Geht's noch?
Versprechen, noch einmal darüber zu reden, war etwas anderes als das Versprechen, die Stadt zu verlassen, und es würde Amy zufriedenstellen. »Wenn die Lage außer Kontrolle gerät, werde ich noch einmal darüber nachdenken. Fühlst du dich jetzt besser?«
»Das würde ich, wenn ich dir glauben könnte«, sagte sie lachend. »Aber das ist schon in Ordnung. Ich werd’s halt weiter versuchen.«
8
AMY FOLGTE ROPER den Hausflur zur Wohnung seiner Schwester hinunter. »Ich weiß nicht, ob ich mich jemals an den muffigen Geruch in diesen Fluren gewöhnen werde«, sagte sie. Der Geruch schlug ihr jedes Mal entgegen, wenn sie in Manhattan aus einem Fahrstuhl stieg. Da sie praktisch im Freien aufgewachsen war, würde sie sich wohl niemals damit abfinden können.
»Ich weiß, was du meinst. Die frische Luft und diese Weiträumigkeit überall fallen mir immer besonders auf, wenn wir auf Auswärtstour sind.«
Sie war überrascht, dass auch er es bemerkt hatte. »Ehrlich? Ich dachte, du wärst der wahre Stadtmensch, Mr. Metro«, sagte sie lachend.
Er drehte sich zu ihr um. »Wie ich sehe, liest du auch die alten Artikel über mich.«
Sie zuckte beiläufig mit den Schultern. »Es gehört schließlich zu meinem Job, mich über deinen Werdegang zu informieren, damit ich dir bei der Gestaltung deiner Zukunft helfen kann.« In Wahrheit hatte es ihr Spaß gemacht, in den alten Interviews und Berichten über Roper herumzustöbern und mehr über die Differenz
zwischen dem öffentlichen und dem privaten Menschen, der er war, zu erfahren.
»Du hättest mich fragen können«, sagte er und trat näher an sie heran. »Für dich bin ich doch ein offenes Buch.«
Sie atmete ein, und sein Duft verdrängte sofort alles andere um sie herum. Jetzt endlich gestattete sie sich, ihn wahrzunehmen. Seine frisch gebügelten Kakis, die Brusthaare, die aus dem offen stehenden Kragen seines Hemds lugten. Sie verspürte das starke Verlangen, ihn gegen die Wand zu drängen und seinen Körper an ihrem zu spüren.
Ohne Vorwarnung öffnete sich die Tür hinter ihnen, und Sabrina trat in den Flur. »John, Gott sei Dank bist du da. Du musst unbedingt etwas wegen Mom unternehmen«, zischte sie ihm leise zu.
Amy atmete aus, was zwar die Anspannung senkte, aber keineswegs das Verlangen, das in ihr loderte.
Roper schloss für einen Moment die Augen, offenbar um sich zu sammeln, bevor er seiner Schwester antwortete. »Kann irgendjemand etwas gegen einen Tornado unternehmen?«, fragte er. »Woher wusstest du überhaupt, dass ich schon da bin? Ich hatte ja noch nicht einmal Zeit zu klopfen«, sagte er und warf Amy einen bedauernden Blick zu.
Warum? Hatte er etwa kurz davor gestanden, entsprechend der Anziehungskräfte, die zwischen ihnen wirkten, zu handeln, selbst wenn sie sich wenige Minuten zuvor noch über seine Haltung zu Karriere und
Familie gestritten hatten? Und wenn dem so war, was hätte sie dann getan?
Bevor Amy sich noch eine sie selbst befriedigende Antwort zurechtlegen konnte, hatte Sabrina ihren Bruder an der Hand genommen und in die Wohnung gezerrt.
Mit der Auffassungsgabe eines Sportlers, der instinktiv zu reagieren verstand, schlang Roper seine Finger noch rechtzeitig um Amys Handgelenk, sodass sie mit hineingezogen wurde.
Sobald sie drinnen waren, blickte Sabrina über die Schulter ihres Bruders auf Amy. »Hi, so sieht man sich wieder.« Offenbar erinnerte sie sich noch von der Silvesterparty an Amy.
»Hi.« Amy hob die Hand zu einem angedeuteten Winken.
»Hoffentlich stört es Sie nicht, dass ich mitgekommen bin«, sagte Amy.
»Je mehr Rückendeckung, desto besser«, sagte die andere Frau gequält mit erschöpfter Stimme.
Da sie Cassandra bereits kennengelernt hatte, wusste Amy Bescheid.
Natürlich tat das auch Roper, der einen Arm um die Schulter seiner Schwester schlang und leise in ihr Ohr sprach. »Atme langsam ein und aus«, sagte er ihr.
Sabrina schloss die Augen und gehorchte.
»Besser?«, fragte er ein paar Sekunden später.
Sie nickte.
»Schön. Dann wollen wir uns mal gemeinsam um
sie kümmern. Auf geht’s«, erklärte er in beruhigendem Ton.
Sabrina entkrampfte sichtbar.
Amy verfolgte bewundernd den besänftigenden Effekt, den er auf seine Schwester hatte, andererseits übte er ja auch auf sie eine einzigartige Wirkung aus, wenn sie ihn nur ließ.
Sie traten in den angrenzenden Raum, in dem Cassandra mit Block und Stift in der Hand neben Kevin saß. »Also, dann wollen wir mal eure Gästeliste durchgehen«,
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