Geisel der Leidenschaft
Becher. Nachdenklich trank er ihn leer, dann setzte er sich wieder auf den Stuhl und schlug die Beine übereinander. »Wenn Ihr genesen seid, werdet Ihr wieder etwas besser aussehen.«
Wie gern hätte sie ihm irgendetwas an den Kopf geworfen. Soeben hatte er angedeutet, sie sei im Augenblick so reizlos, dass sich eine Vergewaltigung kaum lohnen würde.
Gott sei Dank, du Narr!, dachte sie. Und obwohl es klüger gewesen wäre, den Mund zu halten, rief sie wütend: »Zweifellos hat mich die Krankheit furchtbar mitgenommen. Aber das sollte Euch nicht kümmern. Wie ich höre, haben die Schotten eine besondere Vorliebe für Schafe.«
»Aye, gewöhnlich sind sie viel hübscher als die Frauen«, entgegnete er beiläufig.
»Nun, dann will ich dem Allmächtigen danken, weil er so hübsche Schafe erschaffen hat.« Sie drehte sich zur Seite, starrte die Wand der Kabine an und verstand nicht, warum sie ausgerechnet mit diesem Mann ein so albernes Gespräch führte.
Sekunden später hätte sie fast aufgeschrien.
Nichts hatte sie vor seiner Nähe gewarnt. Nicht einmal ein sanfter Luftzug.
Aber er war an ihrer Seite und wisperte in ihr Ohr: »Vielleicht wird sich Eure äußere Erscheinung noch bessern, bevor wir Frankreich erreichen, Lady.«
»Lieber sterbe ich!«
»Aye, das würde auch ich vorziehen. Aber die Pflicht ruft ...«
Sein leises Gelächter schürte ihren Zorn. Endlich verließ er die Kabine und sie seufzte erleichtert auf.
Und doch - seine Finger hatten ihr Haar etwas zu lange berührt.
4. Kapitel
Gerade hatte sich Corbin Clarin an den Frühstückstisch gesetzt, um einen köstlichen gebackenen Fisch und frisches Brot zu genießen, als der Gewittersturm in sein eben noch friedliches Leben zurückkehrte.
Mit ihrem dunklen Haar und den scharf geschnittenen Zügen sah Isobel so anziehend aus wie eine gefährliche Viper. Im amüsanten London wohnte sie weitaus lieber als auf Clarin, auch im größeren Schloss von York - vielleicht, weil sich die Schotten noch nie so weit vorgewagt hatten.
Corbin liebte London, aber er hasste seine Frau, und es missfiel ihm, jeden Morgen am königlichen Hof zu erwachen und sich zu überlegen, mit wem sie wohl die letzte Nacht verbracht hatte. Sein eigenes Vergnügen suchte er längst anderswo.
Unangemeldet betrat sie die Halle und zog ihre Handschuhe aus. »Nun bin ich meilenweit gefahren und niemand begrüßt mich.«
Corbin lehnte sich in seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. »Wären wir über deine Ankunft in Kenntnis gesetzt worden, hätten wir Blumen vor deine Füße gestreut, Liebste.« Blumen? Hätte er Bescheid gewusst, wäre er rechtzeitig geflohen. Da oder dort gab es immer etwas zu tun. Offiziell regierte Edward in Schottland. Aber der Großteil des Gebiets befand sich in schottischen Händen und er kontrollierte nur wenige Schlösser im Süden des Landes. Und die ungebärdigen Freiherren griffen die Engländer ständig irgendwo an, baten den König um Gnade, rannten mit eingezogenen Schwänzen davon und versagten einander die Unterstützung, aus Angst, sie könnten sich für den falschen Thronprätendenten einsetzen - sollte Edward seiner Unterjochungstaktik jemals müde werden.
Ungehalten warf Isobel ihre Handschuhe auf den Tisch. »Nach der langen Reise würde ich gern einen Schluck Wein trinken. Ich bin halb verdurstet.«
Er stand auf, verneigte sich spöttisch und ging zur Anrichte, um einen versilberten Becher zu füllen. Diese schönen venezianischen Gläser hatte Isobel in die Ehe mitgebracht.
Als sie den Becher entgegennahm, streiften ihre Finger seine Hand - eine seltsam anzügliche Geste, die ihn verblüffte. Zum Zeitpunkt der Hochzeit war Clarin eine grandiose Festung gewesen. Damals hatte sein Onkel Leo noch gelebt und nicht nur ausgedehnte, sondern auch ertragreiche Ländereien besessen. Alfred und Corbin hatten gehofft, die Adelstitel besiegter Rebellen zu übernehmen, dazu das Land ihres gerechten, großzügigen Onkels, bei dem sie aufgewachsen waren. Und Isobels Mitgift war äußerst üppig gewesen. Eigentlich hätten sie ein glückliches Paar werden müssen.
Das hatten die Schotten verhindert.
Er schenkte sich Wein ein und prostete seiner Frau zu. »Auf Wallace!«, rief Corbin mit trockenem Humor.
»Eines Tages wird dieses Ungeheuer die schlimmste Strafe erleiden, die das Gesetz erlaubt. Und wenn es so weit ist...«
»Natürlich wirst du blutrünstig zuschauen und jeden einzelnen Augenblick genießen.«
Isobel zog
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