Geht das denn schon wieder los?
Inhalt trinken zu können (weshalb diese relativ klare Flüssigkeit als
Milch
bezeichnet wird, konnte mir bislang auch noch niemand sagen), setzte sich fort mit einer Besichtigung der Moschee, die nichts Besonderes vorzuweisen hatte, und endete am Strand bei einem marokkanischen Fischer, der nur Französisch sprach, was eine Verständigung von vornherein unmöglich machte. Zwar hatte ich diese Sprache mal ein paar Jahre lang in der Schule gelernt, doch davon war außer »Je n’ai pas compris, répétez le lentement« nicht mehr viel übrig geblieben, und das sagt eigentlich schon genug. Frei übersetzt heißt das nämlich »Ich habe von dem, was Sie da eben erzählt haben, rein gar nichts verstanden, könnten Sie das noch mal ganz langsam wiederholen?« Das würde aber auch keinen Zweck haben, denn eine langsamere Version könnte ich genauso wenig übersetzen, doch es klingt ziemlich professionell, und wenn man sich dann noch mit einem drangehängten »Excusez moi« möglichst schnell verabschiedet, ist das zwar nicht gerade höflich, aber immer effektiv.
Also bummelten wir ein zweites und auch noch ein drittes Mal durch die wenigen, teilweise sogar gepflasterten Straßen der Insel und begegneten immer wieder dem englischen Ehepaar, so dass wir uns bereits amüsiert zuwinkten und beim fünften Zusammentreffen schließlich unsere Hilfe anboten. Old England schleppte nämlich nicht nur unzählige Einkaufstüten mit sich, sondern auch noch zwei Gemälde, zwar ohne Rahmen, doch dafür in der gängigen
Die-kommen-daheim-übers-Sofa
-Größe. Wir klemmten uns je eins unter den Arm, nahmen auch noch ein paar Tüten in Empfang und vor allem den von Frau England als
really delightful
bezeichneten, mit Muscheln verzierten und höllisch schweren Kerzenständer; mindestens einen Meter hoch musste dieses
ganz allerliebste
Stück sein, das wir jetzt zu zweit durch die Gegend schleppten, hatte bestimmt einen Haufen Geld gekostet und würde zu Hause vermutlich neben dem Kamin einen Platz bekommen, da wird so was nämlich gerne aufgebaut. Die eigentlich fällig gewesene wortreiche Bewunderung ersparte ich mir aber doch, und Steffi hielt zum Glück ebenfalls den Mund; ihre ausgeprägte Wahrheitsliebe ist nicht immer angebracht.
Während der Rückfahrt durften wir sogar die beiden Bilder bewundern – einmal den glutroten Sonnenuntergang am Kilimandscharo mit zwei Löwen im Vordergrund und dann als Pendant einen Sonnenaufgang über dem Meer. Da musste sich der Künstler aber doch ein bisschen geirrt haben, denn bei derartig hoch schäumenden Wellenkämmen ist der Himmel immer bedeckt und nicht so strahlend blau. Allerdings lieben maledivische Maler die kräftigen Farben und bringen sie in verschwenderischer Fülle auf die Leinwand.
Den gewünschten Rock hatte Stefanie übrigens nicht bekommen und auch nichts, was annähernd so ähnlich ausgesehen hätte. Sie solle es in Male versuchen, hatte man ihr geraten, aber Male ist weit, und vielleicht kann Inge so was auch nähen, schließlich hat sie das mal gelernt, auch wenn sie jetzt lieber Autos poliert, ihr eigenes und auch die von den erwachsenen Kindern, und sowieso gibt es in Mannheim ein großes Stoffgeschäft, ist ja nicht weit weg von Heidelberg.
Es gibt in Stefanies Freundes- und Bekanntenkreis kaum eine Berufsgattung, die nicht vertreten ist, das fängt bei A wie Autoreparaturwerkstatt an und endet bei W wie Wärmetechnik (zuständig für alles, wo ein Stecker dranhängt). Besagte Inge fällt in die Kategorie Haushalt, Abteilung Nähen und Bügeln; beides kann sie großartig und das seit Jahrzehnten, denn Stefanie hat Inge von ihrer Schwiegermutter »geerbt«. Trudchen wohnt aber jetzt in Spanien und kommt nur dann vorübergehend nach Deutschland, wenn sie mit den jeweiligen Diagnosen der spanischen Ärzte nicht einverstanden ist. Das ist sie mit denen der deutschen zwar auch nicht, aber dagegen kann sie wenigstens verbal protestieren, was ihr in Spanien mangels ausreichender Sprachkenntnisse nie so richtig gelingt.
An jenem Tag ging der traditionelle Sundowner übrigens auf Rechnung des älteren englischen Ehepaars – auch für Hannes, der das erst für einen Irrtum gehalten und sich mit dem Barkeeper so lange herumgestritten hatte, bis Herr England diese Debatte endlich mitkriegte und die Sache aufklären konnte. Und dann ist auch noch das abendliche Bridge-Spiel ausgefallen, weil Harold in Hannes eine gleich gesinnte Seele gefunden hatte: Auch der träumt immer noch
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