Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition)
schickliches Betragen vorwerfen, zudem sie damit beschäftigt war, haßerfüllte Blicke auf Ludger zu werfen, der, hätte er als Trumpf nicht die Beretta 92, von seiner Ehemaligen eine Tracht Prügel verabreicht bekommen hätte. So jedenfalls interpretierte nicht nur Herr Schweitzer die Blickattacke der Filialleiterin auf den Bankräuber.
Blieben noch die Ausländer aus einem Gebiet östlich von Fulda, wodurch sich die Frage der Gastfreundschaft stellte, die ja hierzulande reichlich prekär ist. Der Deutsche an sich tut sich traditionell doch recht schwer mit der Gastfreundschaft. Hiervon bilden allerdings die Bayern eine rühmliche Ausnahme, die gewöhnlich offenherzig auf Fremde zugehen, sofern sie nicht allzu penetrant nach Ausländer aussehen. Speziell dem Frankfurter jedoch wird eine Art Mürrischkeit nachgesagt, die Auswärtige oft vorschnell als Ausländerfeindlichkeit auslegen, die aber nichts anderes bedeutet, als daß man gerne unter sich bleibt, wobei der Ausländer bei dieser Ausgrenzung aber auf eine Stufe mit einem, sagen wir mal Mainzer gestellt wird, und so letztendlich der Ausländer maximal mit Fremdenfeindlichkeit zu rechnen hat, die jedoch nie und nimmer persönlich genommen werden sollte, und auf keinen Fall mit Ausländerfeindlichkeit verwechselt werden darf. Doch hat auch dies in den letzten Jahren stark nachgelassen, da immer mehr Ausländer hier heimisch geworden sind, die Fremden nicht ganz so distanziert begegnen wie die Eingeborenen.
Um genau dieses Frankfurt-Bild zu revidieren, schickte sich Herr Schweitzer, dessen Schulenglisch nun wirklich nicht das Sahnehäubchen auf einer ansonsten tadellosen Allgemeinbildung darstellte, nun an, die nach Mongolei aussehenden Gäste im Kreise der Geiseln willkommen zu heißen. Die Frage „Where come you from?“ war folglich mehr als Initiationsritus zu verstehen. Er hatte sich bewußt an den Herrn gewandt, da in anderen Kulturkreisen die Welt oft noch in Ordnung und der Mann das Oberhaupt war.
Die Frage war kaum ausgesprochen, da erhellten sich der Asiaten Gesichter. Es war allerdings die Frau, die mit prononcierter Stimme antwortete: „Oh, we are from Japan. We’ve just arrived this morning.“
Auch das noch. Kaum gelandet, schon in den Fängen eines Missetäters. Simon Schweitzer fühlte sich mal wieder persönlich verantwortlich für das Chaos, in dem die Welt versank. Er setzte sein herzallerliebstes Lächeln auf.
„Oh, Japan, wonderful. A very nice country.“ Na also, ist doch gar nicht so schlimm mit der Fremdsprache. Und für den global player, der er war, sowieso null Problemo.
Hier schaltete sich der Japaner ein: „Thank you. Thank you very much. Germany is also very nice.“
„It’s your first time here by us?“ verunstaltete Herr Schweitzer weiterhin fröhlich alles Englische.
„Yes, it’s our very first time so far away from Japan“, verriet die japanische Dame großes Einfühlungsvermögen in die Schweitzersche Kryptographie und fuhr fort: „We want to travel through the whole of Europe. On Saturday we’ll fly to Rome. Further on we go to Paris, London, Budapest. We will stay in Europe for one month.“
Mit der Frage „You’re students?“ bewies nun Herr Schweitzer kenntnisreiches Detailwissen über das Land der Morgenröte, denn die spärlich bemessenen Urlaubstage des einfachen Volkes ließen eine solch ausgedehnte Tour meist nicht zu. Deutschland, meist reduziert auf Berlin, Heidelberg, Rothenburg ob der Tauber und Schloß Neuschwanstein, nimmt oft, wenn überhaupt, nur zwei Tage im Terminkalender einer japanischen Europareise in Anspruch.
„Yes, students of the arts and the history of art. And what do you do?“
Dies zu erklären stellte eine schwierige Aufgabe dar, es war schon auf Deutsch nicht so einfach. Aber Herr Schweitzer wäre nicht Herr Schweitzer, wenn er jetzt kneifen würde.
„One part of me is a private detektiv, and the other part is a privat human being, which is living from the heritage of my dead mother.“
Er erwartete eine anerkennende japanische Erwiderung, wie immer, wenn er sich als Privatdetektiv zu erkennen gab. Dies hatte schließlich etwas sehr Geheimnisvolles, auch wenn es meist langweiliger war als einer Farbe beim Trocknen zuzusehen.
Doch statt dessen meldete sich der Bankräuber mit leicht ironischem Unterton zu Wort: „Soso, Privatdetektiv ist der Herr also. Hat womöglich einen Ballermann einstecken. Da wollen wir doch lieber mal schauen, bevor da was anbrennt.
Weitere Kostenlose Bücher