Gehoere ich halt nicht dazu
rastlos mit entschlossenem Gesichtsausdruck und mit dem bluttriefenden Messer durch verschiedene Sz e narien. Sie killt alles, was mir so zu killen gefällt. Auf ihrem Weg durch meine Welt darf sie alternativ oder zusätzlich zum vorsätzlichen Töten auch weitere Waffen sammeln oder wahlweise auch Gutes tun. Ein wenig Gott spielen. W a rum gibt’s das eigentlich noch nicht? „Play God“ für Playstation, X-Box und Nintendo. Schon wieder eine Idee, für die ich zu tr ä ge bin sie umzusetzen. Die Welt erschaffen und vernichten. Das wäre doch ein schönes Game. Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heil i gen Geistes. Erfunden von mir. Heilige Vierfaltigkeit.
Ich fange vielleicht doch besser erst einmal klein an. Ich ste u ere mit dem Joystick also meine Mutter mit dem Messer.
Das erste Szenario ist eine spanische Urlaubsinsel. Das Hotel Costa de la Baia. Drei Sterne. All inclus i ve. Meine Mutter mit dem Messer eilt die Türe in die Lobby rein. Klimaanlage. Sie atmet kurz und kühl durch. Das Messer blitzt auf und schon muss ein fetter Tourist aus Stuttgart in den Sand beißen, weil er eben in der Badehose ins Restaurant will. Es spritzt ein wenig helles Blut, der deutsche Urla u ber quiekt kurz auf und meine Mutter zeigt ihre blitzblanken Zähne. Sie läuft weiter in das Resta u rant. Mit dem Messer in der Hand. Im Eisschrank findet sie eine neue Waffe. Eine Bombe. Sie schmeißt diese gleich mitten in das einfallslose Buffet. Tiefkühlschnitzel, fertig gekaufte Sauce Carbonara, Dosenerbsen und deutsche, britische, österreichische Touristen, spanisches und tschech i sches Hotelpersonal fliegen durch die Gegend. Ich sammle dank meiner blutrünstigen Mutter Punkte um Punkte. Blutige Meilen der Gewalt. Das macht mich glücklich und stärker. Ich bin wer. Ich. Eiskalt steuere ich nach dem gediegenen Bu f fetmassaker meine Mutter und ihr Messer in die Hitze hinaus. Ich sehe s o viel Peinliches, Ekliges und Gewöhnliches, dass ich zuerst gleich Ausschau nach weiteren Eiskästen mit mögl i chen Bomben halte. Denn ich will schneller und effizienter töten. Der Kellner vor dem Eiskasten macht einen dummen Scherz und fletscht die Zähne. Schön. Somit kann ich das Me s ser meiner Mutter einsetzen. Ich will schließlich nicht ungerecht sein bei meinem und Mutters Amoklauf. Hinter meinem Rücken betritt ein Robbie Williams Double die An i mationsbühne. Ich warte auf die ersten Töne und erkenne sehr rasch, dass es hier nichts zu s ammeln gibt. Zerstörung ist stattde s sen angesagt. Mama ist gut. Sie ist echt gut. Was man vom falschen Robbie nicht behaupten kann. „…and through it all she offers me protection, a lot of love and affection...”
Mama benötigt nicht allzu viel Zeit und der falsche Ro b bie hängt am richtigen Mikrofonkabel und singt nicht mehr. Es ist vollbracht. Jetzt ist Mama plötzlich wieder ein wenig verwirrt und weiß nicht so recht, wo sie we i termorden soll. Oder ob sie überhaupt weitermorden soll. Oder ob sie Gutes tun soll. Oder ob sie eine Pause machen soll. Oder ob es wo ein So n derangebot gibt, für das es sich lohnt zu kämpfen. Oder ob sie das Messer einfach gegen sich selbst richten soll. Oder ob sie sich endlich mal um ihr Kind kümmern soll. Gott sei Dank. Da betreten Mamma Mia, die Diskont-Abba-Doubles die Anim a tionsbühne. Mutter ist gerettet. Das Messer ist wieder von ihr weg gerichtet. Björn, Benny, Anna-Frid und Agnetha. Vor dem Mord an Agnetha zögere ich ein wenig. Ich habe sie zu sehr verehrt , diese jungfräulich anmutende Blondine, die in me i ner Jugend Mutter und Geliebte, Mama und Hure gleichzeitig perfekt wie kein anderes Wesen dargestellt hatte. Aber das hier auf der Animationsbü h ne des Costa de la Baia ist ein Double. Ein schlechtes Double noch dazu. Sie bewegt sich nicht schlecht. Und sie hat einen geilen Arsch. Aber sie bele i digt Abba, wenn sie singt. Das Messer zieht weiter seine bl u tige Spur. A gnetha s blondes Haar verfärbt sich rot.
Jetzt scheint meine mordende Mutter nach neuen Wa f fen zu verlangen. Ich öffne den Kühlschrank und packe die vorgemixten Cocktails für die All Inclusive Gäste. Sie sind alle in riesigen Benzinkanistern abgefüllt. Eine perfekte Giftmischung für den Mama-Einsatz. Und die Pla s tikarmbänder, die alle All Inclusive Gäste rund um die Uhr tragen müssen, kann Mutter als Lasso einsetzen. Damit fängt sie gleich ein paar kleine br i tische Bengel, die Eiscreme am Boden verschmieren.
Irgendwann wird mir das Morden
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