Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gehwegschäden

Gehwegschäden

Titel: Gehwegschäden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Kuhn
Vom Netzwerk:
ihre schwarzen Haare zu einer Zopffrisur mit Pony gebunden. Ihr Gesicht ist fröhlich. Ihre Augen sind klar. Sie lacht Frantz an. Nymphen gehen herum mit Tabletts voller Spieße mit Huhn und Mandarinenstücken und Russischen Eiern. Die junge Frau trägt einen Mohairrollkragen. Der Pullover endet an ihrem Bauchnabel. Darin funkelt ein Stein. Ihre Füße stecken in hohen Stiefeln. Sie trägt schwarze Strumpfhalter, wie eine Verheißung.
    »Ich bin Maja.«
    »Thomas.«
    Frantz lächelt.
    »Arbeitest du hier? Ich hab dich vorhin kurz hinter dem Tresen gesehen.«
    »Heute nicht. Ich komme öfter her, auch wenn ich nicht arbeite. Eigentlich jedes Wochenende«, sagt Maja.
    »Warum? Gefällt es dir so gut?«
    »Na ja, ich komme halt her. Beim ersten Mal, vor zweieinhalb Jahren, musste ich gezwungen werden herzukommen. Von meinem Freund. Er ist der Fotograf. Seither bin ich da. Die Chefin fragte uns, ob wir auch mal so kommen wollen. Eigentlich bin ich immer da. Jeden Tag.«
    Maja lacht. In ihrer Zunge steckt ein silberner Knopf. Sie steht auf und verschwindet in der Menge.
    Bald sieht Frantz überall glühende Leiber. Schwitzende Haut, erigierte Glieder, rot herausgestreckte Ärsche wie die von Pavianen. Was will er hier? Was reizt ihn an dieser Umgebung, die so gar nicht seine ist? Frantz sieht eine Frau in einem langen Mantel. Darunter ist sie nackt, sie hat sehr große Brüste. An einem Nasenring und einer kleinen Kette führt sie einen sehr dünnen Mann. Der Mann hat eine Glatze und ein ledernes Gesicht. Aus seinem Gilet ragt ein habichthafter Hals. Frantz stellt sich vor, wie die beiden an einem Tisch in einer Kreuzberger Küche sitzen. Sie trinken Kaffee und Cognac. Sie hören Radio. Sie hält die Leine in der Hand. Er dreht eine Zigarette. Sie steckt die Zigarette in eine silberne Spitze. Frantz fischt ein Russisches Ei vom Tablett einer Nymphe und stopft es sich in den Mund.
    Später schleicht er sich die Treppe zur Galerie hinauf. Es ist der Bereich, der den Pärchen vorbehalten ist. Frantz schleicht sich hinauf wie die alten und jungen Spanner. Es ist vier oder fünf Uhr, und ihre Zeit ist gekommen. Geduldig standen sie, die niedersten Schlaflosen, die von vornherein Chancenlosen, an den Rändern der Tanzfläche und warteten. Jetzt ist ihre Zeit gekommen. Jetzt holen sie ihr Fleisch. So geht das. Sie ziehen in Gruppen herum. In der Gruppe ist der Einzelne geschützt. So ist das. Es sind Gruppen alter wie junger Männer in Netzhemden, in Unterhosen und Tangas. Männer mit welken grauen Gesichtern, mit scheuen, schuldbeladen jungen Augen. Männer mit dicken Brillen, behaarten Schultern und schlechter Haut, fette Männer, dürre Männer, Haut hängt in Falten von ihren Beinen.
    In der Mitte des Raums befindet sich eine rotlederne Matratzenlandschaft. Darauf liegen Körper. In den hinteren Ecken schwarzlederne Matratzenlandschaften, darauf Körper. In Gruppen schleichen die Männer von Kopulation zu Kopulation. Sie berühren. Sie tasten. Sie pressen ihre Spinnenbeine, fleischigen Arme, massigen Bäuche an die Körper von Frauen, die sich im Akt befinden. Sie berühren das aphrodisierte Fleisch. Sie riechen daran, sie lecken, schmecken es. Frantz befindet sich unter diesen Männern.
    Vorn, wo man hinaufgelangt, eine kleine Bank. Darauf sitzt ein Mann, der eine schwarze Maske trägt. Vor ihm kniet ein anderer Mann mit einer Maske und einem Hundehalsband, einem Würger. Der kniende Mann verschluckt den Schaft des Gliedes des sitzenden Mannes zur Gänze.
    In Gruppen bleiben sie um die kopulierenden Körper herum stehen. Sie senken die Köpfe. Sie zupfen an ihren Schwänzen. Sie befriedigen sich, es ist eine zähe, quälende Prozedur, getragen vom gleichförmigen Bass. Es ist ihre Stunde. Zeit, sich das Ihre zu holen. Zeit, die Knochen abzunagen. Wie Alte, Schwache und Kinder an einem Feuer, wenn sich die Starken satt gefressen haben. Frantz streift, Hände in den Taschen, mit ihnen umher. Er wird von der Gruppe akzeptiert, absorbiert, als herrsche eine Absprache unter ihnen. Einzelnen forschen Männern dieser Gruppe gelingt es, ihren Schwanz in eine Vagina, in das Rektum einer Frau zu bohren. Passiert das, scharen sich die anderen um diese Demütigung. Es scheint ihre Masturbation zu befeuern.
    Was für ein Gewimmel.
    Auf der rotledernen Matratzenlandschaft in der Mitte des Raumes macht Frantz eine Frau aus, die er zuvor auf der Tanzfläche beobachtet hat. Es ist ein junges Mädchen, das Frantz gefallen hat. Sie trug ein

Weitere Kostenlose Bücher