Gehirnfluesterer
welche? Was meinen Sie? Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass Ihre Entscheidung weniger mit einer objektiven Prüfung der
Fakten als mit etwas anderem zu tun hat … nämlich, auf wessen Seite Sie stehen. Wenn Sie glauben, dass Behörden rassistisch sind, wenn Ihre Rechte als Eigentümer
in der Vergangenheit verletzt wurden, wenn Sie von der Polizei misshandelt wurden, dann werden Sie die Polizei für schuldig
halten. Wenn Sie ein in der Wolle gefärbter Republikaner sind und denken, dass Obama ein muslimischer Fanatiker ist, der mit
Terroristen sympathisiert, dann werden Sie anders urteilen. Der Konflikt erregte nationales Aufsehen. Schließlich lud Obama
die beiden Protagonisten auf ein Bier ins Weiße Haus ein. Das Treffen wurde als »Bier-Gipfel« berühmt. Keiner der Kontrahenten
gab nach. Sie verständigten sich darauf, dass sie unterschiedlicher Meinung waren, und versprachen, wieder miteinander zu
reden. Bitte sehr, da haben wir es: Obama mischte sich ein, weil sein Freund Gates auch schwarz ist. Wahrscheinlich hat Gates
einen Komplex und hat den Polizisten provoziert!
Den Bestätigungszwang haben wir alle. Die meisten von uns schließen sich keiner Sekte an. Aber wir alle unterliegen der latenten
Schwerkraft unserer eigenen hochgeschätzten Meinungen. In Jonestown bestätigte der Wortbeschuss durch Reverend Jim Jones seinen
Anhängern Tag für Tag, dass ihre Sache gerecht sei und dass am Ende der Tod Frieden und Gerechtigkeit bringen werde. Kommt
Ihnen das bekannt vor? Achten Sie mal auf die täglichen Nachrichten aus Afghanistan.
Eine neue Studie der Psychologen Scott Wiltermuth und Chip Heath von der Stanford University legt nahe, dass der Unterschied
zwischen Sekten und Militär geringer ist, als man meinen möchte. Soldaten üben das Marschieren im Gleichschritt. ReligiöseGruppen integrieren ritualisiertes Singen und Psalmodieren in ihre Gottesdienste.
Aber warum?
Wiltermuth und Heath haben festgestellt, dass Gruppen, deren Mitglieder sich synchron bewegen, einen größeren Zusammenhalt
aufweisen, die Neigung, mehr miteinander zu kooperieren, als Gruppen, in denen das nicht stattfindet. Sogar dann, wenn sie
es nur für Geld taten. Haben sich Synchronismus und Ritual deshalb entwickelt und waren die Gründe dafür, dass manche Gruppen
florierten und andere untergingen? Das könnte wohl so gewesen sein.
Der Sozialpsychologe Miles Hewstone hat Studenten unterschiedlicher Glaubensrichtungen befragt, Muslime und Hindus. Sie sollten
einschätzen, ob Leute ihres eigenen Glaubens ihnen helfen würden, wenn sie in Not gerieten, oder nicht. Danach bat er sie,
dieselbe Frage für die andere Glaubensgruppe zu beantworten. Im Anschluss sollten sie sagen, was ihrer Meinung nach der Grund
für das Verhalten des jeweiligen muslimischen oder hinduistischen Pendants war. Würden sie, weil es sich aufdrängte, stark
Partei für ihre eigene Glaubensrichtung ergreifen und die andere schlechtmachen? Oder würden sie unparteiisch bleiben?
Das blieben sie nicht. Muslime wie Hindus nannten innere, persönliche Faktoren als Grund für den Altruismus in ihrer Gruppe
und äußere, situationsbedingte Faktoren als Grund für Altruismus außerhalb der Gruppe. Anders gesagt: Mitglieder der eigenen
Gruppe handeln aus eigenem Antrieb und weil sie gute Menschen sind. Und sie würden bei der nächsten Gelegenheit genauso handeln.
Bei Menschen, die nicht zur eigenen Gruppe gehörten, wurde angenommen, dass sie nur halfen, wenn sie gar nicht anders konnten.
Und dass es sehr unwahrscheinlich sei, dass sie das beim nächsten Mal wieder tun würden.
Als es aber um die Frage ging, ob Mitglieder der eigenen Gruppe nicht helfen würden, gerieten beide Gruppen in Verlegenheit.
Dann wurde, wie zuvor bei Fremden, gesagt, für ein solches Verhalten könne es nur äußere Ursachen geben, weil ihnen aus irgendeinem
Grund die Hände gebunden seien. UnglücklicheUmstände, Einzelfälle. Und was war mit den Nicht-Gruppenmitgliedern, die nicht halfen? Na, das war nun wirklich ganz einfach.
So sind die eben. Rücksichtslos, charakterlos, total egoistisch.
Aber wie wir die Dinge sehen, wird nicht nur dadurch beeinflusst, was wir über
andere
denken. Genauso wichtig ist, wie wir
uns selbst
wahrnehmen. Englische Hooligans sind nicht gerade für ihr zivilisiertes Verhalten bekannt. Vor der Fußballweltmeisterschaft
2006 in Deutschland äußerte die deutsche Polizei sich jedoch äußerst wohlwollend
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