Geisel der Leidenschaft
einen Schmollmund. »Ausgerechnet du nennst mich blutrünstig - nachdem deine geliebte kleine Kusine weit mehr Männer aufs Schlachtfeld geführt hat als du?«
»Nicht freiwillig.«
Sie kehrte ihm den Rücken und schaute sich um. »Was für schöne Wandteppiche!«
»Ein Geschenk der flämischen Dorfbewohner.«
»Ah, für Santa Lenora!«
»Verfolgst du mit diesem Gespräch einen bestimmten Zweck, Isobel?«
»Nun, ich finde, Heilige sollten unter der Erde liegen.«
»So wie läufige Hündinnen.«
Damit konnte er sie nicht beleidigen. »Wo ist Alfred? Armer, lieber, leidgeprüfter Alfred! Dauernd reitet er über Ländereien, die ihm niemals gehören werden.«
Schweigend starrte er sie an.
»Also? Wo ist er?«
»Er reitet über die Ländereien, die ihm niemals gehören werden«, erklärte Corbin.
»Und Eleanor segelt nach Frankreich, um ihren hochbetagten Bräutigam aufzusuchen«, bemerkte sie lächelnd.
»Aye.«
»Dann will ich eine Zeit lang hier bleiben.«
Erschrocken runzelte er die Stirn. »Warum?«
»Weil ich meinem Mann Gesellschaft leisten möchte.«
»Wozu?«
»Eleanor überquert die Irische See, du Narr! Weißt du nicht, wie gefährlich das ist - wie es in diesen Gewässern zugeht? Wenn ein Seemann schottische Rebellen festnimmt, die in anderen Ländereien Schutz suchen wollen, wird der König ihn reich belohnen. Natürlich machen zahllose Piraten und Schurken, Diebe und Mörder Jagd auf Edwards Feinde. Und Eleanor gerät womöglich zwischen die Fronten ...« Isobel setzte sich an den Tisch und lockerte die Bänder ihres Reiseumhangs. »Vielleicht wird deine arme Kusine nie mehr heimkommen. Falls sie Frankreich erreicht, wird sie
Alain heiraten, nicht wahr? Und da wird sie wohl kaum den erforderlichen Erben für ihr Vermögen zur Welt bringen.«
Erbost stützte Corbin die Hände auf den Tisch und beugte sich zu ihr hinab. »Du solltest darum beten, dass Eleanor wohlbehalten in Frankreich eintrifft. Wenn wir die Reichtümer von Schloss Clarin jemals zurückgewinnen und die Erträge der Ländereien genießen wollen, brauchen wir Alains Geld. Gewiss, er ist nicht mehr der Jüngste. Aber ich kenne viele alte Männer, die Kinder gezeugt haben.«
»Dazu ist er wohl kaum fähig. Seine erste Frau hatte Kinder aus ihrer früheren Ehe. Bei der Hochzeit war sie noch jung. Ich habe mich gründlich über die Lage informiert.« Langsam strich sie mit einem Finger über Corbins Hand, die vor ihm auf dem Tisch lag. »Stört's dich denn gar nicht, dass Eleanor eine Countess ist? Und dass du einfach nur Sir Corbin Clarin heißt? Fehlt dir denn jeder Ehrgeiz?«
»Früher wollte ich die Welt erobern, Isobel. Dann kam das Leben dazwischen. Ach ja - zu diesem Leben gehörst auch du.«
»Allerdings.«
»Leider verstehe ich noch immer nicht, worauf du hinauswillst.«
»Wir könnten eine ganze Menge erben.«
»Wie stellst du dir das vor? Eleanor ist die Erbin dieses Hauses. Selbst wenn es nicht so wäre - ich habe einen älteren Bruder, der hart arbeitet und diesen Besitz verdienen würde.«
»Aber er ist unverheiratet. Und er hat keinerlei Zukunftsaussichten.«
»Was führst du eigentlich im Schilde? Nichts hat sich verändert.«
»O doch«, entgegnete sie, stand auf und berührte sei-ne Brust. Zweifellos hatte sie ihre Vorzüge. Da sie ständig Minzeblätter kaute, roch ihr Atem so süß wie der Morgentau. Auch ihr Parfüm duftete reizvoll und aufregend. Mit ihren Seitensprüngen demütigte sie ihren Ehemann. Aber diesen Erfahrungen verdankte sie bemerkenswerte Liebeskünste. Zielstrebig hatte sie ihren Charme und ihren Scharfsinn genutzt, um sich eine Position am königlichen Hof zu verschaffen.
Corbin zögerte. Einerseits wollte er sie beiseite schieben, andererseits faszinierte sie ihn. »Was hat sich verändert, Isobel? Planst du irgendwelche üblen Machenschaften?«
»O nein!«, beteuerte sie, die dunklen Augen voller Unschuld. Langsam wanderte ihre Hand über seine Brust nach unten. Mit zusammengebissenen Zähnen starrte er sie an. »Wie kommst du bloß darauf, Liebster? Ich dachte nur, es wäre an der Zeit, einen Erben zu zeugen. Und da Eleanor gerade übers Meer segelt - zwischen Schotten, Dieben, Piraten und Opportunisten -, bleiben nur wir beide übrig.«
»Und wenn Alfred heiratet?«
»Das hat er offensichtlich nicht vor. Außerdem wird er viel zu oft aufs Schlachtfeld gerufen.«
»Auch ich unterstehe dem Kommando des Königs.«
»Ja, das stimmt.«
»Oh, ich verstehe. Deshalb bist du
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