Geisel der Leidenschaft
seiner jugendlichen, unschuldigen Erscheinung konnte er in feindliche Stellungen eindringen, ohne Verdacht zu erregen.
Eines Tages - etwa drei Wochen, nachdem er sich Brendans Truppe angeschlossen hatte - kehrte er mit Neuigkeiten über Lord Heberts Festung zurück. Am nächsten Freitag würde ein Großteil von Heberts Heer nach Norden aufbrechen, um Wallace und Comyn zu attackieren. Und dann wäre seine immer noch unvollendete Festung verwundbar. Wallace und Comyn könnten rechtzeitig gewarnt werden, betonte Gregory.
Mit ernster Miene nahm Brendan die Informationen zur Kenntnis und entließ den jungen Mann.
»Dürfen wir ihm wirklich trauen?«, fragte Eric. »Oder versucht er uns mit einer Finte in Heberts Festung zu locken?«
»Bevor wir angreifen, werden wir uns gründlich Umsehen«, entschied Brendan. »Wir schicken einen Boten zu William und John. Und sobald wir uns vergewissert haben, dass die Engländer nordwärts reiten, überfallen wir die Festung.«
»Und wenn uns der Junge eine tödliche Falle stellt?«
»Der Tod droht uns jeden Tag.«
»Natürlich - wer will schon ewig leben?«, seufzte Eric.
13. Kapitel
Eleanor war froh, weil sie endlich wieder in ihrem geliebten Heim lebte.
Seit dem grausamen Angriff der Schotten fühlte sie sich den Dorfbewohnern enger denn je verbunden. In jedem Haus war sie herzlich willkommen. Nur zu gern besuchte sie die Kranken, Alten und alle, die ihre Hilfe brauchten.
Sie hatte gewusst, dass es ihr schwer fallen würde, Brendan zu vergessen, aber nicht erwartet, dass die Erinnerungen sie Tag und Nacht verfolgen würden, bis in ihre Träume. Unentwegt dachte sie an ihn - während sie mit Alfred über die Ländereien ritt oder für das Wohl der Pächter und Handwerker sorgte. Sie nahm an Hochzeiten und Begräbnissen teil, bewunderte Neugeborene und tat ihr Bestes, um sich von ihrem Leid abzulenken.
Und so waren die Tage erträglich. Aber in den Nächten lag sie stundenlang wach und sehnte den Morgen herbei. Immer wieder sah sie nach Alain, der sich nebenan rastlos in seinem Bett umherwarf.
Da sie sich unablässig beschäftigte, bemerkte sie Bri-dies Kummer zunächst nicht.
Eines Nachmittags sprach sie die Zofe mehrmals an und erhielt keine Antwort. Schließlich trat sie neben Bridie ans Fenster in Alains Zimmer. Soeben hatte sie die ersten Frühlingsblumen in eine Vase gestellt. Die beiden Frauen waren allein, weil der Comte, Alfred und Corbin unten in der Halle saßen, um die Bauarbeiten zu besprechen.
»Bridie!« Als sich die Zofe zu ihr wandte, verriet ihr Blick einen Schmerz, der Eleanor an ihre eigenen Seelenqualen erinnerte. Sofort bereute sie ihren scharfen Ton.
»Warum bist du so traurig?«
»O Mylady, was soll ich bloß tun?«
Über ihrer Verzweiflung hatte Eleanor ganz vergessen, dass Bridie in Paris manche Nächte mit einem gewissen Lars verbracht und von ihm geschwärmt hatte. Zögernd fragte sie: »Möchtest du nach Schottland fahren?«
»Das wäre wundervoll...« In Bridies Augen erschien ein Hoffnungsschimmer, der wenige Sekunden später wieder erlosch. »Leider weiß ich nicht, was er davon halten würde.«
»Wieso ...«
»Er hat kein Zuhause. In Schottland lebt er mit seinen Gefährten in den Wäldern. Da kämpfen sie für ihre Freiheit.«
»Bridie, du darfst nicht aufgeben. Vielleicht ergibt sich später eine Möglichkeit.«
»Darauf kann ich nicht warten. Mir geht's so wie Euch.«
»Was meinst du?«
»Mylady, das wisst Ihr doch.«
O ja, das wusste Eleanor. Bis jetzt hatte sie Alain nichts erzählt. Sie war dankbar für das neue Leben unter ihrem Herzen. In ihr wuchs ein Teil von Brendan heran - ein Geschenk des Himmels, ein Enkel ihres Vaters, Clarins Erbe. »Aye, ich bekomme ein Kind. Keine Bange, Bridie, ich werde eine Lösung für dein Problem finden - und einen Brief schreiben ...«
»An wen? Und wie?«
Beruhigend nahm Eleanor ihre Zofe in die Arme. »Man kann sich immer irgendwie verständigen, sogar mit gesetzlosen Feinden, die in den Wäldern kämpfen. Jedenfalls wird dich niemand verurteilen oder von hier wegschicken.«
»Wie gut Ihr seid, Mylady! Und Ihr? Wie könnt Ihr's ertragen?«
»Mir bleibt nichts anderes übrig. Dies ist mein Heim.«
»O Lady Eleanor, er liebt Euch! Das sah ich ihm an, wann immer er in Eurer Nähe war. Und ich weiß auch, was er Euch bedeutet.«
»Dann wollen wir darum beten, dass andere Leute keine so scharfen Augen haben.«
»Ihr könntet fliehen, zu ihm.«
»Soll ich Alain verlassen? Er ist
Weitere Kostenlose Bücher