Geht das denn schon wieder los?
Herr Müller, ganz behutsam die Schweißtropfen von der Stirn wischend. »Aber das hätte der Fahrer doch selber wissen müssen!«
Komisch, aber es kann passieren, was will: Immer gibt es jemanden, der es hat kommen sehen.
Udo war als Erster oben, umkreiste den Wagen, kniete sich hin, beäugte ihn von unten und stand grinsend wieder auf. »Das war Absicht! Der Junge ist genau auf dem Kamm der Düne rumgerutscht, da
musste
er sich ja festfahren!«
Schließlich hatten alle den Gipfel erreicht, und während die Männer bäuchlings halb unter dem Auto liegend Ratschläge erteilten, zückten die dazugehörigen Ehefrauen die Fotoapparate. Mit welchen Kommentaren die Aufnahmen später in den Fotoalben verewigt worden sind, kann ich mir ungefähr denken, nachdem ich gehört hatte, was Frau Müller einer Frau Gerbser aus dem anderen Wagen erzählt hatte. »Also genau dasselbe ist ja vor zwei Jahren meiner Tochter passiert. Allerdings war das im Winter, da ist sie auf einer Landstraße bei Wuppertal in einer Schneewehe stecken geblieben, und das war auch nicht mit so einem großen Auto, sondern mit einem viel kleineren, aber der Schnee war an der Stelle mindestens einen Meter hoch, hat sie gesagt, und wenn da nicht jemand gekommen wäre, der sie angeschoben hätte, dann wäre das richtig schlimm geworden. Ihr Auto hat nämlich keine Standheizung.«
Zugegeben, die brauchten wir hier auch nicht, obwohl die Sonne schon wesentlich tiefer stand als vorhin bei unserem Picknick, aber es war immer noch heiß genug, und mit Anschieben allein würden wir hier oben nicht wegkommen!
Als Einziger war Jussuf nicht zur Besichtigung des Tatorts gekommen, vielmehr saß er kaum sichtbar im Inneren seines Wagens, in einer Hand eine Wasserflasche, in der anderen eine Zigarette und – wartete. Aber worauf?
Plötzlich ein Schrei dort am Hinterrad, wo Hussein stand. Er winkte uns alle heran, sorgte aber gleichzeitig dafür, dass wir gehörigen Abstand von ihm hielten. »Scorpion!«, rief er. »You see the Loch?«, ging in die Hocke und begann ganz vorsichtig mit den Fingerspitzen den Sand zur Seite zu wischen.
»Nein, noch nicht! Ich will erst meine Kamera holen!«, rief jemand und rutschte schon die Düne hinunter.
»Bring meine mit, Herbert!«, brüllte ein anderer hinterher. »Sie liegt auf dem Sitz!«
Ich wollte ja auch schon in den Wagen klettern und zwischen dem ganzen Kram, der mittlerweile überall verteilt lag, meinen Fotoapparat suchen, doch Hannes hielt mich zurück. »Lohnt sich nicht!«
Weshalb es sich nicht lohnen würde, einen Skorpion in freier Wildbahn zu fotografieren, wenn man ihn doch sonst nur im Terrarium bestaunen kann, leuchtete zwar nicht ein, zumal Hannes seine Kamera selber gezückt hatte – andererseits war die viel teurer gewesen als meine, liefert viel bessere Bilder, und Abzüge kann ich jederzeit kriegen.
Es dauerte lange, bis Herbert wieder oben war, heftig keuchend und immer besorgt, die beiden Fotoapparate nicht fallen zu lassen, doch dann hatte er es geschafft, und nun standen wir wieder im Halbkreis um Hussein herum, der ohne jeglichen Schutz gaaanz vorsichtig den Sand aus jener kleinen Vertiefung entfernte, in der er den Skorpion vermutete. Irgendetwas bewegte sich tatsächlich darunter, und dann kam ein nahezu durchsichtiges orangefarbenes Stück Bein zum Vorschein, verschwand jedoch sofort wieder.
Die Kameras klickten, auch die von Hannes, nur zielte sein Objektiv nicht auf das Loch, sondern auf – also nein, das war nun wirklich zu albern! Er fotografierte unsere Mitreisenden!
»Sie müssen sein sehr vorsichtig!«, empfahl Hussein und gab das immer noch halb zugeschüttete Loch zum Fotografieren frei. »Wenn Sie machen Loch größer, dann nicht mit Hand! Zu gefährlich! Nehmen Sie besser Griff von Sonnenbrille!«
Das leuchtete ein! Herbert kratzte das Loch größer, jetzt war schon der Leib vom Skorpion erkennbar, allerdings rührte er sich nicht, worauf die nun immer mutiger werdenden Fotografen zu dem Schluss kamen, das Tier sei schwer verletzt oder sogar schon tot.
»Sie haben ihn umgebracht!«, beschuldigte Herbert unseren Hussein, der nun wieder näher trat, sich bückte, in das Loch griff, mit einem Ruck den Skorpion herausholte und von sich warf. Entsetzt schreiend stoben die Zuschauer auseinander, blieben erst außerhalb der Gefahrenzone stehen und kamen auch nicht näher, als Hussein das Tier wieder aufhob und in seine Tasche steckte.
»Er ist tot, nicht wahr?«, fragte Herr
Weitere Kostenlose Bücher