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Geht das denn schon wieder los?

Geht das denn schon wieder los?

Titel: Geht das denn schon wieder los? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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blieb, was ihr offensichtlich ganz gelegen kam.
    »Schon wieder essen? Warum denn?« Für den Nachmittagskaffee fand ich es zu spät, fürs Abendessen zu früh … also wieso jetzt Kalbsbraten mit hausgemachten Spätzle und Salat? Es gab aber auch Kartoffelgratin und Nudeln und Gemüse und Spargel, doch der zählt ja auch zum Gemüse – also man konnte dort, wo wir bereits unseren »Imbiss« zusammengesucht hatten, jetzt ein komplettes warmes Essen bekommen. Und dazu gab’s Wein bis zum Abwinken. Kaum war eine Karaffe leer, was bei insgesamt sieben Personen nicht allzu lange dauert, stand schon eine neue auf dem Tisch. Und jedes Mal eine andere Sorte.
    So etwas bleibt natürlich nicht folgenlos. Frau Gschwandner war die Erste, die es erwischte. Sie lehnte den Kopf an die Wand und entschlummerte. »Jo mei«, meinte Ehemann Gustl bloß und schob ein Stuhlkissen zwischen Wand und Kopf, »sie is koan Wein net g’wohnt, weil dahoam trinkt’s nur a Bier!«
    Das leuchtete ein! Aber weshalb hatte der Gustl sie dann zur Weinprobe überhaupt mitgenommen?
    Die Antwort gab er gleich selber. »I hob denkt, dass die Christl uns hoamfahrn hätt können, weil’s ja sonst nie an Wein trinkt, der schmeckt ihr doch net, aber jetzt sollt i schaun, dass i no a Zimmer kriag.«
    Herr Schmidt sorgte dafür, und er sorgte auch für ein relativ kräftiges Mannsbild aus der Keller-Crew, das dem Gustl beim Transport seiner Frau behilflich war; sie schlief sogar im Stehen weiter. Wieso nur hatte ich das Gefühl, man sei hier auf derartige Zwischenfälle bestens vorbereitet?
    Der Herr Professor Redlich, ungefähr zwei Jahrzehnte älter als Frau Dr. Dr. Herrlich, Witwer und mehrfacher Großvater bereits halb erwachsener Enkelkinder (das ist nur eine Vermutung von mir, denn er zeigte keine Fotos herum), entpuppte sich als sehr trinkfest. Sein Glas war viel häufiger leer als unseres, und trotzdem merkte man ihm nichts an. Muss wohl auf die vielen Kongresse zurückzuführen sein, auf denen sich speziell die Mediziner so gerne weiterbilden.
    Die politisch brisanten Themen hatten wir bereits durch – einhellige Meinung: Wenn’s da nicht so kalt wäre und die Winter nicht so lang und die Sprache nicht so kompliziert, dann könnte man ja vielleicht eine Emigration nach Schweden ins Auge fassen, schon wegen der besseren Allgemeinbildung, siehe PISA , und die Silvia hat doch auch bis heute überlebt, obwohl sie aus Heidelberg stammt, wo es sowieso immer am wärmsten ist von allen Orten in Baden-Württemberg.
    Die Herren, es waren ja nur noch zwei, diskutierten danach die Vor- und Nachteile ihrer jeweiligen Automarke, Frau Dr. Dr. Herrlich hörte zu, doch das hätte sie auch getan, wenn sich der Herr Professor über die Abfallbeseitigung in Rotchina ausgelassen hätte oder über die Zellteilung bei Regenwürmern … die Doppeldoktorin hatte weder Augen noch Ohren für etwas anderes als das, was der redliche Professor von sich gab.
    Steffi baute Bierdeckeltürmchen und erging sich in Vermutungen, wozu man dieses Baumaterial von der Konkurrenz in einem Weinkeller wohl benötigen würde, und ich pustete die Türmchen immer wieder um. Wir hatten also jenen Zustand erreicht, in dem man normalerweise nach dem Kellner winkt: »Die Rechnung, bitte!«
    Selbst wenn es einen gegeben hätte – er hätte uns nicht gehört. Denn in diesem Moment hatte sich Tisch Nummer eins, das war der mit den Damen im roten Blazer, endlich auf ein Lied geeinigt, nachdem es schon mehrere Fehlversuche gegeben hatte. »So ein Tag, so wunderschön wie heute …« Zehnstimmig und anfangs in zwei verschiedenen Tonlagen.
    »Ich geh mal an die frische Luft!«, sagte Hannes und zog die Zigarettenpackung aus der Tasche. Als er zurückkam, besang der nun schon auf sechzehn Stimmen angewachsene Chor gerade das alte Försterhaus – Tisch Nummer zwei sang auch schon mit.
    Während ich bei Herrn Schmidt meine Bestellung aufgab in seliger Unkenntnis jener Namen, unter denen die von mir favorisierten Weine geführt wurden (»Also das war einmal der Erste, den wir probiert haben, und dann der Vierte, glaube ich wenigstens, jedenfalls war er nicht süß …«, und so weiter), klang etwas gedämpft
»Trink, trink, Brüderlein trink«
herüber, was Herrn Schmidt zu der Bemerkung veranlasste: »Ich sollte jetzt wohl besser den Bus vorfahren lassen!«
    Ich sah auf meine Uhr und stellte fest, dass wir nicht mehr heute, sondern seit siebzehn Minuten schon morgen hatten. »Das mit dem Bus

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