Gehirnfluesterer
wir die beiden gegensätzlichen Behauptungen –
Jeder Mensch denkt anders
und
Es gibt für jede Beeinflussung drei Konstanten
– miteinander in Einklang bringen? Lässt sich tatsächlich
jede
erfolgreiche Beeinflussung, gleich wie sie daherkommt und bewirkt wird, unter die »drei A’s« subsumieren? Oder gibt es Fälle,
die unser Modell nicht erklärt? Gibt es da noch etwas, das auch Keith Barrett in all den Jahren entgangen ist? Um diese Frage
beantworten zu können, wurde ich zum Sammler.In einem Zeitraum von achtzehn Monaten legte ich eine »Beeinflussungsdatenbank« an: eine Sammlung von über hundertfünfzig
Beispielen für plötzliche, dramatische Wendungen einer Situation. Beispiele, von denen ich dachte, dass sie wesentlich sind,
um die DNS der Beeinflussung zu entschlüsseln. Wenn die drei A’s die typischen Elemente von Überzeugung sind, wenn sie die
Basis für die Manipulation des Denkens bilden, wo tauchen sie dann am häufigsten auf? In dramatischen Situationen, in Angelegenheiten
von Leben oder Tod? Oder wenn vermeintliche Sterneköche sich in der Businessclass aufblasen?
Nachdem das Sammeln der Fälle an Fahrt gewonnen hatte, fand ich ein paar Freiwillige, die ich bat, diese Szenarien zu lesen.
Und dann aufzuschreiben, welche Faktoren ihrer Ansicht nach am meisten für das Ergebnis verantwortlich waren. Dieses Ergebnis
war auch erstaunlich. Es kristallisierte sich heraus, dass es fünf Hauptachsen der Beeinflussung gibt:
Einfachheit (
simplicity
)
Gefühltes Eigeninteresse (
perceived self-interest
)
Überraschungseffekt (
incongruity
)
Selbstvertrauen (
confidence
)
Empathie (
empathy
)
Auf Englisch ergeben die Anfangsbuchstaben das schöne Wort SPICE.
Diese fünf Faktoren passen nicht nur zu den drei A’s von Keith Barrett, denn Einfachheit und der Überraschungseffekt erzeugen
Aufmerksamkeit; Selbstvertrauen führt zu Annäherung; Eigeninteresse und Empathie führen zu Anbindung. Es sind auch die Prinzipien
eingebunden, die, wie wir gesehen haben, im Tierreich so wichtig für Beeinflussung sind. Oder bei Säuglingen.
Es gibt da eine Art der Beeinflussung, die alle Einzelfaktoren verbindet. Sie geschieht innerhalb von Sekunden. Dadurch wird
das Blatt nicht nur gewendet, es wird völlig neu beschrieben. Zum Beispiel von ein paar Worten, die auf ein T-Shirt aufgedruckt sind.
EINFACHHEIT
Farbenblind
Ich erinnere mich an eine Geschichte, die vor ein paar Jahren in einer Londoner Lokalzeitung stand. Ein älterer Farbiger fuhr
mit dem Bus von der Arbeit nach Hause. An einer Haltestelle stieg ein Betrunkener ein und fand keinen Sitzplatz. »Steh auf,
du fetter schwarzer Niggerbastard«, schrie er den Farbigen an. »Sie wagen es, mich fett zu nennen?«, antwortete der. Alle
im Bus brachen in Gelächter aus, und der Betrunkene verzog sich. Die Katastrophe war mit ein paar Worten abgewendet worden.
Die goldene Regel für jede Art von Beeinflussung, ob es nun um Politik, Werbung, Geschäfte oder soziale Unruhen geht, lautet,
dass es nicht nur wichtig ist, was man sagt, sondern wie man es sagt. Am besten so einfach wie möglich.
Die Forschung hat vielfach gezeigt, dass unser Gehirn einen Hang zur Vereinfachung hat. Nehmen Sie zum Beispiel folgende Addition.
Decken Sie das Ganze mit einem Stück Papier ab. Dann schieben Sie das Papier Zeile für Zeile nach unten und rechnen das Ganze
im Kopf zusammen:
Auf welches Ergebnis kommen Sie? Falls es 5000 sein sollte, versuchen Sie es noch einmal. Die richtige Antwort lautet: 4100. Wasging schief? Als Sie die vorletzte Zwischensumme von 4090 erreicht hatten, hat Ihr Gehirn angenommen, die Endsumme muss eine
schöne runde Zahl sein, und auf die Zahl gesetzt, die Ihnen da am schnellsten in den Sinn kam: 5000.
Beeinflussung Erster Klasse
Das Gefühl des Fließens im Gehirn, wenn es Informationen verarbeitet, ist ein wichtiges Anzeichen dafür, ob es mit dem Input
klarkommt oder nicht. Einfach ist gut, kompliziert ist schlecht. Deshalb ist Gehirnflüstern ein so machtvolles Instrument
der Beeinflussung. Zoologisch betrachtet enthält es das moderne menschliche Gegenstück zum Schlüsselreiz. Wie die besten Vertreter
der Kampfkunst – einigen werden wir noch begegnen – verschwenden Gehirnflüsterer wenig Energie. Genauso wie Kampfsportler
sich auf physische Druckpunkte konzentrieren, gehen Gehirnflüsterer gleich auf die psychologische Halsschlagader los. In ihrer
Kommunikation sind nur die
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