Geht das denn schon wieder los?
zweiten Gang, dann noch mal durch eine Tür, und als ich schon an Frauenraub dachte und mir ein künftiges Leben vorstellte als Küchensklavin im Harem eines der vielen orientalischen Scheichs, standen wir schließlich in einem wunderhübschen kleinen Garten. In seiner Mitte befand sich ein umzäuntes Gehege, und darin lag wiederkäuend ein fast weißes Dromedar. Auch das wäre nicht unbedingt sehenswert gewesen, sehr helle Tiere hatte es schon auf dem Kamelmarkt gegeben, aber kein Dromedar-Baby. Und hier waren es gleich zwei – Zwillinge! Gerade mal fünf Tage alt, einfach zum Anbeißen mit diesem noch ganz weichen Fell und den großen dunklen Augen.
»Die sind ja zum Knuddeln!«, sagte Steffi und tat es ausgiebig. »Schade, dass aus diesen Wonneproppen auch bloß wieder Kamele werden.«
»Wie bei uns, nur dauert’s da länger.«
Hussein drängte zum Aufbruch. Der Bus werde gleich abfahren, und Mister Hannes sei bestimmt schon auf der Suche nach uns.
Der trabte tatsächlich ungeduldig auf und ab, während Susanne auf einem Mauerrest hockte und ein herumirrendes Huhn mit Kekskrümeln fütterte. »Euch kann man auch nicht einen Moment aus den Augen lassen!«, tönte die Stimme unseres Herrn. »Wo wart ihr denn bloß? So lange kann doch kein Mensch pinkeln!«
Wir sagten vorsichtshalber gar nichts, krabbelten in unser dank Klimaanlage angenehm temperiertes Taxi und ließen uns von Hussein erzählen, welche Sehenswürdigkeiten nun besichtigt werden mussten.
Geplant sei ein Rundgang durch den Zoo, und dort wiederum bestehe die Chance, einige der sehr scheuen Oryx-Antilopen zu sehen, die im Allgemeinen …
»Neiiin!« Das kam einstimmig! Immerhin hatten wir diese Tiere beinahe hautnah in der Wüste beobachten können, statt hinter Gittern, und es gäbe bestimmt noch etwas anderes, das vielleicht spezifischer nur für dieses Land sei. Zoologische Gärten hätten wir zu Hause nämlich auch.
»Um vier Uhr müssen wir aber sein am Museum bei den Leuten von Bus«, erläuterte Hussein, »der Fahrer hat Karten für Eintritt. Oder wollen Sie bezahlen selber?«
Das wollten wir eigentlich nicht, und genau genommen wollten wir auch gar nicht durch ein Museum pilgern und viel Altes begucken, doch das ließ Hussein nicht durchgehen. Es sei wirklich sehr interessant zu verfolgen, wie sich die Vereinigten Emirate im Laufe der letzten dreißig Jahre entwickelt haben.
Also doch eine Ölpipeline oder wenigstens die Fotos einer solchen?
Er fuhr uns zu einer Moschee, die nicht zum offiziellen Besichtigungsprogramm gehört, jedoch sehenswerter ist als ein altes Gefängnis und schöner als jeder Zoo. Danach gingen wir Kaffee trinken. Ist ja auch verständlich, wenn man als Insasse eines Autos immer wieder mit diesem riesigen Küchengeschirr konfrontiert wird, das häufig den Mittelpunkt eines Kreisverkehrs bildet. Unsere heimischen Kreisel zeichnen sich meist nur durch mehr oder weniger gepflegte Blumenbeete aus oder durch staubiges Gebüsch, in Dubai prangt jedoch in der Mitte irgendwas Monumentales, und besonders beliebt ist die immer wiederkehrende, meterhohe orientalische Kaffeekanne, umgeben von sieben Bechern, die die sieben Emirate symbolisieren, gleichzeitig aber auch der orientalischen Gastfreundschaft Rechnung tragen sollen.
Diese Art Denkmal ist zweifellos gewöhnungsbedürftig, macht aber wenigstens noch Sinn, doch die steinernen Bambis, die riesigen Raubvögel oder eine bunte Cinderella, die so herzig alle sie umkreisenden Autofahrer anlächelt, strapazieren die europäische Bereitschaft zur Toleranz denn doch ganz erheblich! Nach dem zehnten Kreisel hat man sich aber daran gewöhnt.
Etwas später saßen wir zu fünft in einem arabischen Land vor einem deutschen Café auf Plastikstühlen
Made in Taiwan
und tranken italienischen Cappuccino. Der Kellner trug Turban und kam aus Pakistan.
»Im Jahre 1869 schwindet mit Eröffnung des Sueskanals die Bedeutung der osmanischen Hafenstädte als Warenumschlagplatz«, dozierte der sehr britisch aussehende, aber leicht schwäbelnde Museumsführer und deutete mit dem Zeigestock auf einen imaginären Punkt auf der weißen Wand links neben der Landkarte mit den Emiraten, um uns scheinbar Interessierten zu verdeutlichen, wo wir uns den neu eröffneten Sueskanal vorzustellen hatten.
»Na ja, wenigstens ist er schon im neunzehnten Jahrhundert angekommen«, flüsterte Stefanie, »jetzt haben wir nur noch ein paar Jahrzehnte vor uns, bis zum ersten Mal hier unten Öl gefunden
Weitere Kostenlose Bücher