Gehirnfluesterer
Denkvorgänge 1966 entwickelt,
der Psychologe Peter Cathcart Wason. Die Aufgabe scheint einfach, doch das täuscht: Fast jeder, der sich ihr stellte, tippte
daneben. Ich auch. Instinktiv glauben die meisten Leute, sie müssten die Karten »3« und »rot« umdrehen. Hätten auch Sie sich
für diese Karten entschieden? Wenn dem so ist, lassen Sie uns darüber nachdenken, was Sie auf den Rückseiten zu finden hoffen.
Angenommen, Sie wählen die Karte »3«, drehen sie um und entdecken auf deren Rückseite – »rot«. Aha, denken Sie, da haben wir
’s. Die Regel stimmt nicht. Doch reicht das aufgedeckteRot tatsächlich, um die Regel zu widerlegen? Erinnern wir uns an den genauen Wortlaut der Eingangsvoraussetzung: »Wenn eine
Karte eine gerade Zahl zeigt, dann trägt ihre Rückseite eine der Primärfarben.« Wird diese Regel widerlegt, wenn die »3« auf
der Rückseite »rot« zeigt?
Nein. Denn dass die Rückseite der Karte »3« in diesem Fall »rot« zeigt, heißt noch lange nicht, dass eine andere Karte mit
»rot« keine »2« oder »4« verbergen kann. Das gilt auch, wenn Sie die Karte »rot« umdrehen und auf der anderen Seite eine »5«
entdecken. Wir sind dann genauso schlau wie zuvor. Denn dass »rot« die Rückseite einer »5« ist, schließt nicht aus, dass es
auch die Rückseite einer »4« sein könnte.
Wenn wir aber die Karte »braun« umdrehen und eine »4« entdecken, dann ist unsere Aufgabe erfüllt: Diese Karte widerlegt die
Regel. Ebenso eine Karte mit einer »8« und schwarzer Rückseite. Die richtige Lösung also hätten wir gefunden, wenn wir die
»8« und »braun« umgedreht hätten. Wir können die Wahrheit der Regel nur anfechten, wenn wir versuchen, sie zu widerlegen.
Wir müssen also aktiv nach Beispielen suchen, die ihr nicht entsprechen.
Was aber tun die meisten von uns stattdessen? Und zwar völlig unbewusst? Wir suchen nach Beispielen, die der Regel entsprechen.
Will sagen, wir versuchen meistens und ohne es zu bemerken, das zu
bestätigen
, was wir schon wissen.
Oberflächlich betrachtet
Dieser kleine Test liefert also einen konkreten Beweis für die Macht des Glaubens. Dass das Zeug, das wir in unseren Köpfen
bereits herumtragen, oft das Auswahlkomitee für alles bildet, was wir noch aufnehmen. Und dabei geht es bei Wasons Test noch
nicht einmal um irgendetwas Wichtiges. Er löst keine großen Leidenschaften oder Gefühle aus. Was die Karten auf ihren zwei
Seiten zeigen und ob sich die genannte Regel bestätigt, interessiert niemanden besonders. (Sollten Sie andersdenken, dann fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.) Die Sache mit den Karten ist eine kleine Denksportaufgabe, mehr nicht.
Im Jahr 1979 haben der uns schon bekannte Psychologe Mark Snyder und seine Kollegin Nancy Cantor ein inzwischen ebenfalls
klassisches Experiment durchgeführt. Es zeigte die Macht des Bestätigungszwanges nicht im Labor, sondern draußen im richtigen
Leben. Da, wo täglich Entscheidungen getroffen werden. Die Teilnehmer des Experiments erhielten von Snyder und Cantor die
Beschreibung einer Person namens Jane. Darin wurde sie als gleichermaßen introvertiert wie extravertiert dargestellt. Ein
paar Tage später sollten die Teilnehmer des Versuchs sie als Bewerberin für einen Job einschätzen. Einmal ging es um einen
extravertierten Job, Immobilienmaklerin, das andere Mal um einen introvertierten, Bibliothekarin. Und was geschah? Jede Gruppe
erinnerte sich vor allem an die Eigenschaften in ihrer Vita, die zu dem jeweiligen Job passten.
Dasselbe Prinzip gilt beim Placebo-Effekt. Es gibt eine amüsante und originelle, obwohl traurigerweise nicht publizierte Studie
zum Einfluss von unterschwelligen Botschaften auf die soziale Interaktion. Eine Gruppe von Studenten bekam das Wort SEX mit
Sonnenschutzmittel auf das Gesicht gemalt. Dann mussten sie ins Freie und sich bräunen. Sie blieben lange genug in der Sonne,
dass die Wirkung der Schrift ganz leicht erkennbar war. Im Lauf der folgenden Woche sollten sie ein Tagebuch über ihre sozialen
Kontakte führen.
Hatte diese unterschwellige »Kommunikation« eine Auswirkung auf ihre Kontakte mit anderen?
Fast drei Viertel der Teilnehmer berichteten von mindestens einer neuen Erfahrung – und schrieben das der Botschaft auf ihren
Gesichtern zu. Sie bekamen mehr Aufmerksamkeit von Mitgliedern des anderen Geschlechts und wurden besser behandelt von Verkäufern
und Kommilitonen.
Doch es gab noch eine
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