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Geht das denn schon wieder los?

Geht das denn schon wieder los?

Titel: Geht das denn schon wieder los? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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blickten wir auf das von ankernden Dschunken, Lastkähnen und kleinen Booten bedeckte Gewässer. Ein Creek ist bekanntlich ein mehr oder weniger kleiner Fluss oder auch Flussarm, und wenn man vor ihm steht, hat er logischerweise zwei Seiten.
    »Ja. – Nein. Das heißt, ich habe gar nicht danach gefragt«, musste Steffi zugeben, »aber so viele schräge Straßen gibt es hier in der Nähe bestimmt nicht.«
    Auch wieder wahr.
    Wir haben keine schräge Straße gefunden, folglich auch kein akzeptables einheimisches Restaurant, dafür aber eins, das ganz bestimmt noch viel einheimischer war, denn durch die geöffnete Tür sahen wir drei bärtige beturbante Männer vor einer großen Wasserpfeife sitzen. Weiter hinten standen niedrige Tische, an denen gegessen wurde, und was da an fremdartigen Düften in unsere Nasen stieg, roch wirklich sehr orientalisch. Also nix wie rein! Oder doch nicht? Besser erst mal die Lage peilen!
    »Hannes, du bist ein Mann, als solcher hast du in diesem Land überall Zutritt, auch ohne Bart, jetzt geh mal da rein. Und sieh dich ein bisschen um«, schlug ich vor.
    »Ja, und guck gleich nach, ob die auch eine Toilette haben! Oder einen
recreation-room!«,
ergänzte Steffi eingedenk unserer schon Jahre zurückliegenden Suche nach jener Installation, die in dem Londoner Nobel-Kaufhaus aber nirgends ausgeschildert war; es hatte lange gedauert, bis wir endlich zu dem Schluss gekommen waren, dass man in solch einer elitären Umgebung nicht einfach auf die Toilette geht, sondern die in jedem Stockwerk ausgewiesenen »Erholungsräume« aufsucht. Wer weiß, ob man inzwischen nicht auch hier …? In einem Land mit goldenen Spucknäpfen war alles vorstellbar.
    »Seid froh, wenn es da überhaupt was gibt, das diesen Namen verdient.« Etwas zögernd betrat Hannes dieses Etablissement, verschwand im Dunkeln, war aber nur Sekunden später schon wieder draußen. »Ich glaube, das ist ein bisschen
zu
einheimisch! Ihr Frauen würdet nämlich in den sehr spärlich beleuchteten Nebenraum verbannt werden, in dem lauter schwarz verhüllte Gestalten sitzen. Ich vermute mal, dass sie zu den Bärtigen hier vorne gehören. Die Damen hocken alle auf dem Boden, haben mich richtiggehend angefunkelt, mehr sieht man ja von ihnen nicht, und wenn ich noch etwas weiter vorgedrungen wäre, hätte man mich wahrscheinlich massakriert: Ein Ungläubiger im Harem!«
    Also besser nicht einheimisch, stattdessen doch mal eine dieser für Touristen auf arabisch getrimmten Lokalitäten? So richtig konnten wir uns noch nicht entscheiden, schlenderten parallel zum Creek die Uferpromenade entlang und wunderten uns über die vielen neben den Lastkähnen aufgereihten Waren. Da stapelten sich Autoreifen neben riesigen Stoffballen, aufeinander getürmte Säcke stützten sich an Bergen von Holzkisten, mittendrin drei zusammengebundene, nagelneue Fahrräder, dann wieder Kisten und windschiefe Kartonstapel, die eigentlich schon längst hätten umkippen müssen, ein notdürftig verpacktes Klavier … und nirgends Wachpersonal oder auch nur mal ein Hund, der bei Diebstählen vielleicht bellen würde.
    »Klaut denn hier niemand was?«, rutschte mir beim Anblick dieser sich Hunderte von Metern hinziehenden Warenstapel heraus. »Das ist doch ein Eldorado für jeden, der gerne gratis einkauft.«
    »Wahrscheinlich hat das niemand nötig! Diese Stadt sieht nicht so aus, als gäbe es hier bedürftige Menschen.« Steffi betastete vorsichtig ein in Sackleinen gewickeltes, handliches Paket in der Erwartung, jetzt würde aus irgendeiner Ecke jemand herbeieilen und sie des versuchten Diebstahls bezichtigen, aber es tat sich nichts. Keiner der anderen Passanten kümmerte sich um uns, selbst dann nicht, als Stefanie vorsichtig ein kleines Loch in die Umhüllung bohrte und ein Gemälde samt Goldrahmen entdeckt zu haben glaubte. Richtig aufgeregt wurde sie. »Was, wenn das ein verschollener Rembrandt wäre …?«
    Darauf – todernst! – Susanne: »Wieso verschollen? Ich denke, der ist längst tot?«
    Und damit war’s passiert! Wir hatten mal wieder jenes Stadium erreicht, in dem wir uns wie alberne Teenager benahmen und alles furchtbar komisch fanden – von den zugedeckelten Papierkörben bis zu dem auf ein Fahrrad montierten Verkaufsstand mit der knallroten Aufschrift:
Kwality Ice-Cream.
Jedenfalls zogen wir drei kichernd – Hannes mindestens zehn Meter hinter uns! – am Creek entlang und entdeckten schließlich die bewusste schräge Straße, nur

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