Geht's noch?
so, im öffentlichen Licht zu stehen, wie?«
Amy nickte. »Das ist einer der Gründe.« Sie wusste nicht genau, wie sie es genauer erklären sollte, aber sie unternahm einen Versuch. »Mein Dad war ganz anders als meine Mom, und seit ich ein kleines Kind war,
hat er mir beigebracht, wie wichtig es ist, sich für etwas einzusetzen im Leben. Er war ein Anwalt, der sich auf Familienrecht spezialisiert hatte, und er hat ganz sicher einiges bewegt in seinem Leben.«
Er drückte leicht ihre Hand, und sie wusste die Geste zu schätzen. Sie lächelte, und ein Blick in seine Augen verriet ihr, dass sein Mitgefühl nicht gespielt war. Er hatte wirklich verstanden, was sie gesagt hatte.
Aber sie konnte ihm nicht erklären, wusste nicht, wie sie es ausdrücken sollte, dass ihre Angst vor der Presse noch tiefer saß. Der Verlust ihres ersten Jobs allein wegen eines Fotos, auf dem sie neben ihrer nackten Mutter zu sehen war, hatte sie in ihrem Glauben bestärkt, dass diese Zügellosigkeit ihrer Mutter etwas war, das sie sowohl bei ihrer Mutter als auch bei sich selbst bändigen musste – denn ein heimlicher Teil Amys bewunderte die Unverfrorenheit ihrer Mutter. Derselbe Teil drängte bisweilen danach, freigesetzt zu werden, damit auch sie ganz unbefangen und ohne jede Angst das Leben genießen und aus einer bloßen Laune heraus in jeden Pool springen konnte.
Sie trug mehr von ihrer Mutter in sich, als sie sich einzugestehen bereit war. Im College hatte Amy sich betrunken und war gemeinsam mit ihrer besten Freundin als Flitzer um das Wohnheim der Jungs gerannt. Am nächsten Morgen hatte sie beim Aufwachen nur noch verschwommene Bruchstücke einer wilden Nacht rekonstruieren können, bis die Footballspieler
kurz darauf hinter ihr herpfiffen. »Hübscher Arsch, Amy!«, riefen sie, und die Erinnerung an das, was sie getan hatte, war plötzlich mit aller Wucht zurückgekommen. Es war nicht das erste Mal, dass sie etwas Verrücktes getan hatte. Aber sie hatte sich stets vorgenommen, es nie wieder geschehen zu lassen. Und sie hatte versucht, die Eskapaden ihrer Mutter zu mäßigen.
Während ihrer Jahre in der Seniorenanlage war es ihr zwar nicht gelungen, ihre Mutter völlig unter Kontrolle zu bekommen, aber ohne zum Mittel der Zwangsinhaftierung zu greifen, hatte dies selbst ihr Vater nicht zustande gebracht. Von Erfolg gekrönt waren indes Amys Bemühungen, aus dem Seniorenprojekt ihres Onkels ein lukratives Unternehmen zu machen, und sich selbst hatte sie dabei bewiesen, dass ihre eigene Stärke darin lag, hinter den Kulissen zu arbeiten.
»Hey.« Roper streckte seine Hand aus und strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
Sofort reagierte ihr Körper auf die Berührung und ein Zittern durchlief sie.
»Nicht jeder ist für das Leben, das ich führe, gemacht. Herrgott, manchmal fühle ich mich selbst nicht für mein Leben gemacht«, sagte er lachend.
»Armer Junge«, sagte sie beiläufig, obwohl sie sich in diesem Moment alles andere als unbefangen ihm gegenüber fühlte.
Er verstand ihre Gefühle. Er respektierte sie. Und
sie hatte dies gewollt, seit sie ihm das erste Mal begegnet war. Hatte mit ihm allein sein wollen und sehen, wohin dies führen würde.
Vielleicht war es dieser verdammte Hang zur Wildheit, vielleicht jedoch ging dieses Verlangen nach Roper auch tiefer. Sie wusste es nicht, aber wenn sie in seine Augen sah, aus deren durchdringendem Blick die Sehnsucht nach ihr allein sprach, dann richtete sich alles in ihrem Inneren auf ihn aus und nur auf ihn.
Ihr Herz schlug so fest, dass sie den Puls in den Ohren hörte. Den ganzen Abend über war die prickelnde Spannung zwischen ihnen weiter angewachsen und die offene Aussprache über ihre Vergangenheit, ihre Ängste, ihr Innerstes hatten diese Verbindung nur noch intensiviert.
Sie fragte sich, ob er den ersten Schritt wagen würde oder ob sie alle Vorsicht ablegen und ihn zuerst küssen sollte. Es wurde ein Unentschieden. Sie trafen sich in der Mitte, und ihre Lippen berührten sich sanft im selben Augenblick, als sich seine Hand um ihren Nacken schloss und sie festhielt.
Sie wäre sowieso nirgends hingegangen, aber es gefiel ihr, wie seine Hand sie noch dichter an ihn drückte und den Kuss noch leidenschaftlicher werden ließ. Feuerwerksraketen explodierten in ihrem Schädel, während eine sengende Hitze jede Faser ihres Körpers durchglühte. Er wurde ungestümer, und sie vergaß alles um sich herum. Seine Hände wanderten nach oben und fuhren durch ihre
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