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Geier (German Edition)

Geier (German Edition)

Titel: Geier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
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ländlichen Instrumente – Mandoline, Banjo, Fiedel, Recorder, so eine Art Zither – in authentischer Umgebung. Die Uralttechnik war allerdings durch ein modernes Digitalkabel mit dem Studio im Haus verbunden, denn die erste Pflicht des ansonsten feinsinnigen Musikers ist Alben verkaufen.
    Wenn man so vor sich hinspielte und sich der Zauber einstellte, dann half, wenn irgendwo ein Aufnahmegerät läuft. Auch wenn das inzwischen aus Computersoftware bestand.
     
    Durch breite Spalten zwischen den Verschalungsbrettern der Hütte warf die Abendsonne rosafarbenes Licht, was der ganzen Blechsammlung einen Elvislook verlieh.
    Passte gut. Meine Harley war genau das Modell, das Elvis so gern fuhr - hinten schwingarmgefedert, was mir und Elvis einen butterweichen, hinternschonenden Ritt erlaubte, und am tropfenförmigen Tank das damals neue, zum Glück kurzlebige Pfeil-Im-Ei Logo der Motorradmacher. Breite Weißwandreifen, ein Tourenlenker zum Festhalten, Chrom, wo andere mit Farbe herumspielten. Nur ein Sattel, keine Vorrichtung für irgendwelche Passagiere, sondern ein verchromter Gepäckträger. A bike made by men for men. Motormachismo. Elvis and me.
    Ich stellte die Maschine im hinteren, relativ dichten Teil des Schuppens unter, deckte sie mit der Plane ab und wollte am Sonntag noch die paar Handgriffe tun, die zur sicheren Aufbewahrung nötig waren – etwas leichtes Öl in die Brennräume spritzen, Kette mit nicht harzendem Fett einreiben, Sprit raus und alle zugänglichen Muttern lockern, mit einem Tropfen Öl auf dem Gewinde gangbar halten und wieder kurz anziehen. Aber jetzt wurde es schon dunkel.
    Ich ging wieder ins Haus zurück und setzte das Abendessen auf.
     
     

9 .... sind viel zu schnell tot.
     
     
    Ich stand früh auf, schaute mir vom Vorhof aus den Sonnenaufgang an – ein viel zu seltenes Vergnügen für mich Nachtmensch – und trabte hoch zu meiner Harley. Ich hatte mir überlegt, dass ich vielleicht doch noch mal schnell ins Dorf fahren sollte. Ich brauchte dringend einige Kleinigkeiten, könnte von dort aus ein paar Anrufe machen, die John wirklich nichts angingen, und außerdem war der Tag so schön, dass sich ein kleiner Motorradausflug einfach aufdrängte.
    Vermummt würde mich schon keiner erkennen, auch wenn jemand nach mir Ausschau hielt. Was ich bezweifelte. Doch nicht am Sonntagmorgen, wo ganz Amerika in der Kirche hockt!
    Ich donnerte also im Frühtau zu Tale, schoss gute zwanzig Meilen kurvenreich schmale, von Zuchthäuslern in den Fels gesprengte Straße, in ebenso vielen Minuten entlang. Immer hart am Steilhang, einen Viertelkilometer überm Meer und bald darauf wieder so nah am Wasser, dass man die Gischt von der Brille reiben muss. Durch dichten Wald und an kahl gebrannten Hängen vorbei, über alten Belag und vorsichtig über frischen Asphalt vom Vorjahr, gegossen, als das fehlende Stück Straße nach monatelanger Arbeit wieder an den Berg geklebt war.
    Im Big Sur fällt der Highway oft ins Meer. Stückchenweise, Häppchen um Häppchen. Wenn die Winterstürme gegen die Felsenküste klatschen, wenn über wolkenverhangene Wochen hinweg viele Tonnen Wasser auf metertief ausgedörrten Hang fallen, dann lösen sich Brocken und rollen donnernd auf die Straße, dann unterspült der Regen das schmale Asphaltband und lässt es ins Meer rutschen. Hinzu kommen die ständigen, durch den benachbarten San-Andreas-Graben ausgelösten Erdbewegungen. Dann schüttelt sich die Wildnis.
    Deshalb ist Big Sur immer eine Baustelle – irgendwo kommt ständig etwas von irgendwo herunter und zerstört, untergräbt, sperrt und sorgt dafür, dass die Einheimischen ihre Ruhe haben. Denn nur die eine ordentliche Straße und ein paar Pfade führen hinein und hinaus. Wenn die dicht sind, ist Sabbat. Oft monatelang.
     
    An der Big Sur Lodge setzte ich mich erst mal und frühstückte, dann ließ ich mir eine Handvoll Quarters geben und machte mich ans telefonieren. Dickie hatte noch geschlafen – und, dem Brummen im Hintergrund nach, nicht allein.
    „Dickie, Schatz, ich brauche unbedingt mein Auto. Wenn du eine Idee hast, wie man das aus meinem Garagenschuppen herausbekommt, ohne dass gleich einer schießt, dann rufe mich an – du kennst ja wohl die Handynummer – und sag Bescheid.“
    „Klar, Junge, mache ich. Dürfte kein großes Problem sein. Wenn ich heute dazu komme, bringe ich´s dir gegen Abend, falls du irgendwo in der Nähe bist. Wenn nicht, dann morgen.“
    Wenn er mich von unterwegs aus anruft,

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