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Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition)

Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition)

Titel: Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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daß diese unerfreuliche Angelegenheit sich auch ohne die übliche polizeiliche Hinhaltetaktik in die Länge ziehen mußte. 35 Millionen Euro waren immerhin zirka 70 Millionen D-Mark alter Währung. Das war kein Pappenstiel. Und davon mußten noch die Seriennummern notiert werden. Dies alles in Betracht ziehend, konnte kaum damit gerechnet werden, das Abendessen in Freiheit zu genießen. Weiß Gott, das waren düstere Aussichten.
    Ähnliche Überlegungen hatte wohl auch die ältere Dame angestellt, die nun vorschlug: „Ich bin zwar ganz und gar nicht einverstanden mit dem, was hier abläuft, aber da der Unfug nun mal länger dauert, könnten wir uns ebensogut einander vorstellen. Ich bin die Inge Hoffmann.“
    Damit hatte nun wirklich keiner gerechnet. Unsicher schaute man sich um, wie die anderen denn darüber dachten. Bis auf die Asiaten, die offensichtlich kein Wort verstanden. Doch auch Herr Schweitzer als Durchschnitts-Sachsenhäuser fand, für ein Schwätzchen sei immer Zeit, warum nicht auch in solch einer Misere, und da machte es sich doch besser, wenn man sich beim Namen kannte. Was geschehen wird, wird ohnehin geschehen. Warum es sich hienieden auf Erden nicht noch ein wenig gemütlich machen?
    Doch allgemein war man, wie gesagt, verunsichert, und so blickte dann die Majorität auf den Herrn mit der Pistole, der hier als Exekutive uneingeschränkt das Sagen hatte. Als dieser alle Augen auf sich gerichtet wußte, fühlte er sich in der Pflicht: „Solange nicht geflüstert und durcheinander geredet wird, ist mir das alles scheißegal. Für euch bin ich der Herr Trinklein.“
    „Der Typ ist ja echt schräg“, vernahm man nun die Punkerin, die damit den Geiselnehmer gemeint hatte, und die sich nun ihrerseits vorstellte: „Paloma Uz. Meine Kumpels nennen mich Uzi wie das bekannte Schnellfeuergewehr, weil ich schneller rede, als Israelis Palästinenser über den Haufen schießen.“
    Ihr Blick wanderte zu Herrn Schweitzer als galt es, einen Spielball zu übergeben, und legte damit zart eine vorläufige Rangordnung innerhalb der Geiselschaft fest.
    „Simon Schweitzer. Ich wohne hier.“ Was er damit nun wieder bezweckte, wußte er selbst nicht. Vielleicht malte er sich ja aus, daß einheimische Geiseln nicht so ohne weiteres zu füsilieren seien. Mehr wußte er, der sonst nicht auf’s Maul gefallen war, nicht zu sagen, und so übergab er mittels Blickkontakt an den Herrn, mit dem er zusammen die Scheiben mit Packpapier überklebt hatte.
    Doch dieser war noch wortkarger.
    „Popic.“
    Popic war der einzige in einem Anzug, der allerdings schon bessere Zeiten gesehen hatte. Mit dünnem Oberlippenbart und leicht abstehenden Ohren wirkte er wie ein biederer Buchhalter aus Großmutters Zeiten, wobei es einem natürlich schwerfällt, sich Buchhalter generell als tanzende Derwische oder mit langer strähniger Mähne bei einem Hardrockkonzert vorzustellen. Nur so als Beispiel.
    Popic jedenfalls ließ sich nicht aus der Reserve locken, und so ergriff der Mann mit Pferdeschwanz und in sandfarbener Traveller-Kluft das Wort und gab es so schnell nicht wieder ab: „Johnny. Ich wollte hier eigentlich nur meine Travellerschecks abholen, weil am Samstag geht’s mit Susi, die hab ich bei nem Malkurs hier an der FH kennengelernt, nach Vietnam. Erst mal. Dann noch rüber nach Laos und Kambodscha. Wird ne reale Tour. Nur die Flugtickets sind gebucht. Nix von wegen pauschal und Neckermann und so. Wird echt crazy, wird das. Und mit Susi, die ist okay, mit der kannste das machen. Auch mal zur Not im Stall übernachten, bei den Einheimischen, die sind dort noch echt nett die Leute da, richtig unverfälscht. Auch wenn der Ami dort ganz schön gewütet hat. Aber da merkste nix mehr von. Mußt nur sagen, daß du kein Ami bist, aus good old Germany kommst. Ein paar reden da ja deutsch. Von DDR-Zeiten her, internationales, sozialistisches Austauschprogramm und so.“
    Damit war Johnny vorerst die Luft ausgegangen. So, wie sämtliche Augenpaare nun auf ihn gerichtet waren und ihn ungläubig anstarrten, wäre dem ein oder anderen Zeitgenossen gewiß die Schamröte ins Gesicht gestiegen. Nicht so unserem Johnny. Johnny war nämlich aus ganz anderem Holze geschnitzt. Böse Zungen würden behaupten, der merkt doch nichts mehr.
    Nun wäre es eigentlich an Theresa Trinklein-Sparwasser gewesen sich vorzustellen, da dies aber indirekt ja schon durch ihren Ex und Bankräuber in Personalunion geschehen war, konnte man ihr kaum mangelndes

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