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Geier (German Edition)

Geier (German Edition)

Titel: Geier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
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durchs Fenster. Als sie mich sah, wetzte sie vor ihre Wucheranstalt und keifte, dass ich ihren Scheißparkplatz für richtige Kundschaft freimachen soll – und wenn ich das nächste Mal zur Nutte ginge, soll ich wie alle anderen vor ihrem Haus parken. Ich winkte angewidert ab. Scheiße war´s mit der Anonymität. Die würde den Bullen genau erzählen wie der Hurenbock ausgesehen hat, die alte Hexe.
    Ich fuhr langsam auf der Hauptstraße zum Dorf hinaus. Aber nur einen Kilometer weit. Da bog Vineyard Canyon rechts ab, ein Sträßchen, das nach endlosen Windungen und Richtungswechseln endlich in San Miguel endet. Die Killercops waren garantiert die Hauptstraße weitergefahren. Ich zockelte über Land. Der Jeep fiel hier überhaupt nicht auf. So einen fuhr jeder Bauer.
     
    Unterwegs hielt ich noch mal kurz und kotzte in den Graben. Großer Gott!
    Die machten ernst. Blutigen Ernst. Mein lieber Mann.
     
    Bruder Ignacio saß mit seinen Kollegen beim frühen Abendmahl, als ich an die Tür klopfte. Ich lehnte dankend den angebotenen Stuhl ab und sagte ihm, ich würde draußen auf ihn warten. Er kam nach wenigen Minuten in den schattigen Garten, in jeder Hand eine Bierflasche.
    „Erzähle. Was ist passiert? Du siehst furchtbar aus.“
    Ich erzählte. Er holte anschließend eine Sechserpackung. Und dann musste ich noch mal erzählen. Alles. Zwischendurch heulte ich wie ein Schlosshund.
     
    „Du hast ja sicher die Türklinke angefasst? Und sonst noch irgendwas in der Küche?“
    „Nicht dass ich wüsste. Natürlich habe ich die Tür aufgemacht, aber ich habe sie, soweit ich mich erinnere, nicht mit der Hand angefasst. Als ich mich am Türrahmen abstützen wollte habe ich sie gesehen und bin vor Schreck erstarrt.“
    „Meinst du, die Ladeninhaberin könnte dich beschreiben, wenn du dich rasierst und ein wenig pflegst?“
    „Wahrscheinlich nicht. Ich habe vorgestern Nacht im Auto gepennt, und als ich in die Kneipe kam sah ich so vergammelt aus wie ich mich fühlte. Außerdem trug ich die ganze Zeit meine Jeansjacke, und die ist wahnsinnig weit, Größe Triple-X. Und heute hatte ich meine Sonnenbrille auf. Also nur Jeans, Haare und Brille.“
    Er reichte mir noch ein Bier rüber und trank selbst. „Wenn wir Bobby noch mal bemühen und dich hier etwas verwöhnen, dürftest du im Klaren sein.“
    Über das Verwöhnen musste ich trotz allem grinsen. Man kennt ja die Storys über Mönche und andere Zölibatäre.
    „Und nochwas“, meinte er. „Die Tante Emma in Parkfield sagte was über Nutten – meinst du, die hat die drei aus ihrem Haus kommen sehen?“
    „Nicht aus dem Haus, weil es als einziges auf dem Weg um die Ecke steht. Aber eben als einziges – wenn jemand am Laden vorbeifährt, dann kommt er von Cherie.“
    „Sie hat zumindest das Auto gesehen. Neugierig scheint sie ja zu sein, und nicht gut auf die Tote zu sprechen. Ist doch schon mal was.“ Er überlegte. Dann stand er auf und ging schwerfällig ins Gebäude. Er kam mit einem Notizblock in der Hand wieder.
    „Schreiben wir mal auf, was zu unternehmen ist. Ich rufe Bobby an, und du überlegst derweil noch mal den genauen Hergang. Nichts ist zu unbedeutend, nichts ist unwichtig. Versetze dich erst mal wieder in deinen Baum – oder besser noch, beginne damit, dass du ins Dorf fährst.“
    Was ich auch tat. Verdammt. Es waren erst ein paar Stunden vergangen, und ich konnte mich schon an das meiste nicht erinnern. Wie machen das Filmzeugen nur, dass die immer wissen, wann sie am Dienstag vor einem halben Jahr das Haus verlassen haben?
     
    „Noch mal“, sagte Ignacio, nachdem er mir erzählt hatte, dass Bobby um halb elf morgen früh herkäme. „Du fährst ins Dorf hinein. Es ist Nachmittag, heller, strahlender Sonnentag, vor dir der Schatten deines Autos. Und dann?“
    „Dann bin ich über die Brücke, links ins Dorf hinein und rechts abgebogen. Aber ich habe eigentlich nicht viel gesehen, weil ich die ganze Zeit an ihr Bett und ihre Kissen gedacht habe. So eine Art Tagtraum. Vorfreude, verstehst du?“ Er nickte. Klar. War ja erst seit Kurzem Berufskatholik.
    „Und dann habe ich das Auto abgestellt, bin zu der Alten rein und habe für neun Dollar achtzig plus Steuer und Pfand eine Sechserpackung Bud gekauft, worüber ich mich mächtig aufregte. Und die Alte sich dann über mich. Ich bin fluchend da raus, und weil ich nicht das Bier erst abstellen und den Schlüssel aus der Tasche ziehen wollte bin ich zu Fuß um die Ecke gegangen. Sind ja nur hundert

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