Geht das denn schon wieder los?
vorbeieilenden Bedienung zu: »Einen Kognak bitte, aber einen dreifachen!«
Zehn Minuten später lag ich im Bett. Die Kirchturmuhr schlug halb. Halb was? Keine Ahnung, ist ja auch egal, morgen ist Sonntag. Nein, stimmt überhaupt nicht, heute ist doch schon morgen. Warum schaukelt eigentlich das Bett? Muss an der hiesigen Gegend liegen, ist ja auch ein bisschen bergig. Kann man sich aber dran gewöh …
Pünktlich zehn Minuten vor neun fingen die Glocken an zu läuten. Sollten sie es schon vorher mal getan haben, dann hab ich’s verschlafen, aber wenn vier oder fünf von diesen bronzenen Ungetümen auf einmal loslegen, und das nur ein paar Schritte vom Kopfkissen entfernt, dann wackelt das Bett! Also kroch ich aus demselben und schlurfte zum Fenster zwecks Begutachtung des Wetters und Besichtigung der zur Kirche eilenden Gläubigen.
Das Wetter war so, wie es gestern hätte sein sollen, nämlich sonnig, und das Thermometer schien sogar um einige Grade gestiegen zu sein. Nur die Bewohner dieses reizvollen Städtchens hatten das wohl noch nicht bemerkt, denn nur vereinzelt fanden sie sich vor der Kirche ein; kann man auch verstehen, neun Uhr ist einfach zu früh. Wenn man wochentags immer zwischen sechs und sieben aufstehen muss, dann will man doch wenigstens sonntags mal richtig ausschlafen und nicht bloß bis acht. Da sind die Kirchenoberen einfach zu unflexibel.
Fest davon überzeugt, dass Steffi und Hannes noch schlafen würden – auch sie gehörten zwangsläufig zu den Wochentag- Frühaufstehern – trödelte ich herum und rubbelte gerade meine Haare trocken, als es an die Zimmertür klopfte. »Bist du fertig?«, wollte Stefanie wissen. »Wir gehen jetzt frühstücken.«
»Noch nicht ganz. Ich komme in fünf Minuten nach!«
Anziehen, Haare föhnen, Sachen zusammensuchen, in den Koffer packen – wieso geht derselbe Kram hinterher nie auf Anhieb rein, obwohl er doch vorher auch drin gewesen war? –, also umpacken, Koffer endlich zu, letzter Rundblick, vergessenes Buch – lag halb unterm Kopfkissen – schnell in die Handtasche gestopft, Tür auf, geht nicht, hatte ich ja gestern selber abgeschlossen, wenigstens steckt diesmal der Schlüssel drin, manchmal ziehe ich ihn auch ab … und dann rein in den Lift.
Im Frühstückszimmer, das gestern noch zur Hälfte der Festsaal gewesen war, löffelte Steffi Müsli, während Hannes Rühreier mit Schinken gabelte – ein ungewohnter Anblick, denn bei uns begnügen sich die beiden mit Orangensaft und Kaffee. Dabei habe ich ihnen schon oft genug versichert, dass wir uns auch Cornflakes leisten können, Eier und manchmal sogar Schinken. Inzwischen habe ich es aufgegeben und mir die Standardfrage vorbehalten, nämlich: »Ja oder nein?«
Die Antwort lautet regelmäßig »Nein«, variiert aber insofern, als die Begründungen wechseln zwischen »Sowieso schon zu spät!« – »Überhaupt kein Appetit!« – »Wichtiger Termin!« oder, und das ist relativ neu: »Keine Zeit, muss noch tanken!«
Diesmal war ich es, die keinen Appetit hatte, anscheinend hatten sich die vielen verschiedenen Weinsorten nicht mit dem Spargelsalat und vor allem nicht mit den mitternächtlichen
Petits Fours
vertragen, ich wollte bloß einen Tee, der im Gegensatz zum Kaffee erst frisch aufgebrüht werden musste, und als wir an der Rezeption die Rechnung bezahlten, kam Frau Dr. Dr. Herrlich die Treppe herunter. »Ach, Sie fahren schon ab? Das finde ich aber sehr schade, ich hatte mich nämlich auf ein gemeinsames Frühstück gefreut.«
Natürlich bedauerten wir lebhaft, auf dieses Vergnügen verzichten zu müssen, aber … und jetzt wären wir uns beinahe in die Quere gekommen! Ich hatte nämlich vorgeben wollen, mit Freunden zum Mittagessen verabredet zu sein, während Hannes etwas vom Familientreffen faselte, das schon lange geplant sei, und spätestens in zwei Stunden würden die Ersten vor der Tür stehen.
»Schade«, meinte die Doppeldoktorin, »dann werden wir wohl mit unserem Wiedersehen bis zum nächsten Jahr warten müssen. Der Herr Professor Redlich wird auch da sein, er hat sogar versprochen, das nächste Mal pünktlich zu sein. Übrigens ein sehr sympathischer Mann, wir haben noch bis halb drei in der Hotelbar gesessen, und dann musste er ja noch ein Taxi für mich auftreiben! – Also dann, auf Wiedersehen und gute Heimfahrt!« Sie verschwand Richtung Frühstückszimmer und Hannes sah ihr aufatmend hinterher.
»Das
war’s, was sie noch loswerden wollte!« Er
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