Geht's noch?
Sie gerne selbst?«
Roper schüttelte den Kopf. »Nein, machen Sie mal ruhig.«
Stanley durchtrennte sauber den Klebestreifen, klappte die Kartondeckeln um und überließ das Weitere dann Roper. Der griff hinein und brachte einen Druckverschlussbeutel zum Vorschein.
Aus gutem Grund war der Klarsichtbeutel fest zugeklemmt. Der Inhalt verschlug ihm die Sprache.
Roper starrte darauf, zuckte zurück und starrte erneut darauf. »Gott …«
»Was zum Teufel …?«, fragte Stan, kniff die Augen
zusammen und betrachtete den Beutel ungläubig. »Ist das, was ich denke, dass es ist?«
Roper hielt den Beutel mit zwei Fingern möglichst weit von sich entfernt. »Kein Zweifel, Stan. Das ist ein Beutel Scheiße.« Wahrscheinlich Hundekot.
Mit Permanent Marker hatte jemand auf den Beutel die Worte Du bist so scheiße geschrieben.
Ekel und Wut über die Demütigung wühlten Ropers Magen auf.
»Was für Unverschämtheiten sich manche Leute doch erlauben! Gehen Sie mal ruhig nach oben und kümmern sich nicht darum. Ich werde das hier entsorgen. « Stan nahm Roper den Beutel aus der Hand, legte ihn in der Karton und stürmte davon in Richtung Hinterausgang, wo sich die Müllcontainer befanden.
Roper wusste Stans Diskretion zu schätzen und nickte nur. Dann ging er noch immer erschüttert weiter zu den Fahrstühlen. In seiner Wohnung hatte er eben die Küche erreicht und sich in den nächstbesten Stuhl sinken lassen, als sein Handy klingelte.
Er zog es aus der Tasche, kontrollierte mit einem lauten Stöhnen die Anzeige und nahm den Anruf trotz besseren Wissens entgegen. »Hi, Mom«, sagte er und bemerkte selbst, wie erschöpft seine Stimme klang.
»Hallo, mein Liebling. Was ist los? Du klingst so niedergeschlagen. Was war denn beim Arzt?«
»Nur ein paar nervige Neuigkeiten«, gab er zu. »Es wird einfach nicht so schnell besser, wie ich gehofft
habe.« Er wollte sie nicht noch mit der Nachricht über seine letzte Postsendung beunruhigen.
»Was gibt’s?«, fragte er und war zum ersten Mal beinahe dankbar für ein Familienproblem, auf das er sich konzentrieren konnte.
Seine Mutter schwieg einen Moment. »Bist du auch wirklich okay?«
»Ja.«
»Ich rufe wegen Ben an. Ich habe ihn heute Nachmittag besucht und war entsetzt über die Art, wie er haust. Wusstest du, dass er bei einem Freund auf der Couch wohnt? Seine Wohnung hat er aufgegeben, weil er die Miete nicht mehr bezahlen konnte.« Ihre Stimme wurde lauter vor Erregung. »Ich hatte gar keine Idee, dass es so schlimm steht. Er hat mir nie etwas erzählt.«
Offenbar hatte Ben darüber gelogen, wo er wohnte, bis er seiner Mutter Aug in Aug gegenüberstand.
Roper massierte seinen plötzlich verkrampften Nacken. »Mom, Ben ist ein großer Junge. Es gibt reihenweise Jobs, die er annehmen könnte und die ihm genug Gehalt einbringen würden, eine eigene Wohnung zu unterhalten, aber er will sich nicht bewerben. Genauso wie er es vorzieht, meine Anrufe zu ignorieren und über potenzielle Coaching-Jobs nicht einmal zu sprechen.«
Genau wie seine Mutter es vorzog, keine Rollen als Schauspielerin anzunehmen, die sie als unter ihrem Niveau empfand. Der Unterschied war bloß, dass Ben
schon jetzt so viel Geld von Roper verpulvert hatte, dass dieser sich nicht länger verpflichtet fühlte, seinen Bruder zu unterstützen.
»Du hast nie verstanden, wie frustrierend es für Ben ist, in deinem Schatten zu leben«, sagte sie.
Roper stöhnte verärgert auf. »Ich erzähl dir mal etwas zum Thema frustrierend. Ich hatte gerade einen Arzttermin, bei dem ich erfahre habe, dass meine Schulter trotz all der Arbeit, die ich in den vergangenen Monaten investiert habe, für das Trainingslager im Frühjahr nicht stark genug sein wird. Ich habe an dieser Sache wirklich hart gearbeitet und es hat einfach nichts gebracht, weshalb ich im Augenblick auch wenig Mitleid für Ben aufbringen kann. Er ist selbst schuld an den Problemen, in denen er steckt.«
Es folgte eine lange Pause, woraus Roper ableitete, dass seine Mutter endlich begriffen hatte, wie ernst es ihm damit war, über Ben nicht weiter zu reden. »Gibt es denn etwas, dass ich für dich tun kann?«, erkundigte sie sich mit sanfterer Stimme.
»Nein danke. Ich bin okay. Ich muss nur vor meinem Termin beim Physiotherapeuten noch etwas essen, daher bin ich in Eile.«
»In Ordnung, nur eine Sache noch. Ich steck ein wenig in der Klemme«, sagte sie.
Roper schloss die Augen. Hörte es denn niemals auf? »Was für eine Klemme
Weitere Kostenlose Bücher