Geht's noch?
sagte Cassandra gerade.
»Hi, Mom, Kevin. Wie geht’s?«, unterbrach Roper sie gleich geschickt und ging zu ihnen hinüber, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
»Geht so«, erwiderte der andere Mann. Mit seinen dunklen Haaren und den dunklen Augen war Kevin durchaus gut aussehend. Selbst seine moderne, rahmenlose Brille vermochte allerdings nichts an dem gelehrtenhaft ernsten Eindruck zu ändern, den er machte.
In Amys Augen konnte er sich natürlich nicht mit einer Sportskanone wie ihrem Roper messen, aber sie verstand völlig, was ihn attraktiv wirken ließ. Ihrem Roper? Sie bemerkte ihren eigenen Ausrutscher und schrak zusammen.
»Kevin, darf ich dir Amy Stone vorstellen. Amy, mein künftiger Schwager, Kevin Reynolds«, sagte Roper und unterbrach damit ihre Gedanken.
Kevin stand auf und reichte Amy die Hand. »Freut mich, Sie kennenzulernen. Und da du jetzt hier bist,
um dich um deine Mutter zu kümmern, werde ich mal kurz mit dem Hund runtergehen.« Er nahm sich noch die Zeit, Sabrina auf die Wange zu küssen, und verschwand dann durch die Tür.
Cassandra lachte nur kurz auf. »Dir ist doch klar, dass ich nachher hier sein werde, um die Sache zu Ende zu bringen«, rief sie Kevin hinterher.
»Warte doch«, sagte Sabrina und lief ihm nach, nicht ohne ihre Mutter zuvor noch mit einem genervten Blick bedacht zu haben. »Wir haben doch gar keinen Hund!«
Amy überspielte ihr spontanes Lachen mit einem Husten. »Hallo, Miss Lee, schön Sie wiederzusehen.«
Cassandra, die ausgeruhter wirkte als bei ihrem ersten Zusammentreffen, sah auf. »Nennen Sie mich doch bitte Cassandra. Und ja, es ist auch schön, Sie wiederzusehen.« Die Stimme von Ropers Mutter klang unsicher. Offenbar verwirrte sie Amys Anwesenheit ein wenig. Sie heftete ihren Blick auf ihren Sohn. »John, wir wollten die Hochzeitvorbereitungen besprechen. «
»Sah mehr danach aus, als hättest du Kevin gerade die Daumenschrauben angelegt«, sagte Roper.
Da er zu weit entfernt stand, um ihm einen Ellbogen in die Rippen zu stoßen, begnügte sich Amy stattdessen mit einem warnenden Blick.
Seine Mutter ignorierte seinen Kommentar. »Hast du gewusst, dass sie bislang noch nicht einmal einen Raum für den Empfang ausgesucht haben? Und solange
wir nicht wissen, wie umfangreich die Gästeliste und wie groß damit der entsprechende Raumbedarf ist, können sie auch gar keine Auswahl treffen. Ich habe allein bereits einhundert …«
Roper verschlug es die Sprache. Selbst Amy begann der Kopf zu dröhnen. Sie konnte nicht fassen, wie rücksichtslos die Schauspielerin allen anderen ihren Willen aufzuzwingen versuchte. Kein Wunder, dass Roper um seine Finanzen besorgt war.
»Hast du ganz vergessen, dass wir von einer Hochzeit in kleinem Rahmen sprachen?«, fragte Sabrina, die eben in das Wohnzimmer zurückkehrte.
»Alles okay mit Kevin?«, erkundigte sich Roper.
Sabrina nickte. »Ihm geht’s gut. Er musste nur mal an die frische Luft. Mutter, hast du mich gehört? Wir möchten eine kleine, private Feier.«
Cassandra wedelte mit ihrer Hand hin und her. »Nein, das denkt ihr euch nur jetzt. Aber wenn du später einmal zurückblickst, dann wird dir klar werden, dass dir eigentlich eine große Hochzeitsfeier lieber gewesen wäre, und deshalb werden wir auch eine große ausrichten.«
Sabrina blickte Roper aus großen, flehenden Augen an.
Zum ersten Mal wurde Amy bewusst, warum genau er so ablehnend auf den Vorschlag reagiert hatte, sich in Vaughns Lodge zurückzuziehen. Jedes Mitglied seiner Familie benötigte ihn aus ganz eigenen, persönlichen Gründen. Und jeder von ihnen würde fordern
und weiter fordern, bis nichts mehr zu holen übrig war, und das schloss die finanziellen Ressourcen ein. Richtig vertrackt wurde die Sache, weil keiner von ihnen im Grunde ein schlechter Mensch war, sondern lediglich unselbstständig. Irgendwann hatte Roper die Rolle des Versorgers übernommen, und jetzt erwarteten sie von ihm, sich um alles zu kümmern – koste es ihn, was es wolle.
Roper trat zwischen seine Mutter und seine Schwester. »Mom, versteh doch, es ist ihre Hochzeit. Ich denke, sie sollten selbst darüber entscheiden.«
Cassandra neigte graziös ihren Kopf zur Seite. »Und du kennst dich damit aus, weil du schon einmal geheiratet hast, wie?«, fragte sie ihn mit honigsüßem Sarkasmus in der Stimme. »Ich weiß es besser.«
»Weil du von deiner Riesenhochzeit und der anschließenden Scheidung so viel gelernt hast?«, gab Roper zurück.
»Argh!«
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