Geisel der Leidenschaft
Schloss. Wieder warteten sie.
Müde und niedergeschlagen kamen die englischen Soldaten zurück. Der Feind hatte ihnen eine erbitterte Schlacht geliefert und war dann im Nebel verschwunden. Sobald sie den Schlosshof erreichten, wurden sie umzingelt und festgenommen. Jetzt saß auch Lord Hebert mit seinen Rittern im Verlies. Im Lauf des Tages waren mehrere Männer gestorben und einige schottische Bürger vom Joch des Feindes befreit worden.
An diesem Abend feierte Brendans Truppe ihren Erfolg in der neuen Halle Seiner Lordschaft; sie aßen Rinds- und Lammbraten und verschiedenes Geflügel. Dazu flossen Wein und gutes Ale in Strömen.
Brendan saß am Kopfende der Tafel, vor dem lodernden Kaminfeuer, und beobachtete das fröhliche Fest. All seine Gefährten, von den Wachtposten abgesehen, genossen den Abend in vollen Zügen. Einen solchen Triumph konnten sie nur selten bejubeln.
»Iss und trink, Brendan!« Eric schlug auf die Schulter seines Vetters. »Amüsier dich! Such dir eine hübsche junge Frau und geh mit ihr ins Bett!«
»Irgendjemand muss doch nüchtern und vernünftig bleiben.«
»Aye. Du warst sehr vernünftig. Bis der junge Engländer das Schloss Clarin erwähnt hat.«
Darauf gab Brendan keine Antwort. In den Monaten nach der Abreise aus Frankreich hatte er gekämpft und gesiegt, so manchen Krug Ale geleert, einige Mädchen verführt - und erkannt, dass sich die Bitterkeit seines Herzens nicht so leicht verscheuchen ließ. Und an diesem Abend gab er sich damit zufrieden, die Possen seiner Freunde mit anzusehen.
»Nicht einmal, wenn der alte Knabe stirbt, wird sie dir gehören, Brendan. Derzeit bildet sie neue Soldaten aus, um uns wieder anzugreifen, und ...«
»Natürlich, ich weiß«, unterbrach Brendan seinen Vetter. »Sie will mich in ihre Gewalt bringen, tot oder lebendig - vorzugsweise lebendig, damit ich möglichst langsam und qualvoll sterben kann.«
»Noch ist es nicht so weit. Fang endlich wieder an zu leben.«
»Gewiss, ich lebe. Von einem Tag zum anderen. Und so, wie wir leben, blicken wir dem Tod genauso ins Auge wie der alte de Lacville.«
»Wie ich schon oft betont habe - wer will schon ewig leben? Glaub mir, du musst den Augenblick genießen.«
Brendan zeigte auf Margot, die am anderen Ende der Halle mit Liam schäkerte. »Vielleicht solltest auch du diesen Abend auskosten. Wer weiß, wie's morgen aussieht?«
»Was soll das heißen?«
»Du müsstest sie heiraten.«
»Unmöglich. Mein Vater ...«
»Der residiert auf Shetland. Und du bist hier. Sie ist hier. Dein Leben bist du bereit zu riskieren - den Zorn deines Vaters nicht?«
»Auf dieser Welt habe ich vor niemandem Angst...«, begann Eric, dann lachte er. »Also gut, ich fürchte seine - Enttäuschung.«
»An deiner Stelle hätte ich eher Angst, Margot zu verlieren.«
»Aber du bist nicht an meiner Stelle und du sehnst dich nach einer unerreichbaren Feindin.«
»Geh zu Margot und lass mich mit meinen Gedanken allein.«
»Soll ich eine Frau für dich finden?«
»Wenn ich lange genug nachgedacht habe, suche ich mir selbst eine.«
Lachend klopfte Eric auf Brendans Rücken und eilte zu Margot. Als er sie in die Arme nahm, schmiegte sie sich lächelnd an ihn.
Brendan lehnte sich müde in seinem Sessel zurück und beobachtete die beiden.
Am nächsten Morgen trafen Wallace und John Comyn ein, der auf der Festung die Stellung halten sollte.
Während Brendans Truppe zum Aufbruch rüstete, kam Gregory zu ihm. »Gebt mir Euren Segen, Sir. Für ein paar Wochen möchte ich Euch verlassen.«
»Warum?«
»Ich muss nach Hause reiten. Da gibt es eine junge Frau, die ich hierher holen möchte.«
»Wenn die Engländer merken, dass Ihr zum Feind übergelaufen seid, wird man Euch verhaften und nach einem Scheinprozess hinrichten.«
Gleichmütig zuckte Gregory die Schultern. »Die Männer, die zusammen mit mir die Vorratswagen begleitet haben, stammen nicht aus Clarin. Von meinem Sinneswandel wissen sie nichts. Da sie in aller Eile davonrannten, fiel ihnen meine Abwesenheit gewiss nicht auf.«
»Und wen wollt Ihr hierher bringen?«, fragte Brendan skeptisch. Margot war die einzige Frau, die den Trupp begleitete, und an das raue Leben in den Wäldern gewöhnt.
»Meine Schwester«, erklärte Gregory lächelnd. »Sie ist zwei Jahre älter und alles, was ich auf dieser Welt habe. Wenn man herausfindet, dass ich jetzt auf schottischer Seite stehe, wird ihr womöglich ein Leid zugefügt werden.«
»Also gut, Ihr dürft nach Clarin
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