Geier (German Edition)
gottesfürchtige Menschen bekannt seien, die einem Künstler wie ihm die nötige Ruhe verschaffen konnten, um die Vorbereitungen zum demnächst zu schreibenden Buch der Mission zu treffen.
Die Gesichtsfarbe des kleinen Herrn wechselte von zornesbraun zu peinlichrot, Frau Gonzales freute sich mit ausgestreckter Hand, die Bekanntschaft der Gattin des Gastes zu machen, der so viel von ihr erzählt habe, und Misty tat, als sei Rick ihr lange verschollener Ehemann. Sie hing an seinem Hals, pflanzte kleine Küsschen auf meinen Freund und streichelte mit der freien Hand seinen nackten Bauch.
Ihr war wohl auch klar, was mir sofort auffiel – Herr Gonzales war unerwartet heimgekehrt und hatte nicht nur die Gattin, sondern auch einen ihm nicht bekannten, kaum bekleideten Herrn angetroffen. Und dass die penible Frau Gonzales mit aufgelöster Frisur herumlief, in fast allen Sprachen als Bettputz beschrieben und belächelt, das fuchste ihn mächtig. Dazu der halb nackte Blanco, der auf seinem Stuhl an seinem Tisch saß und von seinem Teller fraß! Das schlug dem Fass den Boden aus.
Wir gingen über das gewaltige Missverständnis lachend ins Haus. Herr Gonzales erzählte in bemühtem Englisch, dass er einige Tage in Mexiko gewesen sei, dass er gerade zurückgekommen sei, und wie schön es doch war. Es ginge nichts über Mexiko, meinte er, worin wir ihn bestätigten. Schöne Gegend, alte Städte, nette Leute, la cultura sei unübertroffen und la comida vom Feinsten.
„Was Ihr Restaurant täglich aufs Neue beweist“, schmeichelte ich ihm, und Rick stimmte begeistert zu.
„Solch zarte Hühnchen habe ich selten gehabt, und die Mole dazu; schier unglaublich!“
Der kleine Herr strahlte und sagte, das habe er alles seiner Frau zu verdanken. Verarschte er uns? Ich suchte im Geiste seinen kahlen Kopf nach sprießenden Hörnern ab.
Als Freunde des Priesters und daher Freunde des Hauses bekamen wir nur vom Feinsten. Die Gattin hatte einen Schweinebraten gemacht, hatte ihn wie ihre Hühner in der traditionellen, Mole genannten Schokoladensoße gegart, und ich traute meinem Gaumen nicht. So etwas Feines gibt´s sonst nur zwischen Bettlaken. Wir hauten alle rein, dass die Schwarte krachte. Im wahrsten Sinne.
Frau Gonzales servierte und benahm sich, Rick unterhielt sich mit Señor Gonzales, als seien sie die ältesten Freunde, ignorierte dessen Frau und streichelte gelegentlich Misty über den Unterarm. Sie ließ sich das nicht nur gefallen, sondern schäkerte herzhaft mit ihm. Na gut, sie hatte die Situation natürlich auf einen Blick kapiert – man musste ja blind sein oder mit ihr verheiratet um nicht zu sehen, dass Frau G. in Windeseile vom Rick gehüpft war, als sie ihren Mann kommen hörte – und Misty hatte sofort mitgespielt. Wir wollten doch so kurz vorm Erfolg kein Ehedrama, das die Polizei und vielleicht sogar den Leichenbeschauer auf den Plan gerufen hätte.
„Señora Gonzales, wie bekommen Sie nur die Mole so hin? So sämig muss sie sein, aber mir gelingt sie nie so wunderbar.“
Die Wirtin lächelte Misty an. Natürlich war sie dankbar, dass sich die unbekannte Blondine als Ricks Frau ausgab, aber sie wusste nicht genau, ob die Hübsche nicht doch eine Rickfreundin war. Wie auch immer – sie war mit knapper Not einem furchtbaren Schicksal entronnen, und dafür würde sie jede noch so unverschämte Frage einer Blanca beantworten. Denn sie kannte ihren Hausdespoten; der Kleine drohte gelegentlich, sie allein, ohne Habe und in Schande in ihr Bergdorf zurückzuschicken. Er kannte ihren Juckreiz, aber er ahnte natürlich nicht, wie oft und mit wem sie kratzte.
Der alte Cabron.
„Es sind die gemahlenen Cacahuetes, Señora. Wie sagen Sie – die Butter von Peanut. Die Erdnussbutter. Ich blanchiere sie nicht, sondern kaufe un vaso de Jiffy – ein Glas Jiffy Erdnussbutter. Und rühre es mit der Schokolade in die Tomatensoße.“ Sie strahlte. Hatte sie vermutlich selbst entdeckt, so wie sie tat. Ich habe doch von Kochen keine Ahnung. Nur essen tue ich gern. Ach, meine kleine Küche in meinem Wohnmobil! Mir war schon wieder vor Heimweh und Zukunftsangst ganz anders. Am liebsten hätte ich geheult.
„Aber die drei verschiedenen Chilischoten, die Zwiebel, den Knoblauch und die anderen Zutaten, das kommt alles rein, wie üblich?“
„Sicher, Señora, bis auf die Mandeln. Die lasse ich weg, weil ich doch die schöne Erdnussbutter nehme. Aber Rosinen, Zimt, Anis, alles kommt rein. Ich habe immer einen Vorrat,
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