Gehirnfluesterer
Jahren. Und in all der Zeit waren die Studenten ohne Ausnahme neurologisch
völlig immun gegen den Nebeneffekt dieser Regeln. Jedes Mal sahen sie nur eine erstklassige Gelegenheit, etwas für nichts
zu bekommen. Oder wenn nicht für nichts, dann doch für weniger als ein Pfund. Er muss verrückt sein, denken sie. Zuerst wird
in der Regel ein Penny geboten. Überraschung, Überraschung. Dann zwei Pence, dann drei. Und so weiter und so fort. Jeder ist
dabei. Jeder lässt sich für dumm verkaufen.Dann plötzlich, wenn die Gebote die Höhe von 50 / 51 erreichen, winkt ein Vermögen. Mein Freund schreibt schwarze Zahlen. Man denke mal. Wenn die Auktion zu dem Zeitpunkt beendet
wird, dann hat er nach den Regeln des Spiels schon einen Penny Gewinn gemacht. Was für eine Abzocke!
Aber die Auktion ist natürlich nicht zu Ende. Sie läuft und läuft. Es ist nicht unüblich, dass das eine Pfund für zwei Pfund
weggeht, mit einem Nettogewinn von fast drei Pfund (zwei vom Gewinner der Auktion und 1.99 vom zweithöchsten Bieter). Was
als gute altmodische Gier beginnt, artet aus in einen gegenseitigen und sich gegenseitig schädigenden Raubzug. Wir stehen
nicht nur im Wettbewerb, um unsere Gewinne zu maximieren, sondern auch unsere Verluste. Wer hätte das gedacht.
Was du nicht willst, das man dir tu
Im Jahr 1993 hatte Manchester United zum ersten Mal seit 26 Jahren den englischen Meistertitel geholt. Unter seinem heute legendären Trainer Sir Alex Ferguson war der Verein stets unter
den ersten zehn gewesen. Noch immer managt Ferguson Manchester United und ist inzwischen Englands längstgedienter und erfolgreichster
Fußballcoach. Um zu erreichen, was er erreicht hat, müssten seine Kollegen ganz schön früh aufstehen. 1993 jedoch standen
die Dinge anders. Denn bis zu diesem Titel hatte der Trophäenschrank von Manchester United kaum Neuzugänge verzeichnet. Ferguson
musste fürchten, dass der plötzliche Sieg seiner Mannschaft zu Kopf steigen würde.
Manche Trainer hätten vielleicht ihre Spieler einfach machen lassen. Sollten sie den hart erkämpften Ruhm doch genießen. Auch
Ferguson tat das – bis zu einem gewissen Punkt. Doch sein Blick richtete sich in die Zukunft, er wollte noch mehr Titel. Und
er entwarf einen Plan, der ihn und die Mannschaft dorthin bringen sollte.
Er holte nicht nur das Beste aus seinen Spielern heraus, er erschreckte sie auch zu Tode. Er selbst erzählt das so: »Ich sagte
ihnen,dass ich mir drei Namen aufgeschrieben und den Zettel in einen Umschlag gesteckt habe. Das seien die drei Spieler, die uns
in der nächsten Saison enttäuschen würden. Sie sahen einander an und sagten sich: ›Na, ich werde das nicht sein!‹ Das Gleiche
in der nächsten Spielzeit …
Natürlich gab es gar keinen Umschlag
… Es war nur eine Herausforderung für sie, denn es war nicht leicht, mit dem Erfolg klarzukommen.«
Fergusons Strategie traf ins Schwarze. Nicht nur, dass Manchester United die Meisterschaft auch 1994 holte, die Spieler haben
inzwischen unter dem alten Fuchs von Trainer insgesamt 21 große Titel erkämpft. Der Erfolg stieg ihnen zu Kopf, aber auf eine
konstruktive Weise. Sie wollten
mehr
. Und warum? Ferguson hatte sie gewissermaßen unter Dauerbeeinflussung gesetzt, indem er alle gleichermaßen niedrig einstufte.
Auf diese Weise infizierte er alle Spieler mit dem Virus der Anbindung. Ferguson nutzte das uralte, fest verankerte Bedürfnis,
zum Team (zur Gruppe) zu gehören. Ein ziemlich einfacher Trick.
Einer meiner Freunde, der bei der Polizei ist, nutzt im Umgang mit problematischen Jugendlichen eine ganz ähnliche Strategie.
Richard Newman, Mitarbeiter des Youth Offending Team in Cambridge, verweist darauf, dass gerade Teenager sehr empfänglich
seien für Gruppendruck. Darum wirke eine Ansage wie: »Du schadest auch allen anderen« häufig sogar da, wo Milde und Strenge
versagen. Er illustriert das mit einem Ereignis, das sich vor einigen Jahren beim Zoobesuch einer Gruppe zutrug:
»Es saßen fünfzehn Kids in unserem Van und einer von ihnen, ein wirklich harter Brocken, weigerte sich, den Sicherheitsgurt
anzulegen. ›Gavin‹, sagte ich, ›leg den Gurt an, sofort.‹ Er reagierte nicht. So fuhr ich links ran und sagte, ich wolle mit
ihm sprechen, draußen. ›Na los‹, sagte Gavin, als er aus dem Van geklettert war, ›verpass mir eine!‹ Ich antwortete: ›Gavin,
ich werde dich nicht schlagen. Aber ich sage dir Folgendes:
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