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Geier (German Edition)

Geier (German Edition)

Titel: Geier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
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uns weitergehen? Wenn du verschwinden willst, gehe ich gern mit. Macht mir nichts aus, irgendwoanders wieder anzufangen. Hier hält mich nichts.“
    In ihren Augen sah ich, dass mein künftiges Leben nicht einfach sein würde. Was sie vorschlug war unmöglich. Ich wollte ihr aber nicht sagen, dass ich mit Misty jemanden gefunden hatte, die ich schon ewig suchte, es nur nicht gewusst hatte.
    Julie war Klasse, die typische Surferfrau von der Küste. Sie brauchte Sonne, Meer, das legere Leben am Rande des Kontinents. Sie wäre in Texas verloren, in Kansas todunglücklich, in New York reif für die Anstalt. Und ich glaube, dass sie das insgeheim auch wusste.
    Ich winkte also ab. „Kann ich nicht, Julie. Und will ich nicht. Denn wenn ich jetzt laufe, höre ich nie wieder auf. Die lassen nicht locker. Entweder fällt mir eine Lösung ein, oder sie erwischen mich. Du hast ja gesehen, was die alles können. Auf keinen Fall will ich dich da mit hineinziehen.“
    Dieser Blick! Manche tragen ihre Emotionen öffentlich mit sich herum. Sie zeigte ihren Schmerz deutlich. Ich musste wegschauen.
     

23 Nackte
     
     
    Nach dem Frühstück spazierten wir zum Strand hinunter und schauten zu, wie die Jacht in der Bucht ankerte. Zwei Männer in T-shirt und Shorts ließen ein Gummiboot zu Wasser. Sie stiegen über eine Heckleiter in ihren Hafenkreuzer und brausten zum Anlegesteg hinüber.
    Sofort meldet sich mein Gefahrensensor. Ich zog Julie an der Hand über den Strand und lief mit ihr die hundert Meter zum Auto.
    „Steig ein, fahr sofort los, und drehe dich nicht um. Ich rufe dich nachher zuhause an.“ Küßte sie kurz, schlug die Fahrertür zu und rannte los. Ich keuchte die Parallelstraße zur Strandallee entlang und lief ins öffentliche Klo an der Straßenecke hinterm Avila Surf. Ich stellte mich auf die hinterste Kloschüssel und schaute durch den winzigen, unters Dach eingelassenen Lüftungsschlitz.
    Zu sehen war nicht viel. Der Teil der Straße in meinem Sichtfeld lag ruhig da. Ich hörte nichts, was auf Eile schließen ließ. Nur ein Reifenquietschen von der Umgehungsstraße her. Doch da wird den Pferden immer freier Lauf gelassen, durchdrehendes Gummi war also eher an der Tagesordnung.
    Ich schimpfte mich übervorsichtig, doch die Situation sah wirklich bedrohlich aus. Wenigstens hatte ich mich ohne große Abschiedszene aus der Affäre gezogen, was von Vorteil war.
    Schön war´s. Aber ich glaubte nicht, daß ich Julie nochmal sehen wollte. Sie war mir einfach zu anstrengend. Außerdem hatten wir keine Zukunft. Ich konnte mich nicht in zehn Jahren neben Julie sehen, irgendwo in der Prärie, mit einem Scheißjob, den ich nie wieder loswürde. Und immer Angst. Jeden Tag Angst, jede Nacht wälzen. Nichts für mich.
     
    Jemand kam ins Häuschen. Ich hielt die Luft an und versuchte, kein Geräusch zu machen. Ich stand auf dem letzten der drei nebeneinander angebrachten Töpfe und hörte, wie die Tür nebenan aufgemacht wurde. Ein Rascheln, ein Klirren auf den Fußbodenfliesen, und dann noch eines. Ich staunte. Es wurde geflüstert, gleich danach unterdrückt gekeucht. Oh, shit! Schon ging´s los, das rhythmische Klatschen.
    Die vögelten eindeutig. Nun stöhnten beide. Entweder hatte die Dame einen ausgesprochenen Baß oder die Dame war keine. Rubbeln und grunzen hörte ich, also beugte ich mich zu Tür hinunter, drehte die Schließvorrichtung auf und hüpfte von der Schüssel. Im Hinauslaufen war verzweifeltes Werkeln zu hören; Hosen hoch, Reißverschlüsse zu.
    Ich trabte um die Ecke zum Hotel hinunter. Das reine Erosparadies, dieses Avila.
     
    Die schneeweiße Jacht mit dem doppelten roten Rennstreifen zog mit hocherhobenem Bug schon wieder einen Streifen übers Wasser, diesmal in umgekehrte Richtung. Das Gummiboot dümpelte noch immer am Pier. Von den beiden Männern war nichts zu sehen.
    Ich spazierte die Straße entlang an meinem abgestellten Caddy vorbei. Hundert Meter weiter setzte ich mich auf das Strandmäuerchen und schaute gelangweilt umher. Zwei, drei Minuten lang tat sich überhaupt nichts. Dann kurvte ein Station Wagon voller Jungbürger auf die Straße, raste dumpf rapdonnernd an mir vorbei und quietschte am Hotel um die Ecke. Die hatte ich vorhin wohl gehört. Ich ging zum Auto zurück, stieg ein und fuhr die drei Meilen zum Freeway.
     
    Kurz vor Pismo war Stau. Kommt oft vor, besonders im Sommer, weil sich die Autobahnverwaltungen auf der ganzen Welt einig sind, daß nur zur Reisezeit ein

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