Gehirnfluesterer
vorzustellen,
sie befänden sich in einem Einzelhandelsgeschäft und wollten etwas kaufen, etwa ein Fernsehgerät mit hochauflösendem Plasma-Bildschirm.
Der Verkäufer nennt ihnen einen bestimmten Preis. Auf dessen Basis sollten sie den Einkaufspreis schätzen. Die Kunden wurden
in drei Gruppen aufgeteilt; der ersten wurde gesagt, das Gerät koste 5000 Dollar, der zweiten 4988 Dollar und der dritten 5012 Dollar.
Halten Sie es für möglich, dass diese verschiedenen Ankerpunkte – deren objektive Unterschiede in Bezug auf die Gesamtsummemarginal sind – einen Einfluss hatten auf die von den Teilnehmern geschätzten Einkaufspreise? Ja, hatten sie, und zwar einen
nicht unbeträchtlichen.
Die Kunden, denen ein Preis von 5000 Dollar genannt wurde, taxierten den Einkaufspreis deutlich niedriger als die anderen Käufergruppen, denen viel präzisere Zahlen
genannt worden waren. Außerdem schätzten die Kunden mit der Preisvorgabe von 5000 Dollar den Einkaufspreis deutlich häufiger in runden Zahlen als die anderen.
Die Frage ist, warum?
Zur Interpretation der Ergebnisse fragten sich Janiszewski und Uy, wie das Gehirn vorgeht, wenn es solche Differenzen berechnet.
Welcher Struktur folgt der Vergleichsvorgang? Oder, genauer: Mit welchen Maßeinheiten operiert das Gehirn? Könnten diese Maßeinheiten
variieren? Sind sie abhängig von bestimmten Eigenschaften des Ausgangspreises? Nehmen wir an, wir gehen in einen Laden und
entdecken einen Radiowecker mit Display für 30 Dollar. Wir sehen das Radio und denken: Dieses Radio ist in Wirklichkeit nur 28 oder 29 Dollar wert; denken also in
ganzen
Zahlen. Sollte es aber 29,95 Dollar kosten, dann glauben wir möglicherweise
immer noch
, dass es weniger wert ist als der verlangte Preis – aber der Maßstab, mit dem wir die Disparität bewerten, ändert sich. Jetzt
sind die Intervalle kleiner. Anstatt in ganzen, runden Summen zu denken, denken wir jetzt in Kleingeld. Wir meinen vielleicht,
das Radio dürfte eigentlich nur 29,75 Dollar oder 29,50 Dollar kosten, dies sei sein »wirklicher« Wert. Das ist eine kleinere Differenz, als wenn wir in ganzen Zahlen denken. Und
das Objekt der Begierde erscheint eher fair taxiert.
Um ihre Theorie zu überprüfen, verließen Janiszewski und Uy das Labor und begaben sich ins wirkliche Leben, und zwar nach
Alachua County, Florida. Dort sahen sie sich Grundstücke an und verglichen die Listenpreise von Häusern mit den Summen, für
die sie tatsächlich verkauft wurden. Wie sie erwartet hatten, kamen die Verkäufer, die ihre Häuser mit genaueren Preisen auf
den Markt brachten (z. B. mit 596 500 statt 600 000 Dollar) in der Regel näher an den Preis heran, den sie erzielen wollten, als diejenigen,die runde Summen aufgerufen hatten. Und das war noch nicht alles. Als der Markt einbrach, verloren Häuser, die für runde Summen
angeboten wurden, mehr an Wert als diejenigen, für die »unrunde« Preise verlangt wurden. Und das innerhalb von ein paar Monaten.
Einwickeln und mitreißen
In der direkt auf unsere Emotionen, auf den Bauch zielenden Werbung, der Werbung rund ums Essen und Trinken beispielsweise,
wirken Framing und Schlussfolgerung oft direkt zusammen. Denn diese Werbung wirkt direkt auf die Neurophysiologie – um auf
hinterhältige Art und Weise unbewusste Veränderungen in den unteren Schichten unserer Sinneswahrnehmung auszulösen. Nehmen
wir die Getränkeindustrie. Cheskin, ein Marktforschungsinstitut in Kalifornien, experimentierte mit unterschiedlichen Grundfarben
für 7-Up -Dosen. Manche Dosen waren gelb, andere grün. In beiden Fällen war das Getränk, das sie enthielten, das gleiche. Hätten die
Kunden nicht verrückt gespielt, hätte man sich bei 7-Up vielleicht amüsiert. Aber so wurde das Projekt eingestellt. Denn die Käufer der gelben Dosen erklärten, das Getränk schmecke
ungewöhnlich »zitronig«, diejenigen, die zu grünen Dosen gegriffen hatten, beklagten sich, der Mix schmecke zu sehr nach –
Sie haben es erraten – Limone. »Wenn wir spontan sagen sollen, ob ein Nahrungsmittel gut schmeckt oder nicht«, sagt Darryl
K. Rhea, Geschäftsführer bei Cheskin, »reagieren wir nicht nur auf das, was uns Geschmacksnerven und Speicheldrüsen mitteilen,
sondern auch auf das, was wir sehen, auf Erinnerungen und Vorstellungen.«
Der gleichen Ansicht ist David Deal, Chefdesigner bei der Deal Design Group in San Diego. Angenommen wir
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