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Geier (German Edition)

Geier (German Edition)

Titel: Geier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
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hübsch geteerten Privatstraße näherte. John McHugh ist weder Eremit noch Pistolenheld – der ist Musiker, der will keinen Ärger, und er mag Leute. Für ihn ist Big Sur der ideale Wohnort. Wie die meisten erfolgreichen Musiker verbringt er zu viel Zeit auf Tournee. In der Einsamkeit des Big Sur findet er Ruhe. Da kommt nur, wer weiß, dass er hier wohnt und annimmt, dass der Besuch willkommen ist.
    Sein Häuschen hat er vor über zwanzig Jahren gekauft, als die Gruppe, die er damals führte, mit „Mister Bangles“ einen gewaltigen Folkiehit hatte. Ein genresprengendes Tom Dooley, nur besser gespielt.
     
    „Schöne Überraschung, dich hier zu sehen! Und dazu noch am Sonntag. Wie geht´s, alter Sack?“ Er klopfte mir so kräftig auf die Schulter, dass ich fast von der Harley geplumpst wäre. Ich stieg ab und umarmte ihn.
    „John – Hilfe und Kaffee brauche ich. Erst den Kaffee, wenn´s dir nichts ausmacht.“ Wir stiegen die vier Stufen zur Veranda hoch und setzten uns an den Tisch, der die ganze linke Seite des überdachten Vorbaus einnahm. Er holte Papiere und bombig riechendes Marihuana aus seiner Stashdose, aber ich winkte ab. „Heute nicht – ich hab zu viel zu tun. Aber danke. Riecht verdammt gut.“
    „Noch immer eigene Ernte. Von deinem alten Acker.“ Er deutete über seine Schulter zum Wald, der gleich hinterm Haus begann. „Dieselbe Lichtung, obwohl der Sheriff im Sommer wie üblich mit dem Hubschrauber dort herumkreuzt.“ Er grinste. Die alte Geschichte.
    Wir hatten, als ich noch dick im Geschäft war und die Anpflanzung in eigener Regie führte, die übermannshoch wachsenden Pflanzen zwischen Hopfenstauden gesetzt, die das Kraut noch überragten. Und als die Tarnmethode auch den Cops bekannt wurde, kam ich auf die Idee mit den roten Christbaumkugeln. Die so geschmückten Dopebüsche sahen von der Luft wie Tomatenpflanzen aus – so täuschend ahnlich, dass John nie eine Razzia auf seinem Grundstück hatte.
    Früher mal wurde Marihuana nicht furchtbar ernst genommen. Ein paar Dollar Geldstrafe, und damit hatte sich´s. Unter Ronald Reagan fingen die Bundesbullen an zu spinnen - immer härtere Strafen hagelte es. Heutzutage nehmen sie einem das ganze Grundstück ersatzlos weg. Und stecken den Farmer ins Loch mit Mördern und Zuhältern.
     
    Er sah verblüffend gut aus. Die Jahre waren wirklich spurlos an ihm vorübergegangen, wie es so schön – und meist stark übertrieben – heißt. Aber bei ihm stimmte das. John hatte schon als junger Mann ein umwerfendes Grinsen, und das hatte sich gehalten. Sein weißer Vollbart und die schlohweißen, trotz herrschender Glatzenmode langen Haare sagten zwar Methusalem, aber Augen und Mund verrieten einen viel jüngeren John.
    Wir tranken unseren Kaffee und erzählten. Er hatte sich endlich daran gewöhnt, allein zu sein. Seine dritte Ehe war vor einem Jahr in die Brüche gegangen; wie ihre Vorgängerinnen konnte sich Eve nicht mit den monatelangen Welttourneen abfinden, konnte Eifersucht und Misstrauen nicht verbergen, und damit hatte ihr Gatte schon immer seine Schwierigkeiten.
    „Hat sie dich leergesaugt?“
    „Nee, sie war höchst anständig. Ich überweise ihr monatlich ein paar Tausender, John Junior bekommt auch einen, bis er achtzehn ist, und das Haus in Encino hat sie. Ansonsten habe ich meine Ruhe. Ich hab´s nun dreimal probiert – jetzt weiß ich, dass ich allein besser dran bin.“ Er sah ganz zufrieden aus. „Und du?“
    Was soll man sagen? „Im Prinzip nichts Neues. Bis auf mein kleines Problem, das zu einem großen Problem werden kann. Deswegen bin ich hier.“
    Er schaute mich interessiert an. „Erzähle.“
    Was ich tat. In allen Einzelheiten. Ließ nichts aus, glaube ich. Im Gegenteil – er musste einige Male Zusammenhänge erfragen, so weitschweifig erzählte ich. Mir half es. Ich sah plötzlich vieles klar. Er auch. Sein Notizblock war vollgeschrieben.
    „Also – du hast einen Abgesoffenen gefunden, hast dem eine Telefonnummer abgenommen und die angerufen, was drei Drogenbullen nicht gefallen hat“, resümierte er. „Die haben dir das klargemacht und dich gewarnt. Du hast deren Warnung in den Wind geschlagen, hast herausgefunden, wo die Nummer hinführt – nämlich zum Großpusher, wenn das, was du gesehen hast, nicht täuscht. Was entweder die Drogentypen oder die Drogenbullen spitzgekriegt haben und dich nun wegmachen wollen. Und weil der Idiot von deinem Boss bei den Oberbullen angerufen hat, wissen die Drogencops

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