der Welt, dafür gehabt haben könnte. Nick war in Brooklyn aufgewachsen, ein typisch gut aussehender, aufgeweckter Junge aus der Nachbarschaft. Als er in schlechte Gesellschaft geriet, bläute sein Vater ihm genug Vernunft ein, dass er wieder auf den rechten Weg fand. Wieso dieser Rückfall? Liegt es am Nervenkitzel? Ist es das Geld? (Auch das hat er vor ihr geheim gehalten, wird ihr nun klar; wo hat er es die ganze Zeit versteckt?)
    Warum?
    Aber sie kommt nicht mehr dazu.
    »Ich muss jetzt gehen. Ich melde mich bei dir. Ich liebe dich.«
    Er küsst sie auf den reglosen Schopf. Dann geht er zur Tür hinaus.
    Nun dachte Sachs an jene unendlich langen Momente zurück, an die endlose Nacht, als die Zeit stehen blieb und sie dasaß und dabei zusah, wie die Kerzen zu kastanienbraunen Wachspfützen herunterbrannten.
    Ich melde mich bei dir ...
    Aber er hatte sich nie mehr gemeldet.
    Dieser doppelte Schlag – Nicks Verbrechen und der Tod ihrer Beziehung – hatte Amelia hart getroffen; sie beschloss, aus dem Streifendienst auszuscheiden und sich einen Schreibtischjob zu suchen. Nur durch das zufällige Zusammentreffen mit Lincoln Rhyme änderte sie letztlich ihre Entscheidung und behielt die Uniform an. Doch seit diesem Vorfall waren korrupte Polizisten ihr auf das Tiefste verhasst. Sie verabscheute sie mehr als lügende Politiker, treulose Ehepartner und skrupellose Verbrecher.
    Aus diesem Grund musste sie unbedingt der St.-James-Geschichte nachgehen und herausfinden, ob eine Gruppe käuflicher Cops des Hundertachtzehnten Reviers darin verwickelt war. Und falls ja, würde nichts sie davon abhalten können, diesen Beamten
und ihren Komplizen aus dem organisierten Verbrechen das Handwerk zu legen.
    Sachs hielt mit dem Camaro am Straßenrand, legte die NYPD-Parkerlaubnis auf das Armaturenbrett und stieg aus. Dann knallte sie die Tür so heftig zu, als wolle sie ein Loch schließen, das sich zwischen der Gegenwart und ihrer schwer zu bewältigenden Vergangenheit aufgetan hatte.
     
    »Verflucht, ist das eklig.«
    Der Streifenbeamte, der neben seinen Kollegen in der oberen Etage des Parkhauses stand, in der man den Wagen des Uhrmachers gefunden hatte, blickte auf eine bäuchlings daliegende Gestalt hinab.
    »O Mann, das kannst du laut sagen«, erwiderte einer seiner Kameraden. »Meine Güte.«
    »Igitt«, gab ein anderer unwillkürlich von sich.
    Sellitto und Bo Haumann kamen herbeigelaufen.
    »Sind Sie in Ordnung? Geht es Ihnen gut?«, rief Sellitto.
    Er meinte Ron Pulaski, der keuchend über dem Mann am Boden stand. Sie waren beide mit stinkendem Müll bedeckt. Pulaski nickte. »Ich hab

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