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Gehirnfluesterer

Gehirnfluesterer

Titel: Gehirnfluesterer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Dutton
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Sie wollen wahrscheinlich
     keine Bauarbeiten machen lassen, aber kennen Sie vielleicht jemanden, der etwas zu bauen hat – einen Freund oder Verwandten,
     den Freund eines Freundes?‹
    Weil ich sie zum Lachen gebracht habe und weil sie denken, ich habe ihnen einen Gefallen getan, weil ich sie nicht gedrängt
     habe, nennen sie mir in der Regel ein paar Namen oder fordern mich auf zurückzurufen, nachdem sie ein bisschen rumtelefoniert
     haben. Und ich frage sie dann auch ausdrücklich, ob das in Ordnung ist. Sage: ›Ist es okay für Sie, wenn ich zurückrufe?‹
     Und sie sagen: ›Ja.‹ Klingt trivial, aber das ist wichtig. Dann erscheint die Sache wie ein Vertrag. Die Abmachung wird bekräftigt,
     ist so etwas wie ein verbaler Handschlag.
    Großartig, nicht? Nach zwei oder drei Minuten am Telefon arbeiten die für mich! Vielleicht sollte ich den Leuten wirklich
     ein paar Prozente geben. Der nächste Anruf ist dann nicht mehr kalt. Er ist wie eine Überweisung. Eine Liebe ist der anderen
     wert und all das   …«
    Eigentlich gehört Pat Reynolds ins vorige Kapitel. Oder nicht? Ich kann mich nicht entscheiden: Ist er ein erstklassiger Trickbetrüger
     oder ungewöhnlich gut in dem, was er macht? Vielleicht stimmt beides. Wie auch immer – wie er die Werbetrommel rührt, macht
     uns mit einem neuen Stil von Framing bekannt. Hier wirkt nicht das Virus der Aufmerksamkeit, sondern das der Anbindung. Ein
     Virus, das im Geschäftsleben so allgegenwärtig ist wie – leider – in Beziehungen. Stichwort: emotionale Erpressung.
    Anders als in der Ehe muss emotionale Erpressung im Geschäftsleben jedoch subtil geschehen. Predigten, Vorträge, Anweisungen
     und Einschüchterungen sind so nützlich wie ein Ausschaltknopf beim Rauchmelder. Der erfolgreiche Verkäufer tritt vorsichtig
     auf, wie Pat Reynolds.
    Schauen wir uns seine Methoden genauer an. Nicht jeder, der in einem Callcenter arbeitet, macht solche Umsätze; auch habennicht alle ein Kabrio auf dem Parkplatz stehen. Der Mann verdient eine Menge Geld, wo andere einfach scheitern. Wie gelingt
     ihm das? Indem er zurückkehrt zu den Anfängen, in eine Zeit, in der man zur Beeinflussung anderer nur das Mittel der Sprache
     hatte. Aus den Tiefen der menschlichen Evolution hat er einen der mächtigsten Geister freigelassen, die den Menschen bekannt
     und dienstbar sind: das Prinzip der Reziprozität.
    Robert Cialdini, Professor für Psychologie und Marketing an der Arizona State University, hat gezeigt, wie mächtig dieses
     Prinzip ist und dass es zu Recht zum Arsenal der besten Verführer gehört. Seine Studie befasst sich, zumindest oberflächlich
     gesehen, mit individuellen Unterschieden in altruistischem Verhalten. Ihr eigentliches Thema jedoch ist die Frage, wie die
     Bereitschaft entsteht, jemandem Folge zu leisten.
    Cialdini und seine Kollegen gingen folgendermaßen vor: Zunächst sprachen sie Passanten auf der Straße an, wobei sie die zufällig
     Angesprochenen in zwei Gruppen teilten. Beiden Gruppen stellten sie eine Frage. Die Versuchspersonen der ersten Gruppe sollten
     sagen, ob sie bereit seien, mit Insassen eines Jugendgefängnisses einen Ausflug in den Zoo zu unternehmen. Nur wenige zeigten
     sich interessiert, gerade einmal siebzehn Prozent. Für die zweite Gruppe wurde das Setting der Beeinflussung leicht verändert.
     Sie nämlich sollten zunächst erklären, ob sie bereit seien, in den nächsten Jahren wöchentlich zwei Stunden als ehrenamtliche
     Berater im Jugendgefängnis zu arbeiten. Keiner der Befragten, Überraschung, Überraschung, war dazu bereit. Aber dann geschah
     etwas Merkwürdiges.
    Cialdini und seine Kollegen reagierten nämlich auf diese einmütige Ablehnung mit der Frage, die sie auch der ersten Gruppe
     gestellt hatten: »Gut, wenn Sie sich dazu nicht in der Lage sehen, wären Sie dann vielleicht bereit, mit Insassen des Jugendgefängnisses
     einen Ausflug in den Zoo zu machen?« Und die positive Reaktion stieg auf fünfzig Prozent, war also fast drei Mal so hoch wie
     in der ersten Gruppe.
    Man muss kein Genie sein, um zu erkennen, was hier ablief. Die Macht der Reziprozität, schloss Cialdini, wird nicht nurdurch das Verteilen von Geschenken und Gefälligkeiten wirksam. Sie greift auch bei Konzessionen, die wir einander machen.
     Wenn Sie meine große Bitte abschlagen und ich Ihnen – scheinbar – entgegenkomme und aus meiner großen eine kleine Bitte mache,
     werden wahrscheinlich auch Sie nachgeben, und wir werden uns

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