Geier (German Edition)
Surf, dem dreistöckigen, roten Backsteinhotel am Südende der Straße. Ich ließ mich gern ziehen.
Fast zwei Stunden später wachte ich schweißgebadet auf. Ich hatte wohl ein halbes Stündchen gepennt. War aber auch anstrengend. Mein lieber Mann.
Sie hatte schon im Aufzug angefangen, mich auszuziehen. Was der alten blauhaarigen Dame peinlich war, die vor der Lifttür im dritten Stock stand. Sie schnappte ihren Pudel und wich entsetzt vor uns zurück.
Kaum hatte Julie die Zimmertür mit dem Fuß zugeknallt als sie mir schon die Juwelen aus dem Beutel holte. Und mich eine volle Stunde nicht zur Ruhe kommen ließ. Sie kratzte, sie biss, sie keuchte und grunzte, sie schrie und sie leckte. Sie hatte sich wohl vorgenommen, mich den Traumtod der Pubertierenden sterben zu lassen. Totgefickt. Mein Gott.
Als sie einsehen musste, dass auch die ernsthafteste Bemühung nichts mehr brachte, ließ sie mich ruhen. Ich schlief sofort ein. Und wachte auf, weil sich wieder was rührte. Ich schaute an mir hinunter, sie schaute zu mir hinauf. Na, denn.
Wir blieben bis Freitagmorgen. Sie rief im Amt an, und als sie auf dem Klo saß, rief ich Ignacio an. Der war stocksauer, weil er von mir nichts gehört hatte.
„Ich konnte nicht, Ignacio. Habe jemanden getroffen, die ich seit damals nicht mehr gesehen hatte, und wir haben Wiedersehen gefeiert.“
Das verstand er. „Setze dich gleich mal mit Sammy in Verbindung. Der hat hier schon ein paarmal angerufen und wollte unbedingt mit dir sprechen. Ich habe ihm übrigens gesagt, dass du richtig gute Sachen bekommen hast. Der weiß also, dass er den Einkauf abhaken kann.“
Gut. Ich sei wahrscheinlich gegen Abend wieder da, versprach ich. Und wenn nicht, rufe ich auf alle Fälle gegen sechs an, und danach alle drei Stunden. Was ihn wieder mild stimmte.
Julie wollte noch bis Montag früh bleiben, aber ich konnte nicht. Hätte ich nie ausgehalten, und außerdem musste ich schnüffeln gehen. Was ich ja gestern schon wollte und nicht konnte. Wir liebten uns also noch mal, womit ich ohnehin ausgepowert war. Heute würde damit nichts mehr werden, und es war fraglich, ob ich ihn in den nächsten vierundzwanzig Stunden wieder in Kampfstellung bringen konnte. Glaubte ich eigentlich nicht. Obwohl sie da einige Tricks auf Lager hatte.
Sie schmeckte ganz einfach gut. Wir spielten noch ein Weilchen herum und gingen dann frühstücken. Im Frühstücksraum saß die alte Blauhaarige und fütterte ihrem Köter Leberwurst. Als sie uns sah, rümpfte sie die Nase und stieß gleichzeitig einen hörbaren Luftstrom aus. Julie grinste sie an und machte mit beiden Händen die internationale Bumsbewegung. Die Alte schnappte nach Luft, sprang auf, griff Struppi und rauschte hinaus. Ihr Tee dampfte verlassen vor sich hin.
Die Sonne schien grell und ließ die Schaumkronen der Brecher aufglitzern. Surfer standen auf ihren Brettern und freuten sich über die frühe Flut, Kinder spielten im Sand, Eltern saßen in bunt bezogenen Klappstühlen und lasen Zeitung oder dösten vor sich hin. Um die Landzunge zog eine schneeweiße Motorjacht mit einem diagonal angebrachten doppelten roten Rennstreifen einen weiß schäumenden Strich auf den blauen Pazifik.
Wir holten uns Kaffee und viel zu süßes Blätterteiggebäck und gingen damit vor die Tür, wo vier Bistrotischchen die Vorbeispazierenden auf die Fahrbahn zwangen. In der Sonne ließ sich´s aushalten. Ich schaute auf die Armbanduhr und erschrak: halb elf. Schon fast Mittag.
„Was machst du heute?“
Sie schaute mich an. „Wahrscheinlich heimfahren, wenn du gehst. Willst du mir nicht sagen, wo ich dich erreichen kann? Ich will nicht wieder herumsitzen und mich nicht trauen, den Fernseher anzumachen.“ Ihr Mundwinkel zitterte. Sie tat mir leid, und ich hätte ihr zu gern gesagt, wo ich mich aufhielt, aber das ging nicht. Wegen der drei Brutalos, die so etwas in Minuten aus ihr herausquälen würden, aber auch wegen Misty.
Ich schämte mich wieder ein bisschen. Der Apfel fällt nicht weit vom Roß. Zwei Frauen gleichzeitig war nicht mein Ding. Mein Gewissen hielt so was nicht aus.
„Ich würde gern, aber ich kann nicht. Aber wenn du mich anmailst, kann ich immer in irgendeiner Stadtbibliothek deine Message abrufen und antworten, was allerdings mal ein paar Tage dauern kann. Das wäre doch trotzdem was, oder?“
Sie schrieb meine Mailanschrift auf und steckte den Zettel hinter ihren Führerschein. „Klar, mache ich. Aber wie soll es mit
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