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Geht das denn schon wieder los?

Geht das denn schon wieder los?

Titel: Geht das denn schon wieder los? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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wieder besser, doch dann verlor ich irgendwie den Überblick. War es nun die sechste Probe gewesen oder schon die siebente, bei der Herr Wolf das Aprikosen- und Birnenaroma besonders hervorgehoben hatte, und welches war der Wein mit der angenehm dezenten Blume gewesen, den ich mir doch hatte merken wollen? War alles weg!
    Wir kamen zu den Rotweinen. Die hatten nun wieder Kirsch- oder Brombeeraroma, auch mal eine leichte Johannisbeernote oder mundeten angenehm nach Waldfrucht.
    Nur nach Trauben schien kein einziger Wein zu schmecken!
    Allmählich näherten wir uns dem Ende der Weinreise. Doch vorher gebe es noch einen ganz besonderen Schluck, verkündete Herr Wolf und stieg auf eine Leiter, weil er sonst nicht an den kleinen Hahn vom Fass herankam. Er füllte eine Karaffe mit einer tief dunkelroten Flüssigkeit ab, und dann bekamen wir jeder wirklich nur einen einzigen Schluck von diesem »unvergleichlichen und kraftvollen Rotwein«, der auch wieder nach irgendeiner Frucht schmeckte, ich weiß nur nicht mehr, nach welcher. Ohnehin trinke ich viel lieber Rosé.
    Ganz zum Schluss gab’s roten Sekt zum Probieren. Der war allerdings bloß »aromatisch und gehaltvoll«, wovon, wurde nicht gesagt, war auch egal, es hörte sowieso niemand mehr hin. In der Ferne schimmerte nämlich Tageslicht von irgendwoher, und genau dorthin wollten wir jetzt alle, wenn auch aus verschiedenen Gründen.
    Ich wollte erst mal raus an die frische Luft und mit mir jene Nikotinjünger, die schon auf dem Weg nach draußen Zigaretten und Feuerzeug in Bereitschaft hielten. Hannes gehörte dazu, und Steffi kam mit, weil sie nicht allein mit der Doppeldoktorin am Tisch sitzen wollte. »Die ist mir einfach zu abgehoben!«
    Draußen war es noch taghell, aber ziemlich kühl, so dass wir nach ein paar tiefen Atemzügen ganz schnell wieder umkehrten.
    »Wenn ich daran denke, dass ich mir mal von einer Zigarette vorschreiben lassen musste, wann ich zu frieren habe, dann kann ich das heute überhaupt nicht mehr nachvollziehen!«, philosophierte Stefanie, während wir beide die Winzerstube ansteuerten. »Weißt du noch, wie wir an Svenjas Geburtstag nachts auf ihrem zugigen Balkon gestanden und uns den Hintern abgefroren haben, weil man bei ihr nicht mal in der geöffneten Tür rauchen durfte?«
    Und ob ich das noch wusste! Einen richtig schönen Husten hatte ich mir dabei eingehandelt, und damals war mir wohl zum ersten Mal so richtig bewusst geworden, dass Rauchen wirklich gesundheitsschädlich ist. Nicht wegen der Lunge, sondern wegen der Kälte!
    Frau Dr. Dr. Herrlich hatte unsere Plätze heroisch gegen Übergriffe verteidigt, denn »da wollten doch tatsächlich diese Berliner wieder hin, aber ich finde, die passen nicht zu uns!«
    Gschwandners wurden geduldet, sie waren ohnehin nicht besonders redselig, und überhaupt musste noch ein Stuhl frei bleiben für Herrn Professor Redlich. Der war nämlich erst später gekommen, hatte den botanischen Rundgang gar nicht und den alkoholischen nur zur Hälfte mitgemacht, »allerdings aus Zeitmangel«, wie uns Frau Dr. Dr. Herrlich aufklärte. »Er ist nämlich Arzt und hatte noch einen Notfall.«
    Den hatten Ärzte fast immer, wenn sie irgendwo zu spät kommen. Wir haben auch so einen im Freundeskreis, und wenn es sich um etwas Offizielles handelt, dann steht in seiner Einladung vorsichtshalber eine frühere Uhrzeit; zum Cocktail war er noch nie pünktlich, aber zweimal hat er es schon rechtzeitig zur Suppe geschafft.
    »Wie geht es denn jetzt weiter?« Mit den Spielregeln nicht vertraut, hatte ich eigentlich erwartet, vor meinem Platz einen Bestellzettel zu finden, um meine Wünsche für die spätere Lieferung zu notieren. Auf ähnliche Weise war ich schon zu einem beinahe waffenscheinpflichtigen Patentmesser gekommen, mit dessen Handhabung ich trotz dreiseitiger Anleitung bis heute Schwierigkeiten habe, gar nicht zu reden von jenem rückenfreundlichen Schreibtischstuhl, der mir ein aktiv-dynamisches Sitzen ermöglicht, nur habe ich das noch immer nicht richtig hingekriegt; die gestrichelten Damen auf dem Prospekt sitzen nämlich ganz anders. Allerdings hat der Stuhl ein ausgesprochen dekoratives Design, und das ist ja auch schon was.
    »Jetzt holen wir uns erst mal etwas Richtiges zu essen!«
    Hannes, immer noch den Nikotin-Anhängern zugehörig und gerade erst hereingekommen, setzte sich auf den letzten freien Stuhl, so dass für den Herrn Professor nur noch ein Platz auf der Bank neben Frau Herrlich übrig

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